Andreas Scheuer
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Interview: Scheuer zieht positive Bilanz – trotz Pkw-Maut

Bundesverkehrsminister Scheuer zählt zu den umstrittensten Ministern der noch geschäftsführenden Bundesregierung. Vor allem das Aus für die Pkw-Maut wird dem CSU-Politiker angelastet. Scheuer selbst lässt das im BR24-Interview nicht auf sich sitzen.

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Er gilt als einer der umstrittensten Minister der noch amtierenden Bundesregierung. Der niederbayerische CSU-Politiker Andreas Scheuer. Vier Jahre lang stand er an der Spitze des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur. 89 Gesetze und Verordnungen hat er in dieser Zeit angepackt. 88 davon brachte er durch. Ein Gesetz nicht: die Pkw-Maut, die der Europäische Gerichtshof stoppte, und deren Scheitern seither untrennbar mit Scheuers Namen verbunden ist.

Aus für Pkw-Maut "Riesen-Niederlage", aber kein "Mautdesaster"

Den CSU-Politiker selbst ärgert die Tatsache, dass seine Amtszeit von dem Thema Pkw-Maut überstrahlt werde, sagt er im BR24-Interview. "Das war eine Riesen-Niederlage". Dass aber immer von einem "Mautdesaster" gesprochen werde, will er so nicht stehen lassen. Hier hätte er härter gegen Falschinformationen vorgehen sollen.

"Es gibt kein großes Desaster mit großem finanziellen Schaden. Die Sache liegt vor einem Schiedsgericht, bisher wurde kein Cent Steuergeld bezahlt.“ Andreas Scheuer, Geschäftsführender Bundesverkehrsminister

Ganz anders sehen das die früheren Oppositionsparteien. Immer wieder hatten sie nach dem Aus der Pkw-Maut den Rücktritt Scheuers gefordert. Kein anderes Mitglied der noch amtierenden Bundesregierung musste sich so viele Rücktrittsforderungen anhören. Befürchtet wird, dass durch Scheuers Beharren auf der "Ausländermaut", wie sie auch genannt wird, Schadenersatzforderungen von über einer halben Milliarde Euro an das Maut-Konsortium fällig werden. Der Fall liegt derzeit vor einem Schiedsgericht.

Immer wieder Kritik an Scheuer

Kritik von vielen Seiten gab es auch an den Kostenexplosionen bei der Neuordnung der Autobahnverwaltung und beim Straßenbau, durch ausufernde Beraterhonorare im Ministerium sowie durch eine Stolperreform der Straßenverkehrsordnung. Einige Male kritisierte auch der Bundesrechnungshof Scheuers Entscheidungen.

Schwerpunkt "Mobilität der Zukunft"

Scheuer selbst zeigt sich dagegen zufrieden mit seiner Bilanz als Minister für Verkehr und digitale Infrastruktur. Er habe die Mobilität der Zukunft auf den Weg gebracht, diverse Klimaschutzprogramme in seinem Ressort umgesetzt und die logistische Versorgung während der Corona-Krise gesichert. Hier konnten die Lieferketten gehalten werden, dies sei auch sein Beitrag gewesen, so Scheuer.

Dazu habe es in den vergangenen Jahren "unglaubliche Investitionen" in die Schiene gegeben. Als Beispiel nennt Scheuer die Modernisierung der Bahnstrecke zwischen München und Zürich, wo sich die Fahrzeit auf dreieinhalb Stunden verringert habe. Wesentliche Eckpfeiler seines Konzeptes der Mobilität der Zukunft sind der Ausbau der Wasserstofftechnologie sowie die Forschung an synthetischen Kraftstoffen. Hier habe sein Ministerium entscheidende Weichen gestellt.

Ampel hat Start "komplett verschlafen"

Kritik übt Bundesverkehrsminister Scheuer an der künftigen Ampelkoalition. Die habe ihren Start komplett verschlafen. Trotz einer Mehrheit im Bundestag, habe sie nicht entscheidend gehandelt, etwa bei der Bewältigung der aktuellen Corona-Krise. Man habe die Ampel zum Handeln tragen müssen, dies sei schon bemerkenswert, so Scheuer.

Nicht zufrieden zeigt sich der CSU-Politiker über den Koalitionsvertrag der Ampel, vor allem beim Thema Radverkehr: "Wenn eine links-gelbe Koalition ins Amt kommt, und ich sehe viereinhalb Zeilen auf 177 Seiten zum Thema Radverkehr, dann bin ich tief enttäuscht. Vor allem von den Grünen. Das ist eine blanke Enttäuschung."

Scheuer lässt politische Zukunft offen und setzt auf kraftvolle Opposition

Unklar ist, welche politischen Funktionen Scheuer künftig als Oppositionspolitiker einnehmen wird. Ob er im Bundestag einen einflussreichen Posten, etwa als Ausschussvorsitzender erhält, ist ungewiss. Viele Unionspolitiker müssen jetzt versorgt werden. Die Posten hingegen sind rar.

Scheuer selbst lässt sich nicht in die Karten blicken. Man solle sich überraschen lassen, sagt er und erklärt auf Nachfrage: "Vor allem geht es mir um die Themen Wohlstand, Chancen, Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse. Und wir werden sehen, ob die Ampel das Grundprinzip von Gerhard Schröder umsetzt: Nämlich für Bayern Steine statt Brot. Das werde ich intensiv begleiten."

"Mutig vorwärts" in der Opposition

Hört man sich in der CSU um, meinen hochrangige Parteimitglieder: Scheuer müsse jetzt erst einmal Demut beweisen. Der Christsoziale, der nach Meinung vieler politisch so unglücklich agiert hat und auch deshalb Dauergast bei den Satiresendungen war, müsse jetzt seine Rolle als ernsthafter Oppositionspolitiker finden.

Das dürfte nicht einfach werden für jemanden, der – auch das sagen Parteifreunde – immer nur Gas gegeben hat. Noch-Verkehrsminister Andreas Scheuer selbst hört das mit dem "Gas geben" nicht so gerne: Ab sofort soll für ihn nach eigenen Worten gelten: "Mutig vorwärts".

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