Eine Mitarbeiterin der Caritas verteilt am Münchner Hauptbahnhof an Flüchtlinge aus der Ukraine Essen und Getränke.
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Eine Mitarbeiterin der Caritas verteilt am Münchner Hauptbahnhof an Flüchtlinge aus der Ukraine Essen und Getränke.

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Freiwillige Asylhelfer in Bayern - Müde und alleingelassen

Ohne Ehrenamtliche wäre die Betreuung von Geflüchteten und Asylbewerbern in Bayern nicht zu stemmen. Doch vielerorts nimmt die Zahl ehrenamtlicher Flüchtlingshelfer ab. Sie seien ausgebrannt und frustriert, warnen Helferkreise und die Caritas.

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Peter Busch ist 69 Jahre alt und Rentner. Dennoch hat er einen Full-Time-Job. Seit über fünf Jahren engagiert er sich in Germering bei München ehrenamtlich bei der Caritas als Flüchtlingshelfer, rund 40 Stunden die Woche. Mit einem harten Kern von fünf Ehrenamtlichen betreut Busch mehr als 200 Geflüchtete. "Wenn wir nicht mehr arbeiten, wenn wir das krass reduzieren auf das übliche Maß eines Ehrenamtlichen, dann würde hier einiges zusammenbrechen", beschreibt er die aktuelle Situation.

Ehrenamtliche Helfer: "Wir ersticken in der Papierflut"

Er hilft bei der Wohnungs- und Arbeitssuche, beim Beantragen von Asylleistungen und Aufenthaltstiteln. Früher, so erzählt er, sei er mit erwachsenen Geflüchteten schon mal ins Theater gegangen. Doch das sei "völlig unmöglich geworden, weil wir einfach in der Papierflut ersticken". All der Papierkram gehe an die Substanz der Helfer, sagt Busch, "weil die Leute eigentlich etwas anderes machen wollen und weil sie Probleme haben, die Formulare, um die es da geht, zu verstehen".

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Ressourcen bei Caritas und Landratsämtern am Limit

Das sind Verwaltungstätigkeiten, für die eigentlich Hauptamtliche der Caritas oder in den Landratsämtern zuständig wären. Das Problem: Auch dort sind die Ressourcen am Limit. Zwar sei Personal in diesem Bereich erheblich aufgebaut worden, "bis an die Grenzen des finanziell Vertretbaren", sagt Thomas Karmasin, Präsident des Bayerischen Landkreistags und CSU-Landrat in Fürstenfeldbruck. Doch dies lasse sich "jetzt zusätzlich nicht mehr ausweiten, auch weil wir die Fachkräfte auf dem Markt ja gar nicht finden".

Zahl der Flüchtlinge liegt über dem Niveau von 2016

Circa 218.000 Flüchtlinge sind in diesem Jahr bereits nach Bayern gekommen. Laut Innenministerium liegt diese Zahl über dem Niveau von 2016, als die so genannte Flüchtlingskrise akut war. Landrat Thomas Karmasin kritisiert: "Wir sind im Moment völlig damit überlastet, die Menschen, die wir Woche für Woche vor die Tür gestellt bekommen, einfach so unterzubringen, dass sie schlicht nicht erfrieren und nicht verhungern."

Viele Ehrenamtliche wissen um die prekäre Lage auf den Ämtern, dennoch wünschten sie sich mehr wohlwollende Zusammenarbeit, sagt Susann Liebe vom Helferkreis Zolling im Landkreis Freising. Noch immer würde von Behörden nicht gesehen, dass man unterstützen und das System entlasten wolle, schildert sie ihre Eindrücke. Die Caritas fordert Städte und Landkreise deshalb auf, Anlaufstellen für Ehrenamtliche zu schaffen und die Zusammenarbeit zu verbessern.

Viele Freiwillige haben das Gefühl, nichts bewirken zu können

Die Herausforderungen wachsen, aber die Zahl ehrenamtlicher Helfer gehe vielerorts stark zurück, beobachtet Claire Ruminy, zuständig für die Ehrenamtskoordination bei der Caritas München. Viele freiwillige Helfer hätten aufgegeben, weil sie das Gefühl haben, nichts bewirken zu können. Ältere Helfer, die vor Corona aktiv waren, seien beispielsweise nach der Pandemie nicht wiedergekommen.

Andererseits hätten sich viele Helferkreise professionalisiert und geben ihr Know-How weiter, sagt Liebe: "Es ist unglaublich, wie viele nette, hilfsbereite Menschen ich kennenlernen durfte unter den Helfern. Wie viel Gastfreundschaft und wie viel Miteinander hier entstanden ist, das ist sehr ermutigend." Und genau das motiviert die ehrenamtliche Flüchtlingshelferin, trotz allem weiterzumachen.

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