Die Angeklagten mit ihren Anwälten vor Gericht
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Drei Oberpfälzer sollen mehr als 20.000 Anleger in ganz Deutschland geprellt haben. Jetzt wird ihnen am Landgericht Weiden der Prozess gemacht.

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Prozessauftakt in Weiden: Bundesweit 20.000 Anleger geprellt

Mit Schwindeleien um eine ominöse Wohnungsbaugenossenschaft soll eine Familie aus der Oberpfalz mehr als 20.000 Anleger aus ganz Deutschland um ihr Geld gebracht haben. In einem Mammutprozess will das Landgericht Weiden den Fall jetzt aufarbeiten.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Niederbayern und Oberpfalz am .

Drei Oberpfälzer sollen mehr als 20.000 Anleger in ganz Deutschland geprellt und das eingenommene Geld in die eigene Tasche gesteckt haben. Im Raum steht eine Summe von 13,5 Millionen Euro. Jetzt wird ihnen am Landgericht Weiden der Prozess gemacht.

Familie auf der Anklagebank

Bei den Angeklagten handelt es sich um eine 50-Jährige aus dem Landkreis Neustadt/Waldnaab, ihren 54 Jahre alten Ehemann und den 30-jährigen Sohn der Frau. Die Frau war Vorständin der "WSW Wohnsachwerte eG" mit Sitz in Weiden. Ihr Ehemann fungierte als Aufsichtsratsvorsitzender und der 30-Jährige soll sich laut Anklage der Staatsanwaltschaft Weiden um Verwaltung und IT der Genossenschaft gekümmert haben. Ihnen wird gewerbs- und bandenmäßiger Betrug sowie Untreue vorgeworfen.

Kundenakquise via Online-Plattform

Über verschiedene Wege akquirierte die Genossenschaft Mitglieder in ganz Deutschland. Zum Beispiel über persönliche Vermittler, aber auch Callcenter-Anrufe. Oder aber über das Internetportal "Förderhelden.de", das eine beauftragte Firma für die Genossenschaft entwickelte. Auf der Plattform wurde für eine staatliche Förderung geworben, die man kostenfrei und einfach erhalten könne. Dazu war die Eingabe von persönlichen Daten und denen des jeweiligen Arbeitgebers notwendig.

Anleger sollen getäuscht worden sein

Die Staatsanwaltschaft wirft den Angeklagten vor, dass die Anleger nicht wussten, dass sie mit Eingabe der Daten der Genossenschaft "WSW Wohnsachwerte eG" beitraten. Auch die Arbeitgeber sollen getäuscht worden sein, da sie nicht wussten, dass ihre Arbeitnehmer dieser Genossenschaft gar nicht beitreten wollten.

Die Arbeitgeber sollen aufgefordert worden sein, vermögenswirksame Leistungen an die Genossenschaft zu zahlen. Knapp 21.000 Anleger in ganz Deutschland wurden auf diese Art und Weise Mitglieder und zahlten in die Genossenschaft ein. Bei über 40.000 Personen blieb es beim Versuch.

Nur eine Wohnung wurde gekauft

So kamen zwischen 2018 und März 2022 insgesamt 13,5 Millionen Euro auf die Konten der Genossenschaft. In den Wohnungsbau – den eigentlichen Zweck der Genossenschaft – floss davon allerdings kaum etwas. Lediglich eine Wohnung kauften die Angeklagten in Weiden, mit einem Kaufpreis von 78.000 Euro. Über ein System aus hohen Provisionen soll Geld aus der Genossenschaft entnommen worden sein. Ein großer Teil soll in die Taschen des Ehepaares und des Sohnes der Frau geflossen sein. Damit sollen sie einen aufwändigen Lebensstil gepflegt haben - inklusive Luxus-Uhren, Autos und Reisen.

In der Anklage wird die Frau als Koordinatorin und Hauptakteurin beschrieben. Das Anwerben der Mitglieder soll das Trio bewusst irreführend gestaltet haben, Zweck sei gewesen, maximale Einnahmen zu generieren.

Diverse Anträge zu Prozessbeginn - Fortsetzung im November

Kurz nach dem Beginn der Verhandlung wurde diese aber bereits wieder unterbrochen. Ein Verteidiger hatte einen Antrag gestellt, die Anklage nicht zu verlesen. Bei der Übermittlung an die Verteidiger hätte die notwendige Form nicht gestimmt, begründete er. Die Anklage wurde elektronisch ohne Signatur unter anderem mit Zip-Dateien verschickt.

Das Gericht räumte einen Zustellungsmangel ein, übergab Verteidigern und Angeklagten jeweils die 1.100 Seiten Anklage in beglaubigter Papierform. Dennoch erbaten sich die Verteidiger eine erneute Einlassungsfrist zur Anklage von zwei Wochen, um Stellung zur Anklage zu nehmen. Der erste Prozesstag ist bereits zu Ende, er war geprägt von viel Formellem unter Juristen.

Beschuldigte Frau will aussagen

Der Verteidiger der 50-jährigen Angeklagten kündigte eine Aussage der Frau an. Zuvor wurde außerdem ein Beschluss des Landgerichts Regensburg verlesen. Darin bekräftigten die Richter, dass der Prozess nicht vor der Wirtschaftsstrafkammer in Regensburg stattfinden müsse, sondern am Landgericht Weiden verhandelt werden könnte. Ein weiterer Verteidiger kündigte einen Antrag wegen funktioneller Unzuständigkeit des Weidener Gerichts an. Er will also erneut, dass eine Wirtschaftsstrafkammer in Regensburg die Sache verhandelt, nicht das Landgericht Weiden, das seiner Meinung nach nicht zuständig sei.

Anklageschrift mit 1.100 Seiten

Für den Prozess am Landgericht Weiden sind mehr als 30 Verhandlungstage bis in den Februar angesetzt. Allein die Anklageschrift umfasst gut 1.100 Seiten. Jedem Angeklagten stehen zwei Verteidiger zur Seite. Das Landgericht hat angesichts der langen Verfahrensdauer einen Ersatz-Richter und einen Ersatz-Schöffen bestellt. Das Ehepaar sitzt seit einer Razzia im März 2022 in U-Haft. Der Sohn der Frau wurde wenige Monate später wieder aus der Haft entlassen.

Tausende Anleger soll eine Oberpfälzer Familie mit Genossenschaftsanteilen betrogen und damit einen zweistelligen Millionen-Schaden angerichtet haben. Heute begann der Prozess gegen das Ehepaar und den Sohn am Landgericht Weiden.
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Tausende Anleger soll eine Familie mit Genossenschaftsanteilen betrogen und damit einen zweistelligen Millionen-Schaden angerichtet haben.

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