Rothirsch frisst Bucheckern

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Steingaden: Waldbesitzer streiten mit Jägern um Wildfütterung

Wildtierfütterung ist laut Gesetz nur in Notzeiten erlaubt. Im Landkreis Weilheim-Schongau sieht ein Jäger auch diesen milden November als Notzeit – und verursacht einen Streit. Denn Waldbesitzer sind aufgebracht. Von Jutta Schilcher

Über dieses Thema berichtet: Bayern.

In Steingaden im oberbayerischen Landkreis Weilheim-Schongau liegt kaum Schnee als eine Gruppe von Waldbesitzern im Wald unterwegs ist. Es ist mild. Also kein Wetter, bei dem Wild der Hungertod droht. Trotzdem stößt die Gruppe von Waldbesitzern auf gut gefüllte Futterplätze.

Wildtierfütterung nur in Notzeiten

Dabei dürfe Wild laut Gesetz nur in Notzeiten gefüttert werden. Das heißt: wenn das Wild längerfristig nicht mehr an natürliche Äsung – sprich Nahrung – kommt. Und das ist jetzt, im milden November, definitiv nicht der Fall. Das sagt auch die Forstverwaltung.

Die Waldbesitzer rund um Steingaden sind aufgebracht, seit Jahren macht ihnen der viel zu hohe Wildbestand zu schaffen. Laut Forstamts-Mitarbeiter Ludwig Rabl ist der Wildbestand in den Wäldern rund um die weltbekannte Wieskirche in Oberbayern 30- bis 40-fach zu hoch. Er sagt: "unnatürlich hoch".

Waldbesitzer klagen über zu hohen Wildbestand

Die Waldbesitzer versuchen, ihre Wälder, in denen vor allem Fichten stehen, allmählich in standortgerechte Bergmischwälder umzuwandeln. Dafür pflanzen sie selbst Bäume – doch die haben keine Chance - berichtet Waldbesitzerin Barbara Kirchmayr.

"Da ist man enttäuscht … da geht man tagelang in den Wald raus und pflanzt die Bäume und dann ist das umsonst, das ist traurig."

Barbara Kirchmayr, Waldbesitzerin

Streit, weil ein Jäger das Wild trotzdem füttert

Ihre Wälder liegen in einem ausgewiesenen Rotwildgebiet. Das heißt: Bei bitterer Kälte und großem Futtermangel dürfte hier auch mal ein Hirsch gefüttert werden. Aber nicht zum jetzigen Zeitpunkt und nicht mit dem, was der stark kritisierte Jäger in dem Gebiet in den Wald legt: zum Beispiel Mais-Silage oder Karotten.

Im Bayerischen Rundfunk will er sich zu den Vorwürfen nicht äußern, doch am Telefon verrät er seine Überzeugung: Leckereien für das Wild würden dieses davon abhalten, frische Triebe aufzufressen. Forstamts-Mitarbeiter