Unerlaubt eingereiste Geflüchtete stehen vor einem Beamten der Bundespolizei nahe der deutsch-polnischen Grenze in Forst (Lausitz).
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Unerlaubt eingereiste Geflüchtete stehen vor einem Beamten der Bundespolizei nahe der deutsch-polnischen Grenze in Forst (Lausitz).

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Schleuser-Handys auswerten: Polizei fehlt Personal und Technik

Die Schleuserkriminalität nimmt seit Monaten zu. Doch im Kampf gegen die Banden steht die Polizei vor Problemen: Technik und Personal fehlen, um etwa beschlagnahmte Smartphones auszuwerten. Ergänzt durch "Dein Argument".

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 1 am Morgen am .

Angesichts der stark zunehmenden irregulären Einwanderung will Bundesinnenministerin Nancy Faeser den Kampf gegen Schleuserkriminalität intensivieren. "Wir müssen das grausame Geschäft der Schleuserbanden zerschlagen, die mit der Not von Menschen maximalen Profit machen und sie auf solch lebensbedrohliche Weise über Grenzen schmuggeln", sagte die SPD-Politikerin nach dem tödlichen Unfall mit einem Schleuser-Auto auf der A94 in Oberbayern.

Faeser plant unter anderem eine Taskforce mit Nachbarstaaten und eine operative-Analyse-Zentrale bei der Bundespolizei. Doch die steht gerade vor ganz anderen Problemen.

Es fehlt an Technik und Personal

Es fehle an Material und Personal, beklagt die Gewerkschaft der Polizei (GdP). "Es liegen Tausende Handys von Schleusern nicht ausgelesen in den Dienststellen, weil wir weder geeignetes Personal noch die Technik dafür haben", sagte der für Bundespolizei und Zoll zuständige Vorsitzende Andreas Roßkopf der Düsseldorfer "Rheinischen Post". Da hinke man Monate hinterher. "Dabei könnte die Auswertung unter Umständen wichtige Informationen über Routen, Strategien und Kontakte ergeben."

💬 Mitdiskutieren lohnt sich: Die folgende Passage hat die Redaktion im Rahmen des BR24 Projekts "Dein Argument" ergänzt. Hintergrund sind Kommentare unter anderem der User "Spotlight" und "Cindy" zu der Frage, welche Hilfsmittel den Beamten genau fehlen und ob das Problem auch die bayerische Grenzpolizei trifft.

Konkret fehle es an Polizeibeamten, die in der Auswertung sichergestellter Handys geschult seien. Zudem wünsche man sich ein Programm, das mithilfe Künstlicher Intelligenz eine Voruntersuchung der Geräte durchführen könnte, um der hohen Zahl sichergestellter Geräte so gerecht zu werden, sagt Roßkopf auf Nachfrage von BR24.

Um ihren Aufgaben gerecht zu werden, benötige die Bundespolizei nach Einschätzung der Gewerkschaft der Polizei zudem rund 30 Containerbüros, die samt Ausstattung jeweils etwa eine Million Euro kosten. Aktuelle gebe es davon im gesamten Bundesgebiet ein Exemplar zur Probe. Die mobilen Kontrollstellen an der Grenze bestünden daher in fast allen Fällen noch immer aus Zelten. Auch personell fehlten mindestens 16 Hundertschaften. Die habe sich die Bundespolizei zur Bekämpfung illegaler Migration derzeit bei der Bereitschaftspolizei ausgeliehen.

Die bayerische Grenzpolizei hingegen sei seit ihrer Gründung im Jahr 2018 wesentlich besser aufgestellt. Sogenannte Fahndungsfahrzeuge verfügten über hochmoderne Technik und die Beamten seien wesentlich besser ausgebildet, so der Vorsitzende der Polizeigewerkschaft. Auf Nachfrage im bayerischen Innenministerium heißt es, die bayerische Polizei könne auch auf die Ressourcen der Digitalen Forensiker der Landespolizei zurückgreifen. Jedoch bleibe es auch in Bayern nicht aus, dass Smartphones nicht immer sofort ausgelesen werden können. "Dies liegt in der Regel aber daran, dass moderne Smartphones gut gegen fremden Zugriff geschützt sind", so ein Ministeriumssprecher zu BR24.

In Bayern kooperieren Bundespolizei und bayerische Grenzpolizei. Während die Bundespolizei stationär an der Grenze eingesetzt wird, kontrolliert die Grenzpolizei einen etwa 30 Kilometer breiten Korridor davor. 💬

Bis Ende August hatte die Bundespolizei dennoch knapp 1.700 Schleuser gefasst – und damit deutlich mehr als im Vorjahr.

Kritik an Innenministerin Faeser

Linksfraktionschef Dietmar Bartsch sieht die Verantwortung für den Anstieg der Schleuserkriminalität bei der Bundesinnenministerin. "Seit Beginn der Amtszeit von Frau Faeser steigen die Schleuserzahlen stark an", sagte Bartsch dem RND. "Viel zu lange hat die Ampel weggeschaut, die Warnungen von Landkreisen und Polizei heruntergespielt." Die Innenministerin hätte früher handeln müssen, erklärte der Linken-Politiker und forderte, die Bundesregierung müsse "die Schleuserindustrie umgehend trockenlegen".

GdP: Polizeikontrollen sind "Augenwischerei"

Im Kampf gegen Schleuser wird unter anderem auch über die Einführung stationärer Kontrollen an den Grenzen zu Polen und Tschechien diskutiert - so wie es sie an der Grenze zu Österreich bereits gibt. Bundesinnenministerin Faeser zeigte sich zuletzt offen für die Pläne - sehr zum Unmut der Gewerkschaft der Polizei.

Dauerhafte stationäre Grenzkontrollen seien auch eine "dauerhafte Belastung" und "sehr personalintensiv", so die Vizevorsitzende des GdP-Bezirks Bundespolizei, Erika Krause-Schöne, der "Rheinischen Post". Die Bundespolizei wolle lieber "agil auf der Grenzlinie" agieren können. Ein Schlagbaum wie früher würde auch den Waren- und Pendlerverkehr behindern, merkte Krause-Schöne an. Zudem würden Schleuser einfach um die festen Kontrollpunkte herumfahren.

Die Gewerkschafterin bezeichnete polizeiliche Kontrollen zudem als "Augenwischerei", die das Problem im Kern nicht lösen könne. "Wir können dadurch nicht die Zahlen der Migration begrenzen", betonte sie. Aus ihrer Sicht könne die Migrationspolitik nur auf EU-Ebene vorangebracht werden, unter anderem durch eine Stärkung der europäischen Grenzschutzagentur Frontex und eine "Vorfilterung" der Geflüchteten an der EU-Außengrenze.

Mit Informationen von dpa

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