Zwei Angeklagte und drei Anwälte im Gericht.
Bildrechte: BR/Anja Bischof

Sie wollten das Wohl des Patienten, doch dann unterlief ihnen ein fataler Fehler. Zwei Ärzte sind wegen fahrlässiger Tötung verurteilt worden.

Per Mail sharen
Artikel mit Audio-InhaltenAudiobeitrag

Urteil im Ärzteprozess: Geldstrafen für fahrlässige Tötung

Im Prozess vor dem Hofer Landgericht gegen zwei Ärzte wegen Körperverletzung mit Todesfolge ist das Urteil gefallen. Beide wurden wegen fahrlässiger Tötung zu Geldstrafen verurteilt. Die fragliche Operation liegt mehr als sechs Jahre zurück.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten Franken am .

Die beiden vor dem Landgericht Hof angeklagten Ärzte, ein Pneumologe und ein Urologe, sind am Mittwoch zu Geldstrafen verurteilt worden. Die Anklage hatte zunächst gemeinschaftliche Körperverletzung mit Todesfolge gelautet. In seinem Schlusswort nach sechs Verhandlungstagen setzte der Staatsanwalt die Anklage auf fahrlässige Tötung herab. Der ehemalige Leitende Oberarzt am Klinikum Hof muss 31.500 Euro zahlen, der Oberarzt 15.600 Euro. Es geht um 150 bzw. 120 Tagessätze. Die Anwälte der Ärzte hatten auf Freispruch plädiert, der Staatsanwalt hatte höhere Geldstrafen gefordert.

Stichflamme bei Operation

Beide Ärzte hatten im Februar 2017 in Hof eine Operation an einem Patienten durchgeführt. Dabei sollte ein Stent aus der Luftröhre des 47-Jährigen entfernt werden. Da dieses Silikonröhrchen mit einer Zange nicht geborgen werden konnte, entschlossen sich die Ärzte zu einer Teilung des Stents mit einem Laser - einer Operation, die in Hof noch nie durchgeführt wurde. Dabei kam es zu einer Verpuffung mit Stichflamme beim Laser, bei der der Patient so schwere Verletzungen erlitt, dass er vier Wochen später starb. Er hatte bei der Verpuffung heiße Luft eingeatmet, die seine Lunge und seinen Kehlkopf schwer beschädigte. Im Lauf des Prozesses, der am 12. September begonnen hatte, sollte geklärt werden, warum es zu der Verpuffung kam und ob sie die Todesursache war.

Reduktion der Sauerstoffzufuhr "schlicht vergessen"

Zahlreiche Zeugen, Gutachter und auch die Witwe des verstorbenen Patienten wurden in den insgesamt sieben Verhandlungstagen gehört. Während der Beweisaufnahme ging es vor allem darum, dass die Sauerstoffkonzentration bei der Beatmung des Patienten während der Operation nicht auf mindestens 40 Prozent reduziert worden war. "Das wurde schlicht vergessen", sagte der Staatsanwalt. Die Sauerstoffkonzentration von rund 80 Prozent ist nach Überzeugung der Richter der Grund für die Verpuffung. Beide Ärzte hätten daran denken müssen, heißt es in der Urteilsbegründung.

Ärzte wollten Luftröhrenschnitt vermeiden

Den Ärzten sei kein Vorsatz vorzuwerfen, führte der Vorsitzende Richter aus. Sie hätten das Wohl des Patienten im Sinn gehabt und wollten diesem einen erneuten, den insgesamt dritten Luftröhrenschnitt ersparen. Denn: Ein Luftröhrenschnitt war der Plan B für den Fall, dass der Stent nicht durch den Mund geborgen werden könnte. Der Laserschutzexperte habe demnach seinem Kollegen den Eingriff vorgeschlagen und die Durchführung angeboten. Der Pneumologe habe zuvor noch nie von einer Zerteilung eines Stents mittels Laser gehört, so sein Anwalt. Er willigte trotzdem in den Eingriff ein, der sofort begonnen wurde. Dabei kam es zu dem fatalen Fehler - niemand dachte an die Reduktion des Sauerstoffs. "Für uns ist das die Ursache der Verpuffung", betonte der Vorsitzende Richter.

Verzweifelter Kampf um das Leben des Patienten

Nach der Verpuffung wurde bei dem Patienten ein Luftröhrenschnitt gemacht und der Stent geborgen. Die Plastikteile der Ummantelung des Bronchoskops entfernten beide Ärzte gemeinsam in stundenlanger Arbeit. Doch der Schaden in der Lunge und im Kehlkopf war nicht mehr heilbar. "Alle Ärzte haben verzweifelt um das Leben des Patienten gekämpft", so der Vorsitzende Richter. Damit meinte er auch die Ärzte in Nürnberg, wohin der 47-Jährige später verlegt wurde. Der Vorwurf, dass dies zu spät geschehen sei, wurde im Verlauf des Prozesses entkräftet. Der Zustand des Patienten verschlechterte sich auch in Nürnberg immer weiter. Als klar wurde, dass auch in der Spezialklinik nichts mehr für ihn getan werden kann, stimmte dessen Ehefrau zu, die Geräte abzustellen. Er starb am Folgetag an Multiorganversagen.

Schlussworte der Ärzte

Die beiden Angeklagten fassten sich in ihren letzten Worten vor der Urteilsverkündung sehr kurz. "Es tut mir sehr leid und hat mich maximal bewegt", so der Leitende Oberarzt. Sein Kollege schloss sich mit den Worten an: "Der Patient hat eine vierwöchige Leidenszeit hinter sich, seine Frau leidet bis heute. Es tut mir wahnsinnig leid."

Die Ärzte haben nun eine Woche Zeit, gegen das Urteil Revision einzulegen.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!