Handwerker versucht sich ein Bild von den elektrischen Anlagen im Keller eines Hauses und den Fehler zu finden und zu beheben
Bildrechte: BR/ Hans Mielich
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Wurden die Kunden eines Handwerkerservice betrogen? In Regensburg gab es jetzt Festnahmen, die Ermittlungen laufen.

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Call-Center in Regensburg: Abzocke bei Handwerker-Leistungen

Call-Center in Regensburg: Abzocke bei Handwerker-Leistungen

Ausgesperrt oder Stromausfall? In Regensburg hat der "Handwerker-Engel" schnelle Hilfe für solche Fälle angeboten. Doch jetzt wird gegen die Verantwortlichen ermittelt, es gab Festnahmen. Die Firma soll bundesweit Kunden betrogen haben.

Über dieses Thema berichtet: Der Funkstreifzug am .

Nur ein Fall von vielen: Im Oktober 2018 ist bei Inge Herkenrath aus der Nähe von Koblenz plötzlich der Strom weg. Die heute 65-Jährige versucht vergeblich, ihren Elektriker zu erreichen und macht sich deshalb auf die Suche nach einem Notdienst. Sie sucht nach Hilfe im Raum Koblenz und findet eine entsprechende Internetseite mit Telefonnummer.

Was sie nicht weiß: Sie ruft nicht in Koblenz an, sondern im Call-Center der Firma "Der Handwerker Engel" in Regensburg. Die Telefonnummer war eine 0800-Nummer. So sei sie an die Firma DHE geraten, sagt Inge Herkenrath heute. Die Firma versprach, jemanden zu schicken, der das in Ordnung bringe, das sei kein Problem.

Über 2000 Euro für neue Sicherungen

Das Call-Center schickt zwei Handwerker los. Nicht aus Koblenz, sondern aus dem über 150 Kilometer entfernten Essen. Die Arbeit wird zwar ordentlich erledigt, der Strom fließt wieder. Doch für den Austausch einiger Sicherungen wird Herkenrath eine Rechnung von über 2.000 Euro präsentiert. Zahlbar sofort. Sie bezahlt und ärgert sich später über sich selbst.

"Bei uns in der Nachbarschaft wohnt eine Kripobeamtin, die hätte ich anrufen sollen. Aber ich war nur so froh, dass der Strom wieder da war. Irgendwie setzt dann, glaube ich, der logische Verstand irgendwie aus. So war das bei mir auf jeden Fall." Inge Herkenrath, DHE-Kundin

Verbraucherschützer: "Spur der Verwüstung"

Verbraucherschützer kämpfen schon lange gegen unseriöse Handwerker-Call-Center. Matthias Bauer von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg hat sich intensiv mit dem Regensburger Unternehmen beschäftigt.

"Was ich sehe seit Jahren, und ich bin der Firma jetzt vielleicht etwa seit 2017 hinterher: eigentlich eine Spur der Verwüstung, die sie hinter sich zieht. Schlechtleistungen, Übertölpelung, Übervorteilung von Verbrauchern mit ja wirklich schweineteuren Preisen, die abverlangt werden." Matthias Bauer, Verbraucherschützer

Auch von Bedrohungen durch die vermittelten Monteure wurde ihm bereits berichtet. Bauer geht davon aus, dass es in Deutschland sieben bis acht solcher Call-Center gibt, die mit Hunderten Nummern und Internetseiten auf Kundenjagd gehen. Eines der größten sei das in Regensburg. "Ein sehr großer Fisch", sagt der Verbraucherschützer.

  • Zum Artikel: "Steht das Ende des Baubooms bevor? Baufirmen erwarten Flaute"

DHE-Geschäftsführer in Untersuchungshaft

In Regensburg ermitteln jetzt auch Staatsanwaltschaft und Kriminalpolizei gegen den Geschäftsführer der Firma "Der Handwerker Engel“. Vor wenigen Wochen wurden er und einer seiner Mitarbeiter festgenommen. Seitdem sitzen sie in Untersuchungshaft. Die Ermittler werfen ihnen über 200 Fälle des versuchten oder erfolgreichen Betrugs vor. Darunter fällt nach Angaben der Staatsanwaltschaft neben dem mutmaßlichen Vortäuschen, ein lokales Unternehmen zu sein, auch der Vorwurf überhöhter Preise. Dazu habe die Staatsanwaltschaft die Handwerkskammern um Vergleichswerte gebeten.

