Wirtschaftsminister Robert Habeck
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Wirtschaftsminister Robert Habeck im Bundestag: "Wer Vielfalt zu Gegensätzen stilisiert, gibt die politische Mitte preis."

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Habeck im Bundestag: Politische Mitte nicht preisgeben

Nach der großen Generaldebatte geht es im Bundestag heute unter anderem um Wirtschaft, Gesundheit und den Haushalt. Hauptredner des Vormittags: Wirtschaftsminister Habeck, Gesundheitsminister Lauterbach und Justizminister Buschmann.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

In der gestrigen Generaldebatte des Bundestags hatte Kanzler Olaf Scholz (SPD) einen "Deutschlandpakt" zur Modernisierung des Landes angeregt - was Unionschef Friedrich Merz in schroffen Worten zurückwies.

Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katharina Dröge hatte diese Haltung umgehend kritisiert: "Was wir bräuchten, wäre eine konservative Partei, die den Zusammenhalt der Menschen in diesem Land nach vorne stellt". Daran knüpfte heute auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) an. Sein Kernsatz: "Wer Vielfalt zu Gegensätzen stilisiert, gibt die politische Mitte preis." Außer auf Merz' Rede im Bundestag bezog sich Habeck dabei auch auf einen Bierzeltauftritt des CDU-Chefs auf dem bayerischen Volksfest Gillamoos, bei dem Merz erklärt hatte: "Nicht Kreuzberg ist Deutschland, Gillamoos ist Deutschland."

Habeck gegen "Schlechtreden" Deutschlands

Zugleich warnte Habeck vor einem "defätistischen Schlechtreden" des Landes. Deutschland sei nach wie vor ein "starker Standort". Viele wirtschaftliche Probleme wie die hohen Energiepreise und die Inflation hätten ihre Ursache im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Zugleich gebe es strukturelle Probleme wie zu viel Bürokratie, den Mangel an Arbeitskräften und fehlende Digitalisierung - und die packe die Bundesregierung zusammen mit einigen Bundesländern jetzt an. So führe der Bund mit Nordrhein-Westfalen Praxischecks zur Entbürokratisierung bei Unternehmensgründungen durch. Mit Baden-Württemberg sei man dabei, die Beschleunigung beim Ausbau der erneuerbaren Energien von der Praxis her zu überprüfen und zu entbürokratisieren.

Lob für zwei CDU-Ministerpräsidenten

Positiv erwähnte Habeck die Ministerpräsidenten, die sich für Scholz' Initiative aufgeschlossener gezeigt hatten. Zwei von ihnen, die Habeck direkt ansprach - die CDU-Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein, Hendrik Wüst und Daniel Günther - hatten sich in Brüssel für das von Habeck vorangetriebene, von seinem Koalitionspartner FDP aber abgelehnte Vorhaben eines verbilligten Strompreises für energieintensive Industriezweige eingesetzt. "Ich freue mich über die Unterstützung gerade von Unionsministerpräsidenten bei dem Industriestrompreis", so Habeck im Bundestag.

Gesundheit: Oppositions-Kritik an der Krankenhausreform

Das zweite Thema des Tages: Die Gesundheitspolitik. Die Opposition kritisierte unzureichende Finanzmittel im Haushalt. Die Regierung sage "erst die Schuldenbremse, dann die Gesundheit", kritisierte Linke-Fraktionsvize Gesine Lötzsch. Das sei der falsche Weg. Unions-Fraktionsvize Sepp Müller (CDU) monierte, dass im Etat bei der Präventionsarbeit gekürzt werde. Wolfgang Wiehle (AfD) prophezeite, die Krankenhausreform werde das Aus für viele Kliniken auf dem Land bringen.

Lauterbach: Medizin geht vor Ökonomie

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) verteidigte Modernisierungsvorhaben im Gesundheitswesen als längst überfällig: "Wir haben einen Reformstau seit mehr als zehn Jahren." Das deutsche Gesundheitssystem sei "chronisch krank". So gebe es trotz vergleichsweise hoher Ausgaben keine gute Ergebnisqualität und eine schlechte Entwicklung bei der Lebenserwartung.

Mit der geplanten Krankenhausreform wolle die Ampel-Koalition statt eines "durch und durch ökonomisierten Systems" die Medizin wieder in den Vordergrund rücken, sagte Lauterbach. Er betonte: "Wir geben den kleinen Krankenhäusern eine Existenzperspektive." Eine überfällige Digitalreform werde Neuregelungen bei elektronischen Rezepten, E-Patientenakten und der Datenforschung bringen. Lauterbach kündigte zudem an, im Herbst ein geplantes "Institut für öffentliche Gesundheit" für eine bessere Vorsorgemedizin und Vorbeugung auf den Weg zu bringen.

Justizminister zu Bürokratie und digitalen Bürgerrechten

"Die Verbürokratisierung unseres Landes ist der größte Mühlstein, den es um seinen Hals hängen hat", so Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) - der sich als letzter Redner des Vormittags als Vorkämpfer gegen Bürokratie und für Bürgerrechte im digitalen Raum darstellte.

Buschmann verwies auf beschlossene Entlastungsmaßnahmen in Höhe von 2,3 Milliarden und auf eine zusammen mit Frankreich geplante Initiative zum Bürokratieabbau in der Europäischen Union (EU): 57 Prozent aller belastenden Regeln stammen laut Buschmann aus dem Europarecht.

Bestätigt sieht sich Buschmann durch eine heute verkündete Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, das die anlasslose Vorratsdatenspeicherung - wie zuvor der Europäische Gerichtshof (EuGH) - als vollständig europarechtswidrig eingestuft hat. Die Unionsinnenminister hatten zuvor die Einführung der Vorratsdatenspeicherung gefordert. Die jetzigen Entscheidungen, so Buschmann, seien "für uns ein klarer Auftrag, die Vorratsdatenspeicherung zügig aus dem Gesetz zu streichen und die digitalen Bürgerrechte in unserem Land weiter zu stärken", so der FDP-Politiker. Er verwies auf den Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung, wonach relevante Daten nur noch "rechtssicher anlassbezogen und durch richterlichen Beschluss" gespeichert werden sollen.

Was heute noch zur Sprache kommen soll

Am Nachmittag soll unter anderem über die Haushaltspläne für das Innenministerium, über die Ressorts Ernährung und Landwirtschaft sowie Bildung und Forschung diskutiert werden. Der von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) vorgestellte Etatentwurf für 2024 sieht in vielen Bereichen Kürzungen vor.

Im Video: Haushaltsdebatte im Bundestag

Der Unions-Wirtschaftsexperte Spahn warf Habeck dagegen fehlendes Problembewusstsein vor. Der Minister lebe in einer anderen Welt.
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Der Unions-Wirtschaftsexperte Spahn warf Habeck dagegen fehlendes Problembewusstsein vor. Der Minister lebe in einer anderen Welt.

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