Gaby Wagner mit Schülern im Wald
Bildrechte: BR/Ulrich Detsch

Gaby Wagner mit Schülern im Wald

Per Mail sharen
Artikel mit Audio-InhaltenAudiobeitrag

Försterin: "Bambi-Romantik" hilft dem Wald nicht

Sie war als "Försterin des Jahres" für den Deutschen Waldpreis 2023 nominiert: Gaby Wagner setzt auf natürlich angeflogenen Baumwuchs und eine konsequente Bejagung des Rehwildes. Und sie sieht ihr Revier als "Mutmachwald".

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau am .

Gaby Wagner arbeitet für einen der größten Waldbesitzer Europas: Fürst Schwarzenberg. Am Stammsitz des fränkisch-böhmischen Adelsgeschlechts in Scheinfeld, im Steigerwald, sorgt die gebürtige Hamburgerin seit gut zehn Jahren dafür, dass ihr adeliger Arbeitgeber über eine Familienstiftung mit dem Wald Geld verdient und den Wald dabei gleichzeitig wappnet gegen Klimakrise und Schädlinge.

"Das geht nur mit Vielfalt“, sagt Wagner. Ihr Vorteil: Förstergenerationen vor ihr haben längst auf eine bunte Mischung an Baumarten im Wald gesetzt. Douglasien, Tannen, Eichen, Buchen etwa sind als samenspendende Altbäume reichlich vorhanden. So können unter ihrem schützenden Schirm stets neue "Baumkinder" groß werden – ohne aufwändigen Schutzzaun gegen hungriges Rehwild.

  • Zum Artikel: Deutscher Waldpreis: Diese Idee dient Natur und Wirtschaft

Strategie für den Zukunftswald

"Bambi-Romantik" hilft dem Wald aus Sicht der Oberförsterin nicht. Man müsse den Wildbestand regulieren, sonst werde der Nachwuchs der standortangepassten Altbäume zu sehr angeknabbert und werde nie zu großen, wertvollen Bäumen heranwachsen. Naturverjüngung ist nach ihrer Erfahrung die beste Strategie für einen Zukunftswald. Das könne sie in ihrem Revier beobachten. Sie freut sich über Händler und Gastwirte, die Schwarzenbergsche Rehe kaufen. Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit schließen sich ihrer Meinung nach im Wald überhaupt nicht aus.

Bildrechte: BR/Ulrich Detsch
Artikel mit Bild-InhaltenBildbeitrag

Oberförsterin Gaby Wagner

Plan: Der Klimakrise zuvorkommen

Das Besondere am Revier von Gaby Wagner: Ihre Vorgänger haben nicht auf schnell wachsende Monokulturen wie etwa Fichte gesetzt, sondern auf langfristigen wirtschaftlichen Erfolg. Eichen etwa wachsen sehr langsam. Aber sie behaupten sich im trockenen Mittelfranken nach Einschätzung Wagners bislang erstaunlich gut. Dann zeigt sie ein Waldstück mit abgestorbenen Eichen: Da habe vor drei Jahren der Schwammspinner gewütet und sie durfte kein Insektizid versprühen lassen. Nun sei der Wald dahin. Das ärgert Gaby Wagner.

Aber sie ist zuversichtlich und setzt schon seit zehn Jahren auf türkische Baumhasel, die sich im Steigerwald prächtig entwickelt. Auch Thujen hätten bereits ihre Vorgänger erfolgreich gepflanzt und seien damit der Klimakrise zuvorgekommen. Das will sie fortführen.

  • Zum Artikel: Waldumbau in Bayern: Von der Monokultur zurück zum Mischwald
  • Ständiger Wettlauf gegen Lücken im Wald

    In ihrem Revier hat Gaby Wagner auch Nadelhölzer, die durch Borkenkäfer und Trockenheit absterben. Schadholz tauge nur für Paletten. Da zahlt ihr ein Sägewerk momentan nur 60 Euro je Festmeter, also nur halb so viel, wie sie für gesunde Stämme erlösen könnte. Der Wald wächst langsam, aber ständig kämpft Wagner gegen die Zeit, will möglichst schnell entstandene Schadlücken im Wald schließen.

    Zum Glück hat sie Bäume, die durch natürlichen Samenflug wieder bunten Waldnachwuchs schaffen. Den müssen ihre Mitarbeiter mit Heppe und Säge in mühsamer Handarbeit vor konkurrierenden Gräsern und Sträuchern befreien, bis die Baumwinzlinge "aus dem Gröbsten raus" sind. Und gleichzeitig sorgt Wagner als Jägerin dafür, dass Rehe nicht am Baumnachwuchs naschen.

    Bildrechte: BR/Ulrich Detsch
    Artikel mit Bild-InhaltenBildbeitrag

    Der Stammsitz des fränkisch-böhmischen Adelsgeschlechts in Scheinfeld.

    Leid und Freud einer Försterin

    Ein lästiger Teil ihrer Arbeit sei das "Katz-und-Maus-Spiel" mit Mountainbikern. Einige nutzen eine alte Burgruine, die wegen der dort lebenden Fledermäuse als Naturdenkmal ausgewiesen ist, als Trainingsrevier. Via Internet locken die Biker Sportsfreunde von weit her in Wagners Revier, fahren abseits der Wege, ignorieren Schilder und Absperrungen. Immerhin habe sich jetzt ein Biker bei ihr gemeldet. Er verfüge über eine regelrechte Gefolgschaft. Und die Oberförsterin will jetzt das Gespräch aufnehmen und mit den Bikern nach Lösungen suchen.

    Auf der anderen Seite der Gefühlsskala sind die Unterrichtstunden im Wald mit Schülerinnen und Schülern der Real- und Fachoberschule Schwarzenberg. Die Privatschule ist ebenfalls im Schloss gleich neben Gaby Walters Büro untergebracht. Um 11 Uhr an diesem Vormittag zieht Gaby Walter einen Bollerwagen voller Holzarbeiter-Werkzeug und Anschauungsmaterial auf eine Waldlichtung und vermittelt jungen Leuten, was Holz wert ist, wie sie den Wert ermittelt, wie alles in der Natur zusammenhängt. Sie strahlt, antwortet geduldig auf Fragen.

    "Das macht Spaß. Da kann ich Missverständnisse klären und Begeisterung für den Wald und für Waldberufe wecken." Gaby Wagner, Oberförsterin

    Finalistin beim Wettbewerb "Deutscher Waldpreis"

    Gaby Wagner war neben zwei Männern Finalistin beim Wettbewerb "Deutscher Waldpreis" in der Kategorie "Förster/-in des Jahres" 2023. Am 06.07.23 wurden die Sieger unter der Schirmherrschaft von Bundesminister Cem Özdemir in Berlin bekanntgegeben und geehrt. Die Auszeichnung ist mit 2.000 Euro dotiert. Gaby Wagner hat am Ende nicht den Preis geholt. Förster des Jahres wurde Martin Janner aus Oberwallmenach südlich von Koblenz.

    "Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!