Wölfe in einem Gehege
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Wolf-Entnahme in der Rhön genehmigt: Wer darf und will schießen?

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Wolf-Entnahme in der Rhön genehmigt: Wer darf und will schießen?

In der Rhön wurde aktuell der Abschuss von zwei Wölfen genehmigt. Zuvor war es dort zu mehreren Rissen von Weidetieren gekommen. Bleibt zu klären: Wer darf die Wölfe dort schießen - und wer von ihnen will das tun?

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Mainfranken am .

Wieder ein Riss. Mutmaßlich von einem Wolf. Am Montag steht Schäfer Julian Schulz schon wieder vor einem toten Tier, einer Ziege. Seine Herde wurde bereits vor über einer Woche angegriffen - vermutlich von zwei Wölfen. Zwei seiner Schafe sind dabei getötet worden, vier verletzt und vier sind immer noch verschollen. "So kann es generell auf kurz oder lang nicht weitergehen", sagt er dem BR.

Doch es gibt einen Lichtblick für den Schäfer: Die Regierung von Unterfranken hat am 12. Oktober 2023 nach einem Antrag von Schulz und zwei weiteren Schäfern die Entnahme von zwei Wölfen rund um Bischofsheim in der Rhön genehmigt. Seit Ende September hatte es im Gebiet um Bischofsheim im Landkreis Rhön-Grabfeld mehrere Risse von Weidetieren gegeben.

Laut Landesamt für Umwelt wurden dabei in neun Fällen insgesamt zwölf Schafe und drei Ziegen tot aufgefunden, weitere Tiere werden vermisst. Die Ergebnisse der DNA-Analyse der vermeintlichen Wölfe lagen beim Bayerischen Landesamt für Umwelt am Montag noch nicht vor.

Klare Vorgaben für Abschüsse

Weil sich die Vorfälle auf zwei Bereiche konzentrieren, den Raum Oberweißenbrunn und Frankenheim sowie das Naturschutzgebiet Lange Rhön, gehen Fachleute von zwei Wölfen aus, wie bereits bei zur ursprünglichen Abschuss-Genehmigung erklärt wurde.

Die Abschussgenehmigung bezieht sich laut einer Pressemitteilung der Regierung von Unterfranken demnach jeweils auf genau die oben genannten Gebiete. Die Abschüsse dürfen zudem nur auf mit Weidezäunen oder Weidenetzen umgrenzte Flächen mit Nutztierherden sowie einen Radius von 1.000 Metern um diese Nutztierhaltungen erfolgen. Die Genehmigung gilt bis zum 9. November.

Video: In der Rhön wurden mehrere Weidetiere gerissen

Ein Schäfer in der Rhön mit seiner Schafherde.
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Schäfer und Schafe

Wer darf schießen?

Doch nicht jeder Jäger darf die Wölfe schießen. Möglich ist es in erster Linie dem zuständigen Revierleiter und Jägern mit einem Begehungsschein für das entsprechende Jagdrevier. Diese können sich dann freiwillig beim Landratsamt Rhön-Grabfeld melden. Letztendlich erteilt die Regierung von Unterfranken die Genehmigung. Zum Schutz der ausgewählten Jäger gibt die Regierung keine Auskünfte zu den potenziellen Schützen.

Die Reaktionen auf die genehmigte Entnahme fallen bei der Jägerschaft eher zurückhaltend aus. Rhön-Grabfelds Landrat Thomas Habermann (CSU), selbst Jäger, findet die Maßnahme jedoch notwendig. "Wir haben in der Rhön eine einzigartige Kulturlandschaft, geschaffen durch die […] Weidewirtschaft. Dadurch ist der Hotspot der Biodiversität geschaffen worden. […] Durch Wolfsangriffe werden Herden gefährdet, Landwirte denken ans Aufhören mit der Weidewirtschaft, das hätte langfristig gesehen verheerende Folgen für den Biodiversitätshotspot. Deshalb müssen die Wölfe, die Schäden verursachen, auch entnommen werden."

Bund Naturschutz: Klage eher unwahrscheinlich

Mit Einschränkungen stimmt dem auch Uwe Friedel, Wolfsexperte beim Bund Naturschutz, zu. Er verweist jedoch zusätzlich auf die Bedeutung von Herdenschutzmaßnahmen: "Bei Wölfen, die gelernt haben, Herdenschutz zu überwinden, bleibt als letzte Lösung nur der Abschuss. Wichtig wäre, dass der Herdenschutz insbesondere in der Schaf- und Ziegenhaltung flächendeckend durchgeführt wird, um zu verhindern, dass Wölfe sich bei ungeschützten Schafherden an die Beute Schaf gewöhnen und dann in der Folge auch eher Tiere attackieren, die Herdenschutz haben. Genau das scheint bei den zwei zum Abschuss freigegebenen Wölfen der Fall gewesen zu sein."

Der Bund Naturschutz, der im vergangenen Jahr eine Genehmigung für den Abschuss eines Wolfs im Raum Chiemgau gestoppt hatte, prüft derzeit den Beschluss in der Rhön. Derzeit gehe man aber nicht von einer Klage aus, so Friedel vom Bund Naturschutz.

Örtliche Jäger skeptisch

Doch finden sich Jäger zum Abschuss der Tiere? Thomas Schmitt, Vorsitzender des Bayerischen Jagdverbandes Kreisgruppe Bad Neustadt an der Saale, schätzt die Situation als heikel ein. Man sorge sich vor Angriffen von fanatischen Wolfsbefürwortern auf die Jäger, wie sie in der Vergangenheit schon vorgekommen seien. Man könne bei einem Wolfabschuss mehr falsch als richtig machen und sei am Ende der "Buhmann". Auch Schäfer Schulz berichtet von Attacken in sozialen Medien. Das finde er besonders bitter.

Neue Abschussregeln geplant

Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) hat in der vergangenen Woche einen Vorschlag gemacht, der den Abschuss von Wölfen bundesweit erleichtern und beschleunigen soll: Demnach soll ein Wolf, der einen Herdenschutz überwunden und dann ein Tier gerissen hat, für 21 Tage im Umkreis von 1.000 Metern um die Rissstelle geschossen werden dürfen. Eine bisher nötige und zeitaufwändige DNA-Analyse des Risses soll demnach nicht mehr notwendig sein.

Während der Bayerische Bauernverband (BBV) und Naturschutzverbände die Pläne begrüßten, gehen sie anderen wie etwa dem Deutschen Bauernverband (DBV) und der CSU nicht weit genug. Ohnehin müssen Lemkes Pläne nun noch weiter mit den Bundesländern beraten werden.

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