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Stephan Weil auf der Landtagswahl-Party der SPD in Niedersachsen

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Wahl-Analyse: SPD siegt, aber Regierungsbildung wird schwer

Die SPD hat die Landtagswahl gewonnen – aber die rot-grüne Regierung hat keine Mehrheit mehr. Mit dieser Erkenntnis endet ein spannender Wahlabend in Niedersachsen. Wer künftig regiert, ist offen. Von Daniel Pokraka

Über dieses Thema berichtet: BR24 Infoblock am .

Die Niedersachsen sind mit ihrem Ministerpräsidenten und ihrer Regierung vergleichsweise zufrieden – und mehr als die Hälfte von ihnen will, dass die SPD auch künftig den Regierungschef stellt. Stephan Weil liegt in allen Persönlichkeitswerten vor seinem CDU-Konkurrenten Bernd Althusmann: Er gilt als bürgernäher (55:17 Prozent), sympathischer (52:25), glaubwürdiger (43:27), führungsstärker (41:29) und versteht in den Augen der Bürger auch mehr von Wirtschaft (34:30). Dazu kommt, dass Weil bei den SPD-Wählern besser ankommt als Parteichef Martin Schulz. Den Zahlen von Infratest dimap zufolge sagen 69 Prozent der SPD-Wähler, Weil sei für sie glaubwürdiger gewesen als Schulz bei der Bundestagswahl. 31 Prozent geben sogar an, sie hätten die SPD wegen Stephan Weil gewählt.

Warum hat die CDU verloren hat

Vor einem Vierteljahr in Nordrhein-Westfalen konnte die CDU die SPD mit dem klassischen Landesthema Schul- und Bildungspolitik angreifen – diesmal hat das nicht geklappt. Zwei Drittel der Niedersachsen (67 Prozent) machen sowohl die SPD als auch die CDU für die Probleme in den Schulen verantwortlich. Es war nämlich CDU-Spitzenkandidat Bernd Althusmann höchstpersönlich, der bis 2013 Kultusminister war. Althusmann konnte dem SPD-Ministerpräsidenten Weil weder persönlich noch inhaltlich gefährlich werden. Die Niedersachsen trauen der CDU zwar beim Kampf gegen Kriminalität und Terror mehr zu als der SPD, insgesamt sind die Kompetenzwerte der Union aber gesunken. Dass die Bürger mit CDU-Chefin Angela Merkel deutlich zufriedener sind als mit dem SPD-Vorsitzenden Martin Schulz, wirkte sich dagegen weniger aus.

Warum Grüne und FDP so deutlich verloren haben

Beide Parteien hatten vor viereinhalb Jahren außergewöhnlich gute Ergebnisse. Die FDP bekam viele Stimmen von ehemaligen CDU-Wählern, die die damalige schwarz-gelbe Regierung im Amt halten wollten – und die Grünen profitierten noch stärker vom Thema Atomkraft. FDP und Grüne wurden also diesmal eher auf Normalmaß gestutzt. Ihre Kompetenzwerte in vielen Politikbereichen sind heute eher besser als vor der zurückliegenden Wahl – und eine Mehrheit der Wähler will die Grünen (68 Prozent) und die FDP (53 Prozent) an der Regierung sehen.

Warum die AfD schwächer abgeschnitten hat als bei der Bundestagswahl

Der Landesverband ist zerstritten, gegen Landeschef Hampel wurde zwischenzeitlich wegen Betrugsverdacht ermittelt und kurz nach dem Einzug der AfD in den Bundestag verließ die ehemalige Parteichefin Petry vor laufenden Kameras die Fraktion. Die Ausgangslage für die AfD war schwierig und ihre Themen Flüchtlinge und Sicherheit waren im Wahlkampf weniger dominant als bei der Bundestagswahl. Vor diesem Hintergrund erscheint das AfD-Ergebnis in Niedersachsen gar nicht so niedrig; es bewegt sich auf dem Niveau der Landtagswahlen in Schleswig-Holstein im Mai und im Saarland im März.

Warum die Regierungsbildung schwierig wird

Keine der rechnerisch möglichen Koalitionen ist politisch gewünscht – und die Wähler haben nach den Zahlen von Infratest dimap keinen eindeutigen Favoriten. Eine Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP haben die Liberalen so deutlich ausgeschlossen, dass sie davon kaum ohne Gesichtsverlust abrücken können. Eine Jamaika-Koalition aus CDU, FDP und Grünen wäre mit dem Makel behaftet, dass sie aus drei Wahlverlieren bestünde – und der klare Wahlsieger SPD außen vor bliebe. Als am wenigsten unwahrscheinlich darf deshalb eine große Koalition aus SPD und CDU gelten – wobei die beiden großen Parteien in Niedersachsen politisch weiter voneinander entfernt sind als in anderen Ländern.