Ein ehemaliger Hausarzt aus Wemding soll Menschen entgegen deren Wunsch nicht gegen Corona geimpft und sie darüber nicht informiert haben.
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Ein ehemaliger Hausarzt aus Wemding soll Menschen entgegen deren Wunsch nicht gegen Corona geimpft und sie darüber nicht informiert haben.

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Impfbetrug? Keine Spur von angeklagtem Arzt

Im Juni war Prozessauftakt: Nicht gekommen ist der Angeklagte, ein ehemaliger Arzt aus Wemding. Er soll über 170 Patienten entgegen deren Wunsch nicht gegen Corona geimpft haben, und ihnen das nicht gesagt haben. Vor Gericht erschien er nicht.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Schwaben am .

Der 20. Juni 2023. Ein Dienstag. Großes Polizeiaufgebot im Landgericht Augsburg, auch viel Security ist vor Ort. An diesem Tag soll der Prozess gegen den angeklagten ehemaligen Hausarzt aus Wemding starten. Er ist unter anderem wegen vorsätzlicher Körperverletzung und wegen Betrugs angeklagt. Über 300 Mal soll er Patienten, die eigentlich eine Corona-Impfung wollten, keine Impfung beziehungsweise nur ein Placebo verabreicht haben. Gesagt hat er es den Patienten deren Aussage zufolge nicht: Sie seien in dem Glauben, jetzt geimpft zu sein, nach Hause gegangen. Anderen, die aus Prinzip keine Corona-Impfung wollten, aber dennoch den Nachweis einer Impfung im Impfpass wollten, soll er den Stempel im Impfpass verpasst haben - ohne sie zu impfen: Immerhin hätten sie ohne Nachweis mit zahlreichen Einschränkungen rechnen müssen. Abgerechnet habe er diese Impfungen allerdings schon, so die Anklage der Augsburger Staatsanwaltschaft.

Angeklagter Arzt erscheint nicht zum Prozess

Allein: Gekommen ist er nicht zum Prozess. Richter, Staatsanwaltschaft, seine beiden Anwälte, die Pressevertreter und Zuschauer: Alle haben sie gewartet, am Morgen dieses 20. Juni. Der Prozess wurde nach dem Fernbleiben des Angeklagten zunächst unterbrochen. Eine Polizeistreife wurde zum Haus des Angeklagten in Wemding geschickt, dort hielt er sich offenbar nicht auf. Seitdem wird nach dem inzwischen 74-Jährigen gefahndet. International, wie der Pressesprecher des Polizeipräsidium Schwaben Nord, Markus Trieb, bestätigt: " Aktuell wissen wir nicht, wo der Aufenthaltsort ist. Nichtsdestotrotz laufen die Ermittlungen dahingehend weiter. Wenn er gefasst wird, kommt er in Gewahrsam und man spricht mit der Justiz ab, wie das weitere Vorgehen ist. "

Arzt soll Verschwörungstheorien verbreitet haben

In Wemding können es einige Bürger hingegen kaum fassen, dass der ehemalige Hausarzt weiter auf freiem Fuß und verschwunden ist. Warum er nicht gleich, nach Bekanntwerden der Vorwürfe, festgenommen und hinter Gitter gebracht wurde, fragen einige. Die Staatsanwaltschaft ging damals von keiner Fluchtgefahr aus, deshalb durfte der Mann bis zu Prozessbeginn in Freiheit bleiben.

Einen "Wahnsinn" findet das eine Wemdingerin. Auch dass man offenbar keinerlei Handhabe habe um den "irgendwo aufzugabeln". In Wemding kursieren unterdessen zahlreiche Gerüchte: Der Mediziner habe selbst behauptet, Bunker oder Wohnungen in der Schweiz und in Schweden zu haben, heißt es, - als Sicherheit, gegen einen drohenden dritten Weltkrieg oder als Zufluchtsort bei "einem möglichen Angriff der Russen". Allerlei "Verschwörungstheorien" habe er verbreitet. Denen, die wegen einer Corona-Impfung zu ihm kamen, habe er geraten, sich "gleich einen Sarg auszusuchen", wenn sie sich impfen ließen. Er habe versucht, sie davon abzubringen, sie aber dann dennoch "geimpft" - oder besser gesagt: eine Impfung vorgetäuscht, so der Vorwurf.

Patienten: "Seltsam war das schon"

Patienten berichten, ihnen sei es schon seltsam vorgekommen, dass er sie "in den Hintern statt in den Arm" gespritzt habe. Das sei besser verträglich, habe er gesagt, heißt es von Patienten. Sie konnten dabei nicht sehen, ob überhaupt etwas gespritzt wurde. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der Mediziner den jeweiligen Impfstoff zwar mit der Spritze aufzog, den Inhalt der Spritze aber beispielsweise in einen Wattebausch entleerte oder "sonst zerstörte", wie es in der Anklage heißt. Um den Schein der Impfung aufrechtzuerhalten, habe er die Einstichstelle desinfiziert und die Nadel auch wirklich ins Gesäß gestochen. Damit habe er, so die Anklage, die körperliche Unversehrtheit der Patienten "nicht nur unerheblich" beeinträchtigt. Danach habe er die nur zum Schein erfolgte Impfung auch im Impfpass eingetragen.

Vorwurf: Arzt soll Hunderte Impfpässe gefälscht haben

Aufgefallen war so manchem Wemdinger außerdem, dass an manchen Tagen viele Autos mit fremden Kennzeichen vor der Praxis parkten. Es hatte sich unter "Impfgegnern" wohl herumgesprochen, dass hier der in diesen Zeiten für zahlreiche Dinge so wichtige Nachweis im Impfpass bei dem Arzt zu erhalten war, ohne sich impfen lassen zu müssen. Diese Prozesse wurden am Amtsgericht Nördlingen verhandelt. Dort gab es rund 80 Verfahren mit etwa 100 Angeklagten, die meisten mussten laut Gericht eine Geldstrafe zahlen. Der ehemalige Arzt unterdessen ist weiter auf freiem Fuß - die internationale Fahndung läuft. Laut dem Sprecher des Landgerichts Augsburg ist es übrigens nicht strafbar, wenn ein Angeklagter zum Prozess nicht erscheint. Wer die Kosten für den Aufwand trägt, muss am Ende das Gericht entscheiden.

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