Vier Brachvögel-Küken kurz nach dem Schlüpfen.
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Von rund 100 Küken sind im Jahr 2022 nur Brachvögel flügge geworden.

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Wiesenbrüter: So sollen die Küken geschützt werden

Sie sind die "Sorgenkinder des Artenschutzes" – so nennt der LBV die Wiesenbrüter. Einige Arten könnten demnächst sogar aussterben. Denn von den Küken überlebt kaum eines. Dabei bekommen sie im Altmühltal einiges an Unterstützung.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau am .

Wenn Tobias Petschinka nach seinen Schützlingen schaut, muss alles ganz schnell gehen. Der Gebietsbetreuer vom Landesbund für Vogel- und Naturschutz (LBV) im Altmühltal möchte die Wiesenbrüter so wenig wie möglich stören. Doch die Nestkontrolle ist ein fester Bestandteil seiner Arbeit.

Routiniert öffnet er dafür den Elektro-Zaun, der das Nest vor Fressfeinden schützen soll und läuft ein paar Meter in die Wiese hinein. Dort im kniehohen Gras liegt ein Brachvogel-Nest auf dem Boden. Eines der Eier zeigt bereits Risse in der Schale auf. Petschinka stellt fest: "Es geht so langsam los mit dem Schlupf. Ich denke, so drei bis vier Tage und dann sind die Küken unterwegs."

Von 100 Küken haben 2022 nur fünf im Altmühltal überlebt

Der Brachvogel ist einer von insgesamt neun Wiesenbrüter-Arten, die im Altmühltal heimisch sind. Sie alle sind vom Aussterben bedroht. Von den Brachvögeln gibt es beispielsweise nur noch 22 Brutpaare im gesamten Altmühltal. Petschinkas Aufgabe als Gebietsbetreuer ist es, ihr Überleben in der Region zu sichern. Denn: Dass es nur noch so wenige gibt, liegt vor allem daran, dass der Nachwuchs nicht überlebt. Von knapp 100 Küken, sind im letzten Jahr nur fünf Küken im Altmühltal durchgekommen.

Zum Artikel: Wiesenbrüter in Bayern - deutlicher Schwund

Bedrohungen für Wiesenbrüter sind vielfältig

Die geringen Überlebenschancen für Brachvögel-Küken haben verschiedene Ursachen – die Landwirtschaft beispielsweise. Denn einige Bauern mähen ihre Wiesen bereits sehr früh im Jahr und übersehen dabei die Nester, die im Gras versteckt sind. Durch das intensive Monitoring der Vögel weiß Petschinka inzwischen genau, wo die Wiesenbrüter ihre Nester haben und steht im Austausch mit den umliegenden Landwirten. "Wir finden heraus, wer wann mäht. Und können die Küken dann natürlich davor bewahren, dass sie zusammengefahren werden", erklärt er.

LBV bittet Ausflügler um mehr Rücksicht für Wiesenbrüter

Doch auch die vielen Ausflügler im Altmühltal machen es den Wiesenbrütern zunehmend schwer. Der LBV bittet darum, gerade in der Brutzeit zwischen März und Juli besondere Vorsicht walten zu lassen. Wichtig sei es, bei Spaziergängen die vorgegebenen Wege nicht zu verlassen, erklärt Dr. Angela Nelson, Biologin beim LBV. Hunde sollten außerdem immer an der Leine bleiben. "Wenn Gefahr droht, verlassen die verschreckten Elternvögel oft die Nester" sagt Nelson. Die zurückbleibenden Küken sind dann leicht Beute für Fressfeinde, wie Füchse oder auch Raubvögel.

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Der Brachvogel ist einer von insgesamt neun Wiesenbrüter-Arten im Altmühltal.

Projekt "Lebensraum Altmühltal": Wiesenbrüter langfristig sichern

Damit die Vögel auch langfristig eine Zukunft im Altmühltal haben, arbeitet der LBV eng mit dem Naturschutz-Projekt "Lebensraum Altmühltal" zusammen. Projektleiter Dietmar Herold erarbeitet verschiedene Maßnahmen, um den Lebensraum von Wiesenbrütern im Altmühltal langfristig zu sichern. Neben der Besucherregulierung ist vor allem auch die Zusammenarbeit mit den Landwirten von Bedeutung. Dabei sei auch der Wasserrückhalt ein wichtiger Punkt, erläutert der Projektleiter. Durch die Klimaerwärmung würden die Flächen immer trockener. "Doch der Wiesenbrüter braucht nasse Flächen, um mit seinem langen Schnabel im Boden stochern zu können."

Zum Artikel: Millionen für Wiesenbrüter im Altmühltal

Wiesenbrüter sind Leitart für hunderte andere Arten

Wenn alles läuft, wie geplant, sollen bereits im nächsten Jahr die ersten Maßnahmen umgesetzt werden. Dietmar Herold ist sich dabei sicher: Wenn es den Wiesenbrüter gut geht, profitieren wir alle davon. "Wenn wir es schaffen, den Wiesenbrüter im Altmühltal zu halten, dann haben wir im Gefolge für hunderte andere Arten auch etwas getan", so Herold. Wichtig sei ein gesundes Ökosystem, erklärt er. Wenn man es nicht schaffe, diese Vielfalt zu erhalten, könne der Mensch zunehmend ein Problem bekommen – wie beispielsweise mit Blaualgen, Mücken in den Flächen, oder Gänsen. "All diese opportunistischen Arten können zum Problem werden – auch für uns Menschen", erklärt der Leiter des Projekts "Lebensraum Mühltal". Deshalb sei es wichtig, das Ökosystem als ganzes inakt zu halten.

Video: "Immer weniger Wiesenbrüter in Bayern":

Ein Brachvogel in einer Wiese
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Ein Brachvogel

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