Das "Landhotel Miethaner" im Kreis Regen
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Das "Landhotel Miethaner" im Kreis Regen

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Unterkunft im Hotel: Geflüchtete aus der Ukraine statt Urlauber

Das "Landhotel Miethaner" beherbergt seit Kriegsbeginn Ukrainerinnen und ihre Kinder. Es ist nicht die einzige Urlauberunterkunft im Bayerischen Wald, die "umgestellt" hat. Auf der Suche nach Unterkünften werden die Landkreise immer kreativer.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Niederbayern und Oberpfalz am .

Eigentlich wollte Hotelbesitzerin Andrea Schwarzmüller nach den Coronajahren einen Neustart für ihr Landhotel, das idyllisch am Höllensteinsee im Landkreis Regen liegt. Ein Umbau war geplant und ein neues Café mit Bootsverleih. Doch am 18. März 2022 stand der Rotkreuzchef der Region vor der Tür, mit der inständigen Bitte, einen ganzen Bus mit mehr als 50 geflüchteten Frauen und Kindern aus der Ukraine - wenigstens für ein paar Tage - aufzunehmen.

Der Bus war schon unterwegs, kam eine halbe Stunde nach Mitternacht an. "Ich selbst war in der Situation die Naivste von allen und dachte, die bleiben zwei Wochen, dann ist dieser Krieg vorbei und an Ostern füllen wir hier ganz normal unser Hotel wieder mit Feriengästen," sagt Hotelbesitzerin Andrea Schwarzmüller.

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Stattdessen sagte die Hotelchefin später allen Touristen ab, die gebucht hatten. Nicht alle reagierten darauf mit Verständnis. Ein Paar drohte sogar mit einem Rechtsanwalt, weil das Landhotel ihnen den geplanten Urlaub "vermiest" habe. Aber es war bald klar, dass nur ein Teil der Frauen und Kinder in anderen Unterkünften oder Mietwohnungen der Region unterkommen können. Denn davon gibt es im Bayerischen Wald, genau wie in allen anderen Regionen, immer weniger.

Mietvertrag jetzt unbefristet

Niemand weiß, wann die Frauen und Kinder, deren Männer in der Ukraine und im Krieg geblieben sind, wieder heimkehren können. Das Landhotel hatte zunächst einen Mietvertrag bis September 2022 unterschrieben. Inzwischen sind die 20 Zimmer, die teils mit Küchen ausgestattet sind, als kleine Wohnungen an 16 Erwachsene mit 14 Kindern und einem Baby vermietet. Das Jobcenter zahlt die Miete und auch in der großen Hotelküche dürfen die Frauen kochen. Andrea Schwarzmüller hilft bei Behördenbriefen, bei Fahrten zum Arzt, ist auch Seelentrösterin. Es sei eine gute Gemeinschaft entstanden, sagt sie, und sie wolle die Frauen nicht einfach vor die Tür setzen:

"Man kann diese Menschen nicht sitzen lassen. Immer nur zu sagen, das geht mich nichts an – davon wird die Welt nicht besser." Andrea Schwarzmüller, Hotelbesitzerin

Reich wird das Landhotel durch die Vermietung nicht, versichert die Besitzerin. Sie habe sich vorher keinen Porsche gekauft und werde auch nachher keinen Porsche kaufen können. Das Jobcenter zahle die Wohnungsmiete, die aber "nur einen Bruchteil des Hotelübernachtungspreises" ausmacht, so Schwarzmüller. Die Hotelbesitzerin arbeitet zusätzlich als Angestellte in einem Café. Sie will ihr Landhotel auf jeden Fall wieder für Touristen öffnen, wenn der Ukrainekrieg vorbei ist. "Ich brenne für den Tourismus," sagt sie.

Nicht die einzige umfunktionierte Urlauberunterkunft der Region

Im Landkreis Regen gibt es noch ein zweites Hotel und mehrere andere touristische Unterkünfte, die inzwischen Geflüchtete beherbergen. Der Landkreis sucht fast laufend nach größeren geeigneten Häusern und in einer Urlaubsregion wie dem Bayerischen Wald bieten sie sich dafür an. Denn sie sind fertig eingerichtet, erfüllen die Kriterien für Unterkünfte:

"Das sind Ferienwohnungen, die uns angeboten werden, oder Pensionen. Es sind zum Teil Häuser, die nicht mehr vermieten, weil die Nachfolgefrage nicht geklärt ist oder weil der Standard nicht mehr so ist, dass man mithalten kann. Da gibt es unterschiedliche Gründe." Landrätin Rita Röhrl, Landkreis Regen

Der Landkreis ist wie alle Landkreise froh um geeignete Angebote. Der Bedarf nach Unterkünften, heißt es zum Beispiel von der Regierung der Oberpfalz, sei "weiterhin dringend und hoch." Denn die Geflüchtetenzahlen steigen in ganz Deutschland.

In ganz Niederbayern leben momentan zum Beispiel rund 15.000 Ukraineflüchtlinge, in der Oberpfalz rund 13.400. Dazu kommt die Zahl an Asylbewerbern aus anderen Ländern. In Niederbayern leben momentan rund 8.200 Asylbewerber in staatlichen Unterkünfte, in der Oberpfalz rund 9.500. Man will die Menschen aber möglichst nicht mehr - wie in der Flüchtlingskrise 2015/2016 - in Turnhallen oder anderen absoluten Notunterkünften unterbringen.

Fehlbeleger und Asylbewerber ohne Anerkennung verschärfen die Lage

Was die staatlichen Unterkünfte füllt, sind außerdem sogenannte "Fehlbeleger", also Asylbewerber, die bereits anerkannt sind, aber draußen auf dem freien Markt einfach keine Mietwohnung finden und deshalb in den Unterkünften bleiben. Außerdem gibt es Asylbewerber, deren Antrag durch alle rechtlichen Instanzen abgelehnt wurde. Trotzdem können sie manchmal nicht abgeschoben werden, zum Beispiel, weil die Identität ungeklärt ist und das Herkunftsland nicht an dieser Klärung mitarbeitet. In manche Krisengebiete wie den Iran oder Afghanistan wird aktuell niemand abgeschoben.

Mietwohnungen sind knapp

Geflüchtete aus der Ukraine brauchen dagegen grundsätzlich keinen Asylantrag zu stellen. Sie müssten auch nicht in großen Unterkünften leben, sondern könnten sich Mietwohnungen suchen. Doch deren Zahl ist begrenzt, gerade auch in ländlichen Regionen, wo die meisten Menschen im eigenen Haus leben. Deshalb suchen die Landkreise zunehmend auch für geflüchtete Ukrainer nach größeren Unterkünften.

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Hotelbesitzerin Andrea Schwarzmüller (Mitte) mit zwei Ukrainerinnen

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