Eine Frau geht an einer Apotheke mit Werbung für Corona-Tests vorbei
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Hohe Corona-Inzidenzen in Bayern - Wunsiedel über 3.000

Im oberfränkischen Wunsiedel ist die Corona-Inzidenz am Donnerstag laut RKI über 3.000 gestiegen. Auch sonst sind die Fallzahlen im Freistaat derzeit hoch. Ein Zusammenhang mit Volksfesten wird immer deutlicher.

Erstmals seit Mitte April ist die vom Robert Koch-Institut (RKI) gemeldete Corona-Inzidenz in einem bayerischen Landkreis wieder über 3.000 gestiegen. Der Wert für den oberfränkischen Landkreis Wunsiedel betrug am Donnerstag (Stand 3.06 Uhr) 3.169,2. Das war auch die bundesweit höchste Inzidenz. Umgerechnet bedeute dies, dass für mehr als drei Prozent der Bevölkerung in den vergangenen sieben Tagen eine Infektion gemeldet wurde.

Bundesweit höchste Inzidenz in Wunsiedel

Von den zehn Kreisen in Deutschland mit der höchsten 7-Tage-Inzidenz liegen neben Wunsiedel noch fünf weitere im Freistaat. Die nächsthöheren Inzidenzen in Bayern lagen bei 1.808 in den Landkreisen Hof und 1.743 im Landkreis Kulmbach. Es folgen die Stadt Hof (1.585,0), der Landkreis Freyung-Grafenau (1.550,6), und der Landkreis Haßberge (1.413,2).

Grafik: Corona-Zahlen in den bayerischen Landkreisen

RKI: Sieben-Tage-Inzidenz in Bayern bei 952,9

Der bayernweite Durchschnitt bei der Sieben-Tage-Inzidenz lag laut RKI bei 952,9. Das ist aktuell der dritthöchste Wert aller Bundesländer hinter dem Saarland (1.120,2) und Hessen (1.073,2). Den niedrigsten Wert verzeichnet Thüringen mit 426,3. Allerdings liefert die Inzidenz kein vollständiges Bild der Infektionslage.

Die Politik berücksichtigt daher auch verstärkt die Situation in den Krankenhäusern. Entscheidend soll hier die sogenannte Hospitalisierungsinzidenz sein, die sich aus der Summe der hospitalisierten Covid-19-Fälle pro 100.000 Einwohner der vergangenen sieben Tage berechnet. Diese lag in Bayern am Donnerstag bei 10,3. Deutschlandweit war sie mit 7,2 fast ein Drittel niedriger.

Grafik: Hospitalisierungen wegen Corona in Bayern

Weniger PCR-Tests machen Statistik ungenau

Experten gehen seit einiger Zeit von einer hohen Zahl nicht vom RKI erfasster Fälle aus - vor allem weil bei weitem nicht alle Infizierten einen PCR-Test machen lassen. Nur positive PCR-Tests zählen aber in der Statistik. Zudem können Nachmeldungen oder Übermittlungsprobleme zur Verzerrung einzelner Tageswerte führen.

Grund für hohe Covid-19-Zahlen könnten Volksfeste sein

Grund für die trotz dieser Einschränkungen hohen Werte in Wunsiedel könnten die Wiesen- und Volksfeste der letzten Wochen sein. Schlagzeilen hatte ein Bericht der Frankenpost gemacht, wonach nahezu alle Bedienungen des Selber Wiesenfestes nun an Corona erkrankt seien. Nach BR-Recherche stellt sich heraus, dass tatsächlich vier der 20 gemeldeten Bedienungen nun mit Corona infiziert sind, das sagte Festwirt Hans Rainer Spannruft am Dienstag zu BR24.

Das Selber Wiesenfest ist eines der größten der Region: Auf dem Gelände um den Goldberg seien am zweiten Juli Wochenende täglich etwa zwischen 20.000 und 25.000 Menschen unterwegs gewesen, so Festwirt Spannruft weiter. Im Festzelt gab es nach seinen Angaben 4.000 Sitzplätze, dazu noch 4.000 im Biergarten.

Seit Ende Mai steigt in nahezu allen bayerischen Städten und Landkreisen die Anzahl der Corona-Neuinfektionen wieder an. Laut Experten und Fachstellen ist das wenig überraschend: Es gibt keine Kontaktbeschränkungen oder vorgeschriebene Hygienemaßnahmen für Treffen und Veranstaltungen mehr. Bayernweit stieg die Inzidenz binnen der vergangenen Woche um etwa ein Viertel.

Anstieg der Corona-Neuinfektionen in Erlangen besonders drastisch

In einigen Regionen nahmen die Fallzahlen nicht stetig zu, sondern gingen sprunghaft in die Höhe – oftmals im zeitlichen Zusammenhang mit einem lokalen Volksfest. Am deutlichsten war das in der Stadt Erlangen und dem benachbarten Landkreis Erlangen-Höchstadt zu beobachten.

In Erlangen fand von 2. bis 13. Juni die Bergkirchweih statt. Am zweiten Juni lag die 7-Tage-Inzidenz in Erlangen bei 169, in den darauffolgenden Wochen stieg sie auf über 1.500 (Nachmeldungen inbegriffen, Stand: 4. Juli 2022). Die folgende Grafik zeigt die Entwicklung im Vergleich zu anderen Landkreisen und dem bayernweiten Durchschnitt:

Hinweis zur Grafik: Dadurch, dass die bayerischen Gesundheitsämter an Wochenenden und Feiertagen keine Fallzahlen mehr ans RKI melden, kommt es zu größeren Verzerrungen auch in der 7-Tage-Inzidenz. Zudem geht das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) davon aus, dass die Dunkelziffer aktuell höher ist als zu früheren Zeitpunkten.

Mehr Corona-Fälle nach Volksfesten: Vieles spricht für kausalen Zusammenhang

Nach Angaben des LGL spiegeln sich Ansteckungen im Rahmen von Großereignissen spätestens nach 14 Tagen in den Fallzahlen wider, wenn man Ansteckungsfähigkeit, Inkubationszeit und die Dauer bis zur Meldung der Fälle berücksichtigt. Der zeitliche Zusammenhang des drastischen Anstiegs mit der Bergkirchweih ist also gegeben.

Trotz aller Indizien: Dass die Bergkirchweih die Hauptursache für die Explosion der Corona-Fallzahlen in Erlangen und dem Landkreis Erlangen-Höchstadt war, kann schlussendlich nicht belegt werden.

Wo Infektionen stattfanden, kann nicht nachgewiesen werden

Das zuständige Gesundheitsamt in Erlangen erklärt: "Dass es während der 'Bergzeit' zu mehr Corona-Infektionen gekommen ist, liegt nahe, auch wenn wir bei den einzelnen Infektionen nicht wissen, wo sie stattfanden. Schließlich haben sich die Menschen ja nicht nur draußen getroffen, sondern vor und nach dem Bergbesuch auch in Innenräumen. Dass die Infektionszahlen wieder steigen, erleben wir aber nicht nur in Erlangen, sondern überall. Und es gibt eine Vielzahl von Ursachen, die das erklären können: Der Wegfall der Maskenpflicht, der Wegfall von Auflagen für Zusammenkünfte oder auch die vermehrte Reisetätigkeit."

Warum ein kausaler Zusammenhang von Neuinfektionen mit einem bestimmten Volksfest so schwer zu belegen ist, warum die Datenlage zu den Infektionsumfeldern in Deutschland nach zwei Jahren Pandemie immer noch dürftig ist und wie man auf die neue Corona-Lage reagieren kann, lesen Sie hier im Detail:

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