Eine Zecke krabbelt auf der Haut. (Symbolbild)
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Zeckensaison startet: Experte räumt mit Mythen auf

Sie lauern in der Natur, saugen unser Blut und übertragen Krankheiten - für Spaziergänger sind Zecken ein Ärgernis. Ein Zeckenexperte aus der Oberpfalz sagt aber: Auch die Blutsauger haben es nicht leicht. Grund ist der Klimawandel.

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Über dieses Thema berichtet: Mittags in Niederbayern und Oberpfalz am .

Frühlingszeit ist Zeckenzeit. Ein Ärgernis für Naturliebhaber, für Mediziner Gerhard Dobler aber eine der interessantesten Zeiten. Der Professor stammt aus Wackersdorf bei Schwandorf und forscht als Zeckenexperte am Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr mit Sitz in München. Er räumt mit den gängigsten Zeckenmythen auf.

Zecken hocken nicht auf Bäumen

Ein weit verbreiteter Irrglaube ist zum Beispiel, dass Zecken auf Bäumen auf ihre Beute warten. "Alle Zecken, die es weltweit gibt, fallen nicht runter, sondern werden von der Vegetation abgestreift", so Dobler. Allerdings: "Es gibt noch eine zweite Art, die sogenannten Jagdzecken. Das sind Zecken, die hinter dem Wirt herlaufen und sich am Fuß festklammern. Die gibt es aber nur in den Tropen."

Die in Deutschland am meisten verbreitete Art der Zecken ist der Gemeine Holzbock. Manchmal seien aber auch andere Arten zu finden, so der Zeckenexperte. Diese Exemplare machen einen Anteil von bis zu zehn Prozent der Zecken aus, die Dobler findet, und werden meist durch Vögel eingeschleppt. "Es gibt aber keine Hinweise darauf, dass die fremden Arten sich hier vermehren können", erklärt der Zeckenexperte.

Wegen des Klimawandels: Zecken weichen auf Waldränder aus

Schwer haben es Zecken derzeit auch auf der Wiese. Hier kämen sie eigentlich nicht vor, so Dobler, weil es zu trocken und zu warm ist. Eher seien Zecken sehr häufig an den Waldrändern zu finden, also an den Übergangszonen zwischen Wiese und Wald. "Im Wald selbst finden wir weniger Zecken, aber wir stellen fest, dass sie sich im Rahmen des Klimawandels mehr in Richtung Wald bewegen", erklärt Dobler. Das scheine eine Anpassung an die Trockenheit zu sein, die man in den letzten Jahren beobachten kann.

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Prof. Gerhard Dobler ist Zeckenexperte und forscht zu den bissigen Blutsaugern.

Hohe Zecken- und FSME-Zahlen in der Oberpfalz

In der Oberpfalz hat der Zeckenforscher in den Jahren 2018, 2019 und 2020 eine Verdopplung der Zeckenzahlen im Vergleich zu den Vorjahren feststellen können. Im vergangenen Jahr, wahrscheinlich durch den kalten Winter, habe sich die Zahl dann wieder halbiert.

In diesem Jahr erwartet Dobler erneut hohe Zeckenzahlen. "Vor ein paar Tagen haben wir in einem Münchner Stadtpark innerhalb einer Stunde 100 Stück gefunden", sagt der Experte dem BR. Zu einem FSME-Risikogebiet werde ein Landkreis jedoch nicht wegen hoher Zeckenzahlen, sondern aufgrund einer hohen Zahl an FSME-Infizierten, erklärt Dobler. In der Oberpfalz seien das vor allem die Landkreise Amberg und Schwandorf.

Risikogebiet wegen der Nähe zu Tschechien?

Warum die Zahl der Infizierten in der Oberpfalz so hoch ist, kann sich der Mediziner momentan noch nicht erklären. "Das ist gerade Teil unserer Forschung. Es liegt möglicherweise an der Nähe zu Tschechien. Viele dieser Viren, die wir hier momentan entdecken, sind nahe Verwandte von tschechischen Virusstämmen. Das heißt: Vermutlich werden sie über Tiere eingeschleppt." Die Bedingungen scheinen hier sehr gut für das Virus zu sein, so Dobler. So könne es sich etablieren.

FSME-Erkrankung kann sich vielfach äußern

Die Frühsommer-Meningoenzephalitis, kurz FSME, ist eine Erkrankung, die über den Zeckenbiss übertragen werden kann. Etwa jede 50. bis 200. Zecke ist laut Dobler ein Virusträger. Ursprünglich von Nagetieren stammend, löst sie bei den meisten Menschen nur Symptome einer leichten Grippe aus. "Sie kann aber auch die Gehirnhäute - die sogenannten Meningen - angreifen. Das führt dann zu Symptomen wie Erbrechen und Nackenstarre", so Dobler.

Breite sich die Infektion weiter auf das Gehirn aus, dann komme es zu Bewusstseins- und Sprachstörungen. "Sobald das Rückenmark betroffen ist, kann es auch zu Bewegungsstörungen, Kreislaufeinschränkungen sowie zu Lähmungen führen, die dann auch das weitere Leben bleiben", sagt er. Darüber hinaus können etwa 20 bis 30 Prozent der Zecken Borreliose übertragen. Diese könne dann von Hautrötungen bis hin zu ähnlichen Symptomen wie FSME führen.

Wie man sich schützen kann

Der wirksamste Schutz gegen FSME ist die Impfung. Diese sollte man etwa alle drei Jahre wiederholen. Eine Impfung gegen Borreliose gibt es derzeit noch nicht. Wer sich vor Zeckenbissen schützen will, der kann auf Zeckenschutzpräparate zurückgreifen, die allerdings unterschiedlich wirksam sind. Außerdem sollte man beim Ausflug in die Natur auf geschlossene Kleidung achten. Auch die Socken in die Hose zu stopfen oder wegen der besseren Sichtbarkeit der Zecken hellere Kleidung zu tragen, kann hilfreich sein. Gerhard Dobler klebt die Socken über der Hose immer mit Kreppband ab. "Wir sind aber auch jede Woche in den Risikogebieten unterwegs und suchen dort nach Zecken", sagt er. Er selbst werde pro Jahr höchstens zweimal von einer Zecke gebissen.

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Zeckenexperte Dobler sammelt mehrere Zecken in einem Plastikbehälter.

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