Das Atomkraftwerk Temelin in Tschechien
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EU-Parlament macht Weg frei: Gas und Atom kriegen Öko-Label

Das EU-Parlament hat die Einstufung von Gas und Atomkraft als nachhaltig gebilligt. Eine Initiative der Gegner, die sogenannte Taxonomie zu blockieren, scheiterte im Straßburger Plenum. Österreich will nun Klage einreichen, Deutschland lehnt dies ab.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

In der EU werden Investitionen in bestimmte Gas- und Atomkraftwerke aller Voraussicht nach als klimafreundlich eingestuft werden können. Im Europaparlament gelang es Gegnern am Mittwoch nicht, entsprechende Pläne mit einer Abstimmung zu stoppen.

Statt der erforderlichen 353 Abgeordneten votierten im Plenum in Straßburg lediglich 278 gegen den Rechtsakt zur sogenannten Taxonomie.

Votum zur Taxonomie

Die Taxonomie ist eine Liste von Aktivitäten, die Investoren in der EU als grün vermarkten können. Mit dem Öko-Label sollen Investitionen am Finanzmarkt gezielt in nachhaltige Technologien und Energiequellen fließen.

In einem ersten Schritt wurde bereits im vergangenen Jahr entschieden, die Stromproduktion mit Solarpaneelen, Wasserkraft oder Windkraft als klimafreundlich einzustufen. Zudem wurden Kriterien für zahlreiche andere Wirtschaftsbereiche festgelegt. Sie regeln beispielsweise, dass der Personen- und Güterzugverkehr ohne direkte CO2-Abgasemissionen als klimafreundlich eingestuft werden kann.

  • Zum Artikel: Was das Grüne Siegel für Atom und Gas bedeutet

Frankreich drängte auf grünes Label für Atomkraft

Unter dem Druck einiger Mitgliedstaaten schlug die für Gesetzesvorschläge zuständige EU-Kommission dann vor wenigen Monaten zusätzlich vor, auch Investitionen in Gas- und Atomkraftwerke unter bestimmten Bedingungen als klimafreundlich einzustufen. Eine entscheidende Rolle spielte dabei Frankreich, das in der Atomkraft eine Schlüsseltechnologie für eine CO2-freie Wirtschaft sieht und die Technik gerne auch weiter in andere Länder exportieren will. Deutschland setzte sich im Gegenzug für ein grünes Label für Gas als Übergangstechnologie ein.

Die Umsetzung des Kommissionsvorschlags kann noch verhindert werden, wenn sich bis zum 11. Juli mindestens 20 EU-Staaten zusammenschließen, die mindestens 65 Prozent der Gesamtbevölkerung der EU vertreten. Dass eine entsprechende Mehrheit im Rat der EU zustande kommt, gilt allerdings wegen des Interesses von vielen Staaten an der Nutzung von Kernkraft als ausgeschlossen.

Österreich klagt, Deutschland nicht

Österreich und Luxemburg haben besonders mit Blick auf die Einstufung der Atomenergie Klagen vor dem Europäischen Gerichtshof angekündigt. Die Regierung in Wien bekräftigte die Pläne nach dem Votum des EU-Parlaments. Die Entscheidung zur Taxonomie-Verordnung werde dem Green Deal und den europäischen Bemühungen für eine gute und klimafreundliche Zukunft nicht gerecht, sagte Umweltministerin Leonore Gewessler. "Sie ist weder glaubwürdig, ambitioniert noch wissensbasiert, gefährdet unsere Zukunft und ist mehr als verantwortungslos." Luxemburg habe bereits zugesagt, sich an einer Klage zu beteiligen. Man suche dafür noch nach weiteren Verbündeten.

Die Bundesregierung wird nicht dazugehören, das machte Regierungssprecher Steffen Hebestreit klar. "Wir halten die Erhebung einer Klage nicht für einen geeigneten Weg", sagte er in Berlin. Die Bundesregierung bleibe aber bei ihrer Position und betrachte Kernenergie als nicht nachhaltig.

Das EU-Parlament hat einen Antrag der Gegner der Taxonomie abgelehnt.
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Das EU-Parlament hat einen Antrag der Gegner der Taxonomie abgelehnt.

Kritik von Umweltschützern

Auch Greenpeace kündigte am Mittwoch an, rechtliche Schritte gegen die EU-Kommission einzuleiten. "Wer Gas und Atom nachhaltig nennt, stürzt die Finanzakteure in Orientierungslosigkeit, die zu windigen Angeboten einlädt und Klimaschutz untergräbt. Beides wollen wir mit der Klage verhindern", sagte Greenpeace-Finanzexperte Mauricio Vargas nach dem Votum.

Umweltschützer hatten die EU-Abgeordneten vor der Abstimmung aufgefordert, gegen den neuen Rechtsakt zur Taxonomie zu stimmen. Sie kritisieren unter anderem, dass Treibhausgase ausgestoßen werden, wenn Energie mit Erdgas erzeugt wird. Bei Atomkraft gelten hauptsächlich der Abfall, aber auch mögliche Unfälle als problematisch. Zuletzt argumentierten Gegner zudem, dass Anreize für Investitionen in den Bau neuer Gaskraftwerke in starkem Kontrast zu den Bemühungen stehen, unabhängig von russischem Gas zu werden.

Befürworter verweisen hingegen auf die Notwendigkeit von Übergangstechnologien und darauf, dass für den Betrieb von Gaskraftwerken auch Flüssiggas zum Beispiel aus den USA oder Wasserstoff genutzt werden kann.

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