Der ehemalige US-Präsident Donald Trump Ende Juli auf der Veranstaltung "Moms for Liberty" in Philadelphia
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Ex-US-Präsident Donald Trump am 30. Juli 2023 auf einer Veranstaltung in Philadelphia.

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"Die USA gegen Donald Trump" – Amerikas Rechtsstaat wehrt sich

Ex-Präsident Trump muss heute im Gerichtssaal in Washington erscheinen. Es geht um den schwerwiegendsten Vorwurf, der je gegen einen Präsidenten in der US-Geschichte erhoben worden ist: Verschwörung gegen die Vereinigten Staaten von Amerika.

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Es waren nur ganze zwei Minuten, die Sonderermittler Jack Smith benötigte, um die Anklage der "Vereinigten Staaten von Amerika gegen Donald J. Trump" verständlich und präzise auf den Punkt zu bringen. Für eine Nation, die im Verlauf der turbulenten Polit-Karriere Trumps an dessen kaum enden wollende Skandale, Ausfälle, Einschüchterungsversuche und platten Unwahrheiten gewohnt war, gebrauchte Sonderermittler Smith in seiner kurzen Fernsehansprache einfache, nachvollziehbare Sätze: Trump "war trotz seiner Niederlage entschlossen, an der Macht zu bleiben". Daher habe er mehr als zwei Monate lang nach dem Wahltag am 3. November 2020 "Lügen verbreitet", dass es bei der Wahl zu einem ergebnisbestimmenden Betrug gekommen sei und dass er tatsächlich gewonnen habe.

"Er wusste, dass die Behauptungen falsch waren"

Dann fügte Sonderermittler Smith den entscheidenden Satz hinzu, der vor Gericht bewiesen werden muss und der für Erfolg oder Scheitern der Anklage gegen Trump ausschlaggebend sein dürfte: "Diese Behauptungen waren falsch, und der Beklagte wusste, dass sie falsch waren." Trump habe aber die Behauptungen trotzdem wiederholt und verbreitet, "um seine wissentlich falschen Behauptungen als legitim erscheinen zu lassen." Damit habe er eine nationale Atmosphäre des Misstrauens und der Wut geschaffen und das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Wahl untergraben.

Einem Kolumnisten der Tageszeitung "USA Today" entfuhr in seinem Kommentar ein bewunderndes "Whoa!". Die Anklage gegen Trump liste "alle gängigen Wahllügen nacheinander auf". Alle Amerikaner wie er, so der Kolumnist, die noch daran glaubten, dass Gesetze tatsächlich gelten und das Justizsystem "nicht eine kriminelle Organisation sei, die von Biden kontrolliert" wäre, würden diese Anklagebegründung von Sonderermittler Smith niemals vergessen.

Trump muss im Gerichtssaal erscheinen

Um 16.00 Uhr Ortszeit muss der Ex-Präsident heute vor einem Bundesgericht in Washington D.C. erscheinen. Dort werden ihm von der Anklagevertretung die vier Anklagepunkte dargelegt: Verschwörung zum Betrug an den Vereinigten Staaten, Verschwörung zur Behinderung der Beglaubigung des Wahlsieges von Präsident Joe Biden am 6. Januar 2021, Behinderung und Verschwörung gegen das Wahlrecht. Anschließend wird von Richterin Tanya Chutkan die Kautionshöhe festgelegt, die Trump zu hinterlegen hat.

Obgleich Sonderermittler Jack Smith angekündigt hat, er strebe einen baldigen Beginn des eigentlichen Gerichtsverfahrens an, ist noch nicht abzusehen, wann es tatsächlich zur Prozesseröffnung kommen wird. So wird es vor Prozessbeginn zu ausführlichen Beratungen zwischen Trump-Verteidigern und der Anklagevertretung kommen. Die Anwälte des Ex-Präsidenten haben die Möglichkeit, über Monate hinweg gegen Beweismittel vorzugehen, die ihrem Mandanten gefährlich werden könnten.

Ihr Ziel dürfte lauten: Auf jeden Fall die Eröffnung des Gerichtsprozesses, so weit möglich, in die zweite Jahreshälfte 2024 zu verschieben, im besten Fall bis nach den Wahlen am 5. November. Trump hat bereits angekündigt, dass er "überhaupt nicht daran denke", wegen seiner massiven juristischen Probleme aus dem Rennen ums Weiße Haus auszuscheiden.

Nutzt die Anklage Trump im Wahlkampf?

Zahlreiche US-Analysten sind in dieser Frage einer Meinung: Ja, das dürfte seine Anhängerschaft weiter mobilisieren. Trump, der das Feld der republikanischen Präsidentschaftsbewerber mit sehr großem Abstand anführt, hat bereits seine ersten beiden Anklageerhebungen im März und im Juni zum zentralen Wahlkampfthema gemacht: Der "tiefe Staat" und das "Establishment" seien gegen ihn, Trump, und gegen seine Anhänger.

Die Rolle des unschuldigen Opfers gehört zu den propagandistischen Hauptwaffen des 77-Jährigen. Er werde eben von einer angeblich parteiischen, linken Justiz unter der Kontrolle Bidens gejagt. Sein Wahlkampf profitiert von der Anklage, die schwerwiegend und beispiellos in der amerikanischen Geschichte ist. Derzeit führt Trump mit einem dominierenden Vorsprung von 37 Prozent vor dem nächstgelegenen Konkurrenten, dem bislang blassen und wenig charismatischen Gouverneur von Florida, Ron DeSantis.

Im Video: Ex-Präsident Trump vor Gericht

Ex-US-Präsident Donald Trump
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Der frühere US-Präsident Trump wird vor Gericht erwartet. Bei dem Prozess geht es etwa um versuchte Wahlfälschung und den Sturm auf das Kapitol.

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