Der Bundestagsabgeordnete Petr Bystron von der AfD im Bundestag, er stützt den Kopf auf zwei Finger. Bystron wird vorgeworfen, Gelder aus prorussischen Quellen angenommen zu haben.
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In der Kritik: Der Bundestagsabgeordnete Petr Bystron von der AfD

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Vorwurf der Korruption: AfD-Politiker Bystron in Erklärungsnot

Dem bayerischen AfD-Bundestagsabgeordneten Petr Bystron wird vorgeworfen, Gelder aus prorussischen Quellen angenommen zu haben. Die Parteispitze fordert Aufklärung. Der Listenplatz-Zweite der AfD für die Europawahl könnte den Wahlkampf erschweren.

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Der Vorwurf wiegt schwer: Der AfD-Politiker Petr Bystron soll russische Gelder über das Nachrichtenportal "Voice of Europe" erhalten haben. Das Medium gilt als Plattform für prorussische und populistische Propaganda. Immer wieder kamen bei "Voice of Europe" rechtsextreme Politiker aus verschiedenen europäischen Ländern zu Wort. Auch Bystron hatte dem Portal mehrere Interviews gegeben.

Tschechischer Geheimdienst besitzt wohl Tonbandaufnahmen

Der tschechische Geheimdienst BIS erhebt nun den Vorwurf, dass Bystron und andere Politiker für ihre Dienste bezahlt wurden. Tonbandaufnahmen des Geheimdienstes sollen das belegen. In den Gesprächen soll Bystron konkrete Details zur Geldübergabe besprochen haben. "Voice of Europe" hat seinen Sitz in Tschechien und wird laut Geheimdienst direkt vom russischen Staat finanziert.

Mehrere Kabinettsmitglieder der tschechischen Regierung bestätigten gegenüber dem tschechischen Portal "Deník N" die Echtheit der Aufnahmen. Das Blatt berichtete zuerst über die Vorwürfe. Auf der Gehaltsliste von "Voice of Europe" sollen Rechtspopulisten und Rechtsextreme aus Deutschland, Frankreich, Polen, Belgien, den Niederlanden und Ungarn stehen.

Schießtraining in Südafrika und enge Kontakte nach Russland

Dass Bystron enge Kontakte nach Russland besitzt, ist allgemein bekannt. Der AfD-Abgeordnete mit tschechischen Wurzeln wurde wegen enger Kontakte in die rechtsextreme Szene jahrelang vom Bayerischen Verfassungsschutz beobachtet. 2018 reiste er als außenpolitischer Sprecher der AfD dienstlich nach Südafrika und traf sich dort mit Mitgliedern eines rechtsextremistischen und rassistischen Vereins zum gemeinsamen Schießtraining. Im Bundestag wetterte Bystron zuletzt immer wieder als AfD-Obmann im Auswärtigen Ausschuss gegen die Ukraine-Politik der Bundesregierung. Dass er Teil eines russlandfreundlichen Propaganda-Netzwerks sein soll, hat jedoch eine neue Qualität.

Freundschaft mit dem prorussischen Hintermann der Plattform

Das rechtslastige Portal "Voice of Europe" soll über Mittelsmänner vom ukrainischen Unternehmer Wiktor Medwedtschuk gesteuert werden. Er gilt als prorussischer Putin-Vertrauter. Bystron ist mit Medwedtschuk befreundet, es gibt gemeinsame Bilder eines Besuchs des AfD-Abgeordneten bei Medwedtschuk, als dieser noch im Hausarrest in Kiew verweilte. Durch einen Gefangenenaustausch wurde der Unternehmer nach Moskau gebracht. Medwedtschuk steht auf der Sanktionsliste der EU. Und auch die von Tschechien aus agierende Internetplattform "Voice of Europe" wurde von der Regierung in Prag auf eine nationale Sanktionsliste gesetzt.

Der Name Bystron soll bei einer Kabinettsitzung der tschechischen Regierung gefallen sei. Ein nicht genanntes Regierungsmitglied sagte demnach unter Berufung auf den Inlandsgeheimdienst BIS mit Bezug auf Bystron, man könnte "die Übergabe von Geld als Audio belegen".

Tonbandaufnahmen schon bei deutschen Behörden?

Der tschechische Inlandsgeheimdienst BIS plant vorerst nicht, etwaige Audioaufnahmen im Fall um das prorussische Netzwerk "Voice of Europe" an die Öffentlichkeit zu bringen. Das sagte ein Sprecher des BIS in Prag. "Allgemein gilt, dass es sich um Geheimdienstmaterial handeln würde, das wir nicht veröffentlichen", so der Sprecher heute. Ebenso sei es unter Geheimdiensten nicht üblich, derartiges Material anderen Staaten zur Verfügung zu stellen. Im aktuellen Fall jedoch habe man den Kollegen eines deutschen Nachrichtendienstes "vergleichsweise umfangreiche Informationen" zukommen lassen.

