Kräne vor neuen Wohnungen (Symbolbild)
Bildrechte: dpa-Bildfunk/Monika Skolimowska

Kräne vor neuen Wohnungen (Symbolbild)

Per Mail sharen
Artikel mit Bild-InhaltenBildbeitrag

Urteil erwartet: Mit Baugenossenschaft Anleger abgezockt

Am Landgericht Weiden geht ein großer Betrugsprozess zu Ende. 16.000 Anleger aus ganz Deutschland wurden von einer mittlerweile insolventen Wohnungsbaugenossenschaft um mehrere Millionen geprellt. Jetzt soll ein Urteil gesprochen werden.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus der Oberpfalz am .

Nach fünf Monaten geht am Landgericht Weiden am Donnerstag der Prozess gegen eine Frau (50), ihren Ehemann (55) und den Sohn der Frau (31) zu Ende. Sie sollen mit einer Wohnungsbaugenossenschaft mehr als 16.000 Anleger aus ganz Deutschland geprellt und damit mehr als 6,5 Millionen Euro eingenommen haben.

Die Staatsanwaltschaft fordert dafür jeweils einige Jahre Haft. Das Urteil wird am Nachmittag erwartet.

Mit staatlichen Förderungen gelockt

Die 2018 gegründete Wohnungsbaugenossenschaft generierte über Vertriebspartner viele Datensätze über das Internetportal "Foerderhelden.de". Dabei versprachen sie schnelle und kostenfreie staatliche Förderungen, die es abzuschöpfen gebe. Mit dem Eintragen der Daten in das Online-Formular aber traten die Anleger der Weidener Wohnungsbaugenossenschaft bei. Viele hätten nicht kapiert, um was es da genau gehe, sagte der Staatsanwalt in seinem Schlussvortrag.

Ein Beitritt zur Genossenschaft sei verschleiert worden. Eine qualifizierte Unterschrift für den wirksamen Beitritt zur Genossenschaft habe allerdings gefehlt, sowohl elektronisch, als auch schriftlich. Damit fehle auch ein wirksamer Vertrag und Beitritt zur Genossenschaft.

Gewerbs- und bandenmßigen Betrug

Ein Anwalt wies die Angeklagten im Mai 2020 auf die Problematik hin. Dennoch forderten die Angeklagten von den Arbeitgebern der Anleger knapp zwei Jahre lang vermögenswirksame Leistungen ein. Bis es vor exakt zwei Jahren zu Durchsuchungen und der U-Haft kam.

Die Staatsanwaltschaft sieht darin einen gewerbs- und bandenmäßigen Betrug und fordert für die 50-Jährige sechs Jahre und drei Monate Haft. Ihr Sohn (31), der für die IT und die automatisierten Prozesse in der Genossenschaft zuständig war, soll nach dem Willen des Staatsanwalts für vier Jahre und drei Monate und Haft und für den Ehemann forderte Staatsanwalt Wolfgang Voit eine Haftstrafe von vier Jahren. Alle drei hatten im Laufe des Prozesses im Rahmen einer Verständigung zwischen Verteidigung, Gericht und Staatsanwaltschaft ein Geständnis abgelegt.

Verteidigung will mildere Strafen

Durch die Beweisaufnahme ließ die Staatsanwaltschaft den zunächst angeklagten Vorwurf der Untreue fallen sowie auch den Vorwurf, dass die Genossenschaft nur zum Zweck widerrechtlicher Einnahmen von Anlegern gegründet worden war.

Die Verteidiger plädierten für die Ehefrau auf eine Haftstrafe von fünfeinhalb Jahren, für den Sohn fordern sie eine Freiheitsstrafe von maximal drei Jahren und neun Monaten und für den Ehemann maximal dreieinhalb Jahre Haft.

Verlorene bürgerliche Existenz

Alle sechs Anwälte betonten die sozialen Begleiterscheinungen des Prozesses für die Familie. Das Ehepaar hat einen Sohn im Grundschulalter, der inzwischen beim Kindermädchen lebt und sich von seinen Eltern während der fast zwei Jahre andauernden Untersuchungshaft völlig entfremdet habe. Durch die Verständigung vor Gericht konnte der Vater und Ehemann die Untersuchungshaft im Dezember zwar verlassen, der Sohn aber wolle keinen Kontakt zu ihm haben.

Zudem plädierten die Anwälte dafür, dem Ehepaar keine Einziehung als Wertersatz in Millionenhöhe aufzuerlegen. Durch hohe Provisionen an Vertriebspartner oder private Ausgaben ist das eingenommene Geld weg, die Wohnungsbaugenossenschaft ist insolvent. Deshalb fordert die Staatsanwaltschaft von dem Ehepaar jeweils fünf Millionen Euro als Ersatz für das erlangte und ausgegebene Geld, von dem Sohn mehr als 320.000 Euro.

Doch Rechtsanwalt Michael Haizmann wies auf die verlorene bürgerliche Existenz des Ehemannes durch das Verfahren hin mit den Worten "Auch ein Rechtspfleger der Staatsanwaltschaft wird einem Nackerten nicht in die Tasche greifen können".

Prozess geht zu Ende

Fast exakt zwei Jahre, nachdem die Ermittler mehrere Objekte der Genossenschaft und das Privathaus des Ehepaares durchsucht haben und die U-Haft für die Angeklagten begann, geht der Prozess nun zu Ende.

Die 50-Jährige sagte zum Schluss des Prozesses, es tue ihr von Herzen leid für die Anleger, die geschädigt worden seien. Ihre größte Strafe aber habe sie durch die Entfremdung ihres Kindes bereits bekommen. Sie ist vierfach vorbestraft, weitgehend einschlägig. Ihr Ehemann schloss sich den Worten seiner Frau an. Der Sohn der Frau (31) entschuldigte sich vor Gericht. Er bereue zutiefst, dass er damals nicht anders gehandelt habe.-

Zum Video: 20.000 Anleger geprellt - Oberpfälzer Familie auf der Anklagebank

Tausende Anleger soll eine Oberpfälzer Familie mit Genossenschaftsanteilen betrogen und damit einen zweistelligen Millionen-Schaden angerichtet haben. Vor fünf Monaten begann der Prozess gegen das Ehepaar und den Sohn am Landgericht Weiden.

Die Angeklagten vor dem Landgericht Weiden.
Bildrechte: BR
Artikel mit Video-InhaltenVideobeitrag

Die Angeklagten vor dem Landgericht Weiden.

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!