2. Juli 2023: Marseille: "Gerechtigkeit für Nael"
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2. Juli 2023: Marseille: "Gerechtigkeit für Nael" - die wirtschaftlichen Schäden der Unruhen sind groß.

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Frankreich ringt um Konsequenzen nach schweren Unruhen

In Frankreich ist im Vergleich zu den Vortagen die Nacht vergleichsweise ruhig geblieben. Erneut gab es ein massives Aufgebot an Sicherheitskräften. Derweil sucht das Land aus einem Weg aus der Gewalt und ringt um politische Konsequenzen.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im BR Fernsehen am .

Mit Abklingen der schweren Unruhen in Frankreich nach dem Tod eines Jugendlichen durch einen Polizeischuss rücken die politischen Konsequenzen in den Fokus. Präsident Emmanuel Macron empfängt am Dienstag in Paris 200 bis 300 Bürgermeister aus Städten und Gemeinden, in denen die Ausschreitungen besonders heftig waren. Neben moralischer Unterstützung wolle der Präsident Hilfe bei der Reparatur beschädigter Rathäuser und anderer öffentlicher Einrichtungen anbieten, teilte die Regierung mit.

Macron auf Polizeiwache: "Sie haben meine Unterstützung"

Am Montagabend besuchte Macron mit Innenminister Gérald Darmanin eine Polizeiwache in Paris, um den Sicherheitskräften den Rücken zu stärken. "Polizisten, Gendarmen und Feuerwehrleute, vielen Dank für Ihre außergewöhnliche Mobilisierung in den letzten Nächten", sagte der Präsident. "Ich weiß, wie schwierig diese für Sie und Ihre Familien waren. Sie haben meine Unterstützung."

Premierministerin Borne will Ruhe wiederherstellen

Premierministerin Élisabeth Borne hatte zuvor mit den Fraktionsvorsitzenden beider Parlamentskammern über die Krise beraten. Am wichtigsten sei nun, die Ruhe im Land wiederherzustellen mit massiver Polizeipräsenz und einem entschiedenen Vorgehen der Justiz, sagte Borne.

Nach Regierungsangaben wurden in den vergangenen Tagen mehr als 3.400 Menschen bei Ausschreitungen festgenommen. 684 Polizisten und Feuerwehrleute seien verletzt worden. Laut dem Sender BFMTV wurden erste Beteiligte bereits im Schnellverfahren verurteilt, unter anderem zu Haftstrafen mit elektronischer Fußfessel.

72 Festnahmen in der Nacht zu Dienstag

Größere Ausschreitungen blieben in der Nacht zum Dienstag aus. In Nanterre bei Paris, wo der 17 Jahre alte Jugendliche am Dienstag vergangener Woche von einem Polizisten erschossen worden war, blieb es trotz einzelner Sachbeschädigungen ruhig, wie BFMTV berichtete. Bei erneuten Unruhen wurden in der Nacht zu Dienstag 72 Menschen festgenommen. Erneut waren landesweit rund 45.000 Polizisten im Einsatz.

Schaden über eine Milliarde Euro

Der wirtschaftliche Schaden durch die anhaltenden Unruhen in Frankreich ist nach Einschätzung der Arbeitgebervereinigung Medef gewaltig. "Es ist noch zu früh, um eine genaue Zahl zu nennen, aber wir liegen bei über einer Milliarde Euro, ohne die Schäden für den Tourismus zu berücksichtigen", sagte Medef-Chef Geoffroy Roux de Bézieux der Zeitung "Le Parisien". Über 200 Geschäfte seien vollständig geplündert, 300 Bankfilialen zerstört und 250 Kioske in Mitleidenschaft gezogen worden.

"Die Videos der Unruhen, die in der ganzen Welt kursierten, beschädigen das Image Frankreichs", sagte der Arbeitgeber-Chef. "Es ist immer schwer zu sagen, ob die Auswirkungen dauerhaft sind, aber es wird sicherlich einen Rückgang der Buchungen in diesem Sommer geben, obwohl die Saison vielversprechend war." Einige Touristen hätten ihre Aufenthalte bereits storniert.

17-Jähriger starb durch eine Polizeikugel

Seit dem Tod des 17-jährigen Nahel durch eine Polizeikugel bei einer Verkehrskontrolle wurde Frankreich von schweren Krawallen erschüttert. Vor allem nachts herrschten teils chaotische Zustände auf den Straßen. Gegen den Beamten, der den Schuss auf den Jugendlichen abgab, wird wegen Totschlagverdachts ermittelt. Frankreich sei ein Rechtsstaat und auch die Polizei an Gesetze gebunden, betonte die Regierung am Montag. Die Polizei habe aber keine systemischen Probleme mit Rassismus oder leichtfertigem Einsatz von Schusswaffen, hieß es. Gerade in den vergangenen Tagen habe sie vielmehr Professionalität und Augenmaß bewiesen - trotz heftiger Ausschreitungen seien weder Randalierer noch Beamte zu Tode gekommen. Der Tod des Jugendlichen sei gleichwohl tragisch und bewege verständlicherweise die Gemüter. Auf Forderungen nach einer Polizeireform ging die Regierung bisher nicht ein.

Mit Informationen von dpa

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