Der Angeklagte verdeckt im Gerichtssaal sein Gesicht
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Der Angeklagte verdeckt im Gerichtssaal sein Gesicht – er soll einen Mann dazu gezwungen haben, von einer Brücke in den Main zu springen.

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Tödlicher Brückensturz bei Wörth: 13 Jahre Haft für Angeklagten

Im Prozess um den Todessprung in den Main ist ein Urteil gefallen: Das Landgericht Aschaffenburg verurteilt den 35-jährigen Angeklagten zu 13 Jahren Gefängnis. Er soll einen Mann dazu gebracht haben, von einer Brücke ins eiskalte Wasser zu springen.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Mainfranken am .

Eines machte der vorsitzende Richter am Landgericht Aschaffenburg in seiner Urteilsverkündung deutlich: Er sei schockiert von den menschlichen Abgründen, die sich bei den Geschehnissen um den 17. Februar 2022 im unterfränkischen Wörth am Main aufgetan haben. In einer kalten Februarnacht soll ein 35-Jähriger einen 30-jährigen Mann aus Wörth so lange bedroht haben, bis dieser in den eiskalten Main sprang – alles vor laufender Handykamera.

Das Landgericht Aschaffenburg hat ihn nun wegen Totschlags und gefährlicher Körperverletzung verurteilt. Mord konnte ihm nicht nachgewiesen werden. Das Gericht berücksichtigte dabei, dass der Angeklagte leicht alkoholisiert war und unter dem Einfluss von Cannabis stand. Außerdem leide er unter einer dissoziativen Persönlichkeitsstörung.

Leiche wurde erst Wochen später in einer Schleuse gefunden

Am Abend des 17. Februar 2022 waren bei der Polizei Hinweise eingegangen, dass ein Mann in den Main gestürzt ist. Von ihm fehlte zunächst jede Spur. Erst rund drei Wochen später fand ein Mitarbeiter des Kraftwerks Kleinwallstadt im Landkreis Aschaffenburg die Leiche – sie trieb in der Main-Schleuse.

Beschuldigter räumte Tat ein – zumindest teilweise

Als tatverdächtig stellte sich ein 35-jähriger Bekannter des Mannes heraus, der den Mann zum Sprung animiert haben soll. Der Beschuldigte war etwa eine Woche nach der Tat in Rheinland-Pfalz festgenommen worden. Im Verlauf des Prozesses räumte der Mann Teile der Tat ein. Er ließ durch seinen Verteidiger erklären, seinen Bekannten im Februar getroffen, ihn gegen den Kehlkopf geschlagen und zum Eintauchen in den 6,7 Grad kalten Main gebracht zu haben – zumindest bis zur Brust. Darauf bezog sich der Schuldspruch auf gefährliche Körperverletzung. Der Angeklagte gab an, dass er nicht damit gerechnet habe, dass der Mann daraufhin in den Main springen würde.

Urteil: Totschlag in mittelbarar Täterschaft

Das 30-jährige Opfer war dem Angreifer körperlich deutlich unterlegen und habe deshalb laut Einschätzung des Landgerichts alles getan, was der 35-jährige Angeklagte von ihm befahl. Außerdem verurteilte die Kammer den Angeklagten wegen Totschlags in mittelbarer Täterschaft, weil er den Geschädigten gezwungen haben soll, von der Brücke zu springen.

Männer kannten sich von gemeinsamer Zeit in JVA

Tatmotiv war laut Einschätzung des Schwurgerichts in erste Linie Rache. Das Opfer schuldete einer Bekannten des Angeklagten offenbar Geld. Beide Männer kannten sich von einer gemeinsamen Zeit in der Jugendvollzugsanstalt, in der sie jeweils eine Strafe verbüßten. Schon zu dieser Zeit soll es zu mehreren Zwischenfällen zwischen den Männern gekommen sein.

Chatverläufe zeugen von den Abgründen der Tat

Das Gericht geht davon aus, dass dem Angeklagten klar gewesen sein muss, in welche Gefahr er den Geschädigten mit seinem Handeln brachte. Dafür spräche auch der Chatverlauf mit einer Zeugin, der er kurz nach der Tat schrieb, dass die Brücke 16 Meter hoch war – mutmaßlich um ihr zu imponieren. Er nahm also laut Einordnung des Schwurgerichts zumindest billigend in Kauf, dass der Geschädigte sterben könnte.

Angeklagter nimmt Urteil regungslos hin

Am Tag der Urteilsverkündung versteckte der Angeklagte sein Gesicht anfangs hinter einer Mappe. Die legte er erst ab, als die Kameras den Saal verlassen hatten. Das Urteil nahm er regungslos hin. Auch nach der Urteilsverkündung blieb er emotionslos. In der Urteilsbegründung las der Richter unter anderem alte Chatverläufe nochmals vor, die zum Teil aus der Tatnacht stammen.

Laut Einschätzung des Richters sei der Angeklagte bei der Tat frustriert von sich und der ganzen Welt gewesen. Der Richter machte des Weiteren deutlich, dass die polizeiliche Ermittlung durch mangelnde Kooperation der Zeugen und das Streuen von Gerüchten deutlich erschwert worden sei.

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