"Das Ergebnis war, dass die Preise durchwegs stark überhöht waren, teilweise bis zum fünffachen des angemessenen Preises." Thomas Rauscher, Sprecher der Staatsanwaltschaft Regensburg

Ehemalige Mitarbeiter packen aus

Der Staatsanwaltschaft lägen Zeugenaussagen früherer Mitarbeiter vor, so Rauscher. Die Angestellten seien angewiesen worden, nicht zu sagen, wo sich die Firma befindet. Den Anrufern sei vorgegaukelt worden, der Betrieb, der kommen würde, sei nah.

Der Bayerische Rundfunk hat mit mehreren ehemaligen Mitarbeitern gesprochen. Eine ehemalige Call-Center-Mitarbeiterin berichtet von der Vorgabe, am Telefon "möglichst nicht von Kosten zu sprechen" und davon, dass man "irgend so ein normaler Handwerker" vor Ort sei. "Hauptsache man hatte den Auftrag in der Tasche", sagt die ehemalige DHE-Mitarbeiterin, die in der Öffentlichkeit nicht mit Namen genannt werden möchte.

An ihre Kunden kam die Firma vor allem über das Internet. Ein ehemaliger Mitarbeiter berichtet dem Bayerischen Rundfunk: Für nahezu jeden Ort habe das Call-Center eine eigene Internetseite mit Telefonnummer für verschiedene Gewerke gebaut. Ruft der Kunde dann das vermeintlich lokale Unternehmen an, landet er im Call-Center in Regensburg.

  • Zum Artikel: "Bayerisches Handwerk erholt sich gut von Corona-Krise"

Anwalt will sich nicht zu Vorwürfen äußern

Der Anwalt des festgenommenen Geschäftsführers möchte sich zu den Vorwürfen gegen seinen Mandanten nicht äußern. Auch das Unternehmen selbst ist in Deckung gegangen. E-Mails können nicht mehr an die im Impressum genannte Adresse gesendet werden. Ein Anruf bei der Firma landet im Call-Center. Dort wird darum gebeten, sich mit Fragen an die DHE an eine Firma Renner zu wenden. Auch diese Firma beantwortet die gestellten Fragen nicht.

Verbraucherschützer Matthias Bauer geht davon aus, dass hinter dieser Firma wiederum der in Untersuchungshaft sitzende DHE-Geschäftsführer stecke. Er setze Strohfrauen und Strohmänner ein. "Wenn es ihm dann wieder zu heiß wird, dann schickt er jemand anderes vor“, sagt Bauer.

Kunden können sich vor überhöhten Rechnungen schützen

Um sich vor unseriösen Handwerkerdiensten zu schützen, rät die Regensburger Elektroinnung, sich bereits vor einem Notfall örtliche Handwerker zu suchen, die helfen können.

Wenn Kunden doch an ein Call-Center geraten, rät Verbraucherschützer Matthias Bauer, den Auftrag im Zweifel abzubrechen. Am Telefon mit dem Call-Center habe man noch keinen gültigen Vertrag geschlossen. Betroffene sollten außerdem auf eine ordentliche Rechnung mit Rechnungsnummer, genauer Anschrift und Steuernummer bestehen und im Zweifel vom Recht Gebrauch machen, die Rechnung noch einmal ordentlich zu prüfen und erst später zu bezahlen. Werde Druck ausgeübt, kann auch die Polizei gerufen werden.

"Ich kann auch sagen: alle Fälle, die ich kenne, in denen die Polizei dann vor Ort gekommen sind, sind für die Verbraucher relativ gut ausgegangen." Matthias Bauer, Verbraucherschützer

Juristisches Nachspiel

Inge Herkenrath hat sich nach ihrer Rechnung juristisch gewehrt. Die heute 65-Jährige hat den Handwerker-Engel-Geschäftsführer verklagt und Recht bekommen. Das Amtsgericht Regensburg verurteilte ihn, das zu viel bezahlte Geld plus Zinsen zurückzuzahlen. Eine späte Genugtuung. Sie rät allen Betroffenen sich zur Wehr zu setzen. "Das darf man sich doch nicht gefallen lassen, so etwas“, sagt Herkenrath.

Bald könnte dem Betreiber auch ein Strafprozess drohen. Die Staatsanwaltschaft will voraussichtlich noch im Sommer Anklage erheben.

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