Bundeskanzler Olaf Scholz (v.r.n.l., SPD), Robert Habeck (Die Grünen), Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, und Christian Lindner (FDP), Bundesminister der Finanzen, sitzen im Plenarsaal im Bundestag.
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Kanzler Olaf Scholz (v.r.n.l.) und seine Minister Robert Habeck und Christian Lindner: Einigt sich die Koalition auf weitere Entlastungen?

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Grüne werben für gezielte Entlastungen für Geringverdiener

Die Regierung arbeite intensiv an einem dritten Entlastungspaket, heißt es von Ampel-Politikern. Wirtschaftsminister Habeck möchte dabei Geringverdiener gezielt unterstützen. Einige blicken auf den 1. Oktober – doch noch fehlt der gemeinsame Nenner.

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An Vorschlägen für ein drittes Entlastungspaket mangelt es nicht, eine konkrete Ausgestaltung ist jedoch noch nicht absehbar. Eigentlich möchte Kanzler Olaf Scholz (SPD) den Inhalt gern regierungsintern "vertrauensvoll" beraten. Schließlich war die Ampelkoalition auch mit dem Vorhaben angetreten, Streit hinter den Kulissen zu klären und Kompromisse zu finden. Doch die Parteien erklären derzeit öffentlich, was für sie besonders wichtig ist.

Entlastungen: Gespräche über "Instrumente und Finanzierung"

Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge sieht die Ampel derzeit "mit Hochdruck" am nächsten Entlastungspaket arbeiten. "Wir müssen dabei sehr zielgenau diejenigen entlasten, die von den steigenden Preisen besonders getroffen werden und dem Winter mit großer Sorge entgegen blicken", sagte sie der "Rheinischen Post".

Das betreffe nicht nur Menschen, die Grundsicherung beziehen, sondern auch Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen sowie Studierende und Rentner mit kleinen Renten. "Über die genauen Instrumente und die Finanzierung sind wir derzeit mit den Koalitionspartnerinnen im Gespräch".

Habeck: Schwerpunkt auf die Unterstützung von Geringverdienern

Nach Ansicht von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Die Grünen) muss das kommende Entlastungspaket einen Schwerpunkt auf die Unterstützung von Geringverdienern legen. Die verschiedenen Entlastungsvorschläge hätten ihre jeweiligen Gründe, erklärte er im ZDF-"Morgenmagazin" - so auch der von Finanzminister Christian Lindner (FDP) geplante steuerliche Ausgleich für die Inflation. Aber nicht alle Maßnahmen seien in der derzeitigen Lage gleichermaßen wichtig. Für ihn sei der stärkste Grund für Entlastungen, "dass wir den demokratischen Grundkonsens halten müssen, indem wir einen sozialen Ausgleich schaffen". 

Habeck war dem ZDF aus dem kanadischen Montreal zugeschaltet, wo Scholz und er mit der kanadischen Regierung über eine Zusammenarbeit bei der Erschließung von Rohstoffen reden wollten.

Paus: Niemandem soll wegen Geldnot Gas abgestellt werden

Angesichts der steigenden Energiepreise sprach sich Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Die Grünen) für ein Verbot von Strom- und Gassperren für Privathaushalte im kommenden Winter aus. "Es kann nicht sein, dass jemand, weil er seine Rechnung nicht bezahlen kann, seine Wohnung verlassen muss", sagte sie am Montag in Dresden.

Die Ministerin betonte einmal mehr, dass weitere Entlastungen denen zugutekommen müssten, die sie dringend brauchen. Es müsse "völlig klar sein, dass die, die mit dem Rücken zur Wand stehen, sich auf diese Bundesregierung verlassen können".

Kommt ein drittes Entlastungspaket zum 1. Oktober?

Grünen-Parteichef Omid Nouripour verweist auf eine große Belastung in der Breite der Gesellschaft. Für seine Partei sei klar, "dass das dritte Entlastungspaket parallel kommen muss zur Einführung der Gasumlage". Damit nimmt er den 1. Oktober in den Blick. Außerdem pochen die Grünen auf eine Nachfolgeregelung für das 9-Euro-Ticket im Nah- und Regionalverkehr. Zur Gegenfinanzierung könnten nach Worten des Parteichefs Steuervorteile für Dienstwagen verringert werden.

Linke kritisiert "ineffiziente Notlösungen", CDU will "Gesamtpaket" sehen

Linken-Chefin Janine Wissler warf der Ampel-Koalition vor, sie "doktert an ineffizienten Notlösungen herum", statt die Linken-Forderung nach einer Deckelung der Gas- und Strompreise umzusetzen. Die Fraktionschefin der Linken, Amira Mohamed Ali, setzte sich für eine hohe Einmalzahlung von 1.500 Euro pro Haushalt und 600 Euro für jedes weitere Haushaltsmitglied ein. Das solle für Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen gelten.

Die wirtschaftspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Julia Klöckner (CDU), drängte auf einen Abbau der sogenannten kalten Progression. Hierbei gehe es auch um "die kleinen Bäckereien, die Mittelständler", die entlastet werden müssten. Die Regierung müsse ein "Gesamtpaket" vorlegen, das die Bürger "nicht gegeneinander ausspielt", sagte Klöckner im "Morgenmagazin" des ZDF.

Grüne und FDP legen unterschiedliche Schwerpunkte

Aus vielen Aussagen in dieser Zeit spricht die Sorge um große Proteste im Herbst und Winter sowie die Angst vor weiteren sozialen Spannungen. So warnte etwa der sozialpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Stephan Stracke, in der "Rheinischen Post" vor einer Spaltung der Gesellschaft. Auch er mahnte rasche Hilfen insbesondere für Rentner sowie Studierende an.

Finanzminister Lindner hatte vergangene Woche spezielle Hilfen für Rentner abgelehnt und auf die in diesem Jahr erfolgte Rentenerhöhung verwiesen. Bedürftige Rentner hätten wie alle in der Grundsicherung eine Sonderzahlung erhalten, zudem gebe es beim Wohngeld einen Heizkostenzuschuss. Auch Rentner profitierten von der Abschaffung der EEG-Umlage auf die Stromrechnung.

Bei all den Ideen bleiben die Formulierungen rund um Zeitplan und Details vage. Vize-Regierungssprecher Wolfgang Büchner versicherte am Montag in Berlin, "dass die Bundesregierung zurzeit über fast nichts intensiver diskutiert als über die Frage, wie die Bürgerinnen und Bürger durch ein drittes Entlastungspaket entlastet werden können".

Mit Material von Reuters, dpa, AFP und epd.

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