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Flüchtlingsboot vor Libyens Küste

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Flüchtlingsjahr 2017: Europa schließt die Tore nach Afrika

Es ist stiller geworden um das Thema Flüchtlinge. Das liegt vor allem daran, dass im Jahr 2017 deutlich weniger Menschen nach Europa gekommen sind. Von Karin Bensch

Erster Grund für den Rückgang der Zahlen von ankommenden Menschen ist die Flüchtlingsvereinbarung zwischen der EU und der Türkei, die im zweiten Jahr hielt. Und ein zweiter Grund kommt hinzu: Die deutlich engere Zusammenarbeit mit der libyschen Küstenwache. Die Europäische Union finanziert sie mit Millionen Euro, libysche Grenzschützer werden in Italien ausgebildet.

Zweifelhafte Türsteher

Kritiker sagen, dass die EU damit die Tore nach Afrika geschlossen hat und sich von zweifelhaften Türstehern Flüchtlinge vom Hals halten lässt. Nun ertrinken Menschen nicht mehr massenhaft im Mittelmeer, dafür gehen sie in lybischen Internierungslagern durch die Hölle, mahnt die niederländische Europaabgeordnete Sophie in t'Veld. Das müsse endlich aufhören.

Menschenunwürdige Zustände

Berichte belegen menschenunwürdige Zustände in libyschen Flüchtlingslagern, die mit Gewalt, Vergewaltigungen und Folter eher an Gefängnisse erinnern. Vor der libyschen Küste eskaliert unterdessen der Streit über die Seenotrettung durch Hilfsorganisationen. Der Vorwurf kommt auf, dass private Helfer Hand in Hand mit Menschenschleppern arbeiten. Flüchtlinge sollen von Booten der Schmuggler direkt auf ihre Schiffe umstiegen sein.

"Wenn Schiffe im libyschen Gewässer ihre Scheinwerfer anschalten, und genau in dem Moment werden Flüchtlinge losgeschickt, dann ist das das Gegenteil von Schleusern das Handwerk legen. Und, das soll in Zukunft nicht mehr stattfinden." Thomas de Maizière (CDU), Bundesinnenminister

Eindeutig bewiesen ist dieser Vorwurf bis heute nicht. Doch Italien hat die Auflagen für Hilfsorganisationen im Mittelmeer verschärft. Andererseits gibt es wiederholt Berichte, dass libysche Küstenwächter die Arbeit der privaten Retter, die noch vor Ort sind, behindern.

Konsequenzen in der EU

Im Jahr 2017 haben politische Flüchtlingsentscheidungen zum ersten Mal rechtliche Folgen. Im Frühsommer leitete die EU-Kommission ein Strafverfahren gegen Ungarn, Polen und Tschechien ein. Die drei Länder hatten sich geweigert, Flüchtlinge aus dem Umverteilungsprogramm aufzunehmen, das 2015 mehrheitlich beschlossen worden war.

Im Herbst schmetterte der Europäische Gerichtshof dann die Klage von Ungarn und der Slowakei gegen die verbindliche Flüchtlingsverteilung ab. Die Aufnahmequote ist also rechtens. Bis heute haben beide Länder das Urteil nicht umgesetzt. Die Flüchtlingsverteilung wird auch 2018 ein großes Thema bleiben, denn bis Juni soll ein gemeinsames europäisches Asylsystem stehen. Inklusive eines gerechteren Verteilungsmechanismus.

Geldzahlung statt Flüchtlingsaufnahme

Doch die vier Visegradstaaten Polen, Ungarn, Tschechien und die Slowakei wollen keine Flüchtlinge aufnehmen, sondern statt dessen Geld geben: 35 Millionen Euro für den Grenzschutz. Jeder muss sich beteiligen, fordern die Länder, die viele Flüchtlinge aufgenommen haben, darunter auch Deutschland.

"Wir brauchen auch Solidarität nach innen. So eine selektive Solidarität kann es meiner Auffassung nach unter europäischen Mitgliedsstaaten nicht geben." Angela Merkel (CDU), Bundeskanzlerin

Sollte es keine Lösung zwischen Ost- und Westeuropäern geben, könnte es sein, dass die Mehrheit die Minderheit überstimmen wird.

Das Flüchtlingsjahr 2017, es hat gezeigt, dass sich die EU besser nach außen abschirmen, als sich nach innen einigen kann.