Parteispitze fordert von Bystron eine Erklärung

Die Vorwürfe kommen zu einem ungünstigen Zeitpunkt für die AfD: Bystron, der von 2015 bis 2017 Landesvorsitzender der Bayern-AfD war und 2017 in den Bundestag gewählt wurde, plant derzeit den Sprung von Berlin nach Brüssel ins EU-Parlament. Da der 52-Jährige bundesweit auf Platz zwei der AfD für die Europawahl gelistet ist, herrscht Unruhe in der Parteispitze. In einem Brief des AfD- Bundesgeschäftsführers Hans-Holger Malcomeß an Bystron fordern die Bundessprecher Alice Weidel und Tino Chrupalla Bystron auf, die Vorwürfe auszuräumen. Im Brief der Parteichefs, der dem BR vorliegt, wird Bystron für die schriftliche Antwort eine Frist bis zum heutigen Donnerstag um 14 Uhr gegeben.

EU-Spitzenkandidat Krah: Bystron soll keine Wahlkampfauftritte absolvieren

Auch der AfD-Spitzenkandidat für die Europawahl Maximilian Krah setzt seinen Parteikollegen nun unter Druck: Bystron sollte "bis zur Klärung der im Raum stehenden Vorwürfe keine Wahlkampfauftritte absolvieren", sagt Krah, der ebenso wegen seiner russlandfreundlichen Politik in der Kritik steht, gegenüber dem Nachrichtenportal Welt.

Bystron: Kein Geld von "Voice of Europe" oder "irgendeinem Russen"

Bystron selbst bestreitet die Vorwürfe. Dass "Voice of Europe" zwischenzeitlich vom Netz genommen wurde, bezeichnete er als "eklatanten Angriff auf die Pressefreiheit", die Vorwürfe seien eine "Diffamierungskampagne". Der tschechische Geheimdienst müsse "die angeblichen Mitschnitte endlich veröffentlichen, damit Klarheit herrscht", so Bystron gegenüber der Nachrichtenagentur dpa. Im Antwortbrief an die AfD-Vorsitzenden Chrupalla und Weidel, der dem ARD-Hauptstadtstudio vorliegt, schreibt Bystron: "Zu keinem Zeitpunkt habe ich von einem Mitarbeiter von VoE (oder irgendeinem Russen) Geldzahlungen oder Kryptowährungen bekommen." Weiter spricht der AfD-Politiker von einer "globalistischen Kampagne" gegen ihn und andere Oppositionspolitiker in mehreren europäischen Ländern. Dass er Geld von den Russen genommen habe, um Putin-Propaganda zu betreiben, nennt Bystron – so wörtlich – "Blödsinn, dem ich entschieden widerspreche". Seine Theorie: Es werde "versucht, ein starkes Abschneiden von rechtspopulistischen Parteien in ganz Europa sowie die Bildung einer starken Fraktion zu verhindern". Bystron kündigt außerdem an, juristisch gegen die "Verleumdung" vorzugehen.

Generalstaatsanwaltschaft leitet Vorprüfung ein

Indessen hat die Generalstaatsanwaltschaft in München dem BR bestätigt, dass sie dem Vorwurf der Abgeordneten-Bestechung im Rahmen eines Vorprüfungs-Verfahrens nachgehe. Ob die bayerische Justiz mittlerweile in Besitz der Tonbandaufnahmen ist, konnte der Sprecher der Staatsanwaltschaft nicht bestätigen. "Um offizielle Ermittlungen beginnen zu können, bedarf es der Aufhebung der Immunität Bystrons", so der Sprecher. Für Fälle von Abgeordneten-Bestechung ist in Bayern das Oberlandesgericht München und somit die Generalstaatsanwaltschaft München zuständig.

Vorwürfe gegen Bystron ein Mühlstein für die Europawahl?

Die Causa Bystron ist eine weitere Hypothek für den ohnehin holprigen Wahlkampf der AfD zur EU-Wahl in Bayern. Der Wahlkampf laufe "hinten und vorne nicht", sagen engagierte Wahlkämpfer. Es fehlten Info-Flyer und Plakate. Wahlkampfstrategie, zentrale Themen, eine professionelle Koordination seitens des Bundesvorstandes oder des EU-Spitzenkandidaten Krah – alles nicht vorhanden, heißt es von enttäuschten Mitgliedern. Jeder kümmere sich vor Ort um seinen eigenen Wahlkampf. Nun auch noch die schwerwiegenden Vorwürfe gegen Bystron – das könnte Stimmen kosten, fürchten manche in der AfD.

Im Video: Vorwürfe gegen AfD-Politiker Bystron

Petr Bystron am Mikrofon in einem Plenarsaal
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Die Nummer Zwei auf der Kandidatenliste der AfD für die Europawahl, Petr Bystron, soll an russischen Desinformationskampagnen beteiligt sein.

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