Arbeitssuchende aus dem Ausland sollen künftig leichter rechtmäßig nach Deutschland kommen können. Dafür soll eine sogenannte Chancenkarte eingeführt werden, wie am Freitag aus Regierungskreisen in Berlin verlautete. Ergänzend zur Mobilisierung der inländischen Arbeitskräfte werde "deutlich mehr Fachkräfteeinwanderung" benötigt. Die Koalition wolle den Weg dafür freimachen, "um kluge Köpfe und helfende Hände" für den deutschen Arbeitsmarkt zu gewinnen.
Fachkräfte-, Erfahrungs- und Potenzialsäule
In dem Eckpunktepapier, das dem Evangelischen Pressedienst (epd) vorliegt, heißt es, dass die Fachkräfteeinwanderung künftig auf drei Säulen gestützt werden soll. Das Ministerium spricht darin von einer Fachkräfte-, einer Erfahrungs- und einer Potenzialsäule. Wie bisher auch bleiben die Blaue Karte der EU für Hochschulabsolventen und die nationale Aufenthaltserlaubnis für Fachkräfte mit einem deutschen oder in Deutschland anerkannten Abschluss die zentralen Elemente der Einwanderung (Fachkräftesäule). Eine neue Regelung soll aber vorsehen, dass eine Fachkraft künftig jede qualifizierte Beschäftigung ausüben kann. Eine Mechanikerin soll demnach auch als Logistikerin arbeiten können.
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IT-Kräfte müssen keine Deutschkenntnisse mehr nachweisen
Einwanderer, die mindestens zwei Jahre Berufserfahrung und einen in ihrem Herkunftsland staatlich anerkannten Berufsabschluss haben, sollen es künftig auch leichter haben, in Deutschland zu arbeiten (Erfahrungssäule).
Für IT-Kräfte sollen die Einwanderungsbedingungen dem Papier zufolge noch weiter verbessert werden. Sie konnten bislang schon ohne anerkannten Abschluss nach Deutschland kommen, nun soll die Gehaltsschwelle abgesenkt werden. Zudem müssen sie keine Deutschkenntnisse mehr nachweisen.
"Chancenkarte" muss noch genau definiert werden
Eine sogenannte Chancenkarte soll es Menschen erleichtern, nach Deutschland einzuwandern, die keinen Arbeitsvertrag haben (Potenzialsäule). Interessenten können die "Chancenkarte" erhalten, wenn sie bestimmte Kriterien erfüllen: ausländischer Abschluss, Berufserfahrung, Sprachkenntnisse oder ein Voraufenthalt in Deutschland.
Die konkreten Voraussetzungen, für den Erhalt der "Chancenkarte" würden erst im Gesetzgebungsverfahren festgelegt. Dieses wiederum beginne erst nach der Verabschiedung der Eckpunkte durch das Kabinett, teilte ein Sprecher des Arbeitsministeriums mit.
Noch weitere offene Fragen
Der von Heil bereits häufiger angekündigte sogenannte Spurwechsel ist in dem Papier nicht enthalten. Dieser soll Asylbewerbern ermöglichen, durch die Aufnahme einer Arbeit eine gesicherte Perspektive in Deutschland zu bekommen. Laut dem Sprecher soll es hierzu eine gesonderte Ressortabstimmung geben. Dabei handele es sich um eine Ausbildungs- oder Beschäftigungsduldung laut Aufenthaltsgesetz, das in die Zuständigkeit des Bundesinnenministeriums falle.
Die Eckpunkte sollen etwa Mitte November im Kabinett beschlossen werden. Die Gesetzesbeschlüsse sollen im kommenden Jahr folgen. Laut einer vom Arbeitsministerium beauftragten Studie wächst die Fachkräftelücke zwischen Neubedarf und Angebot bis 2026 auf rund 240.000 Personen. Sie fällt nach den neuesten Berechnungen aber weniger als halb so groß aus wie noch im vorigen Jahr für 2025 erwartet (540.000 Personen). Dies wird mit dem höheren Arbeitsangebot etwa durch Geflüchtete und dem geringeren Wirtschaftswachstum begründet.
Mit Informationen von epd, dpa und Reuters.
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