Bildrechte: dpa-Bildfunk/Sven Hoppe

Polizisten kontrollieren an der Kontrollstelle Kiefersfelden an der Autobahn 93 (A93) Fahrzeuge, die aus Österreich nach Deutschland kommen.

Artikel mit Bild-InhaltenBildbeitrag

Flüchtlinge: So kompliziert ist die Zurückweisung an der Grenze

Zwischen CDU und CSU herrscht eine Art Burgfrieden. Im Asylstreit vertagte man sich bis zum EU-Gipfel Ende Juni. Das hindert Innenminister Seehofer nicht daran, das Zurückweisen von mehr Asylsuchenden als bisher vorzubereiten. Von Birgit Schmeitzner

Aus den offiziellen BaMF-Zahlen für die Monate Januar bis April geht hervor: Im Schnitt kommen derzeit im Monat rund 14.000 Asylbewerber nach Deutschland und stellen zum ersten Mal einen Antrag darauf, bleiben zu dürfen. Es werden auch Menschen abgewiesen, sagt die Sprecherin des Bundesinnenministeriums, Eleonore Petermann.

"In diesem Jahr waren es insgesamt 2025. 2017 waren es 7009, und 2016 waren es 15 735." Eleonore Petermann, Sprecherin Bundesinnenministerium

Verschiedene Gründe

Dabei kann es sich um einen illegalen Einreiseversuch handeln - mit gefälschten Unterlagen beispielsweise oder gleich ganz ohne Pass und Visum. Wenn derjenige dann nicht um Schutz bittet, wird er zurückgewiesen. Oder es liegt eine Wiedereinreisesperre vor. Diese Sperre wird ausgesprochen, wenn ein Asylantrag abgelehnt wurde und der Betroffene nicht freiwillig ausgereist ist.

Einreiseverbot - aber trotzdem darf man ins Land?

Einreisesperre klingt absolut, ist es aber nicht. Und zwar dann, wenn jemand trotz der Sperre ein weiteres Mal um Schutz bittet. Eine Regelung, die mit europäischem Recht zu tun hat. Der Schutzstatus könnte sich nämlich geändert haben, deshalb - sagen viele Europarechtler - müssen die Staaten nach der so genannten Dublin-Verordnung wieder prüfen, ob sie zuständig sind. Ein Umstand, der sowohl Bundesinnenminister Horst Seehofer als auch Bundeskanzlerin Merkel Angela so nicht klar war. Beide räumten ein, dieses Detail erst jetzt in der „vertieften Diskussion“ darüber erkannt zu haben.

Wird der Antrag eines bereits abgelehnten Asylbewerbers ein weiteres Mal geprüft, sagt Seehofers Pressesprecherin Petermann, läuft das anders ab als beim ersten Mal. In der Regel handele es sich dann um ein verkürztes Verfahren.

"Die Person kann auch in Sicherungshaft genommen werden, bis die Prüfung abgeschlossen ist, muss also nicht zwingend hier frei herumlaufen." Eleonore Petermann, Sprecherin Bundesinnenministerium

Diese Handhabung wollen Seehofer und Merkel beenden - also die betreffenden Personen sofort abweisen.

Entscheidung bei Grenzübertritt

Der Bundeskanzlerin ist bewusst, dass dies nur an der Grenze selbst geht. Das sind in Deutschland rund 3.700 Kilometer und viele hundert Grenzübergänge. Die Schlagbäume wurden wegen der Freizügigkeit in der EU abgebaut, kontrolliert wird nur stichprobenartig. Außer in Bayern. An der Grenze zu Österreich wird an drei Autobahnübergängen stationär kontrolliert: bei Passau, in der Nähe von Salzburg und im Inntal. Dazu kommen mobile Kontrollen.

Was tun mit den "Eurodac-Registrierten"?

Strittig zwischen der Bundeskanzlerin und dem Bundesinnenminister ist nun die Frage, wie Deutschland mit einer weiteren Gruppe von Ausländern verfahren soll: Mit all jenen, die bereits in einem anderen EU-Land registriert wurden. Damit sind nach EU-Recht auch deren Behörden zuständig. Gelingt es Angela Merkel nicht, bis zum EU-Gipfel mit den europäischen Partnern einvernehmliche Rücknahmen auszumachen, dann will Horst Seehofer diese Flüchtlinge an den Grenzen abweisen. Die Bundeskanzlerin ist aber strikt gegen ein unabgestimmtes Vorgehen, hat hier sogar bereits auf ihre Richtlinienkompetenz hingewiesen.

Es wird bereits zurückgeschickt

Merkel pocht auf Einvernehmen mit den betreffenden EU-Staaten. Und betont, dass schon jetzt Personen zurückgeschickt werden. Lauf Bundesamt für Migration und Flüchtlinge wurden in den ersten vier Monaten dieses Jahres rund 21.000 Mal andere EU-Staaten ersucht, wieder die Verantwortung zu übernehmen. In knapp 15.000 Fällen stimmten diese Staaten der Übernahme auch zu. Die Umsetzung allerdings zieht sich: tatsächlich zurückgeschickt wurden knapp 3.200 Personen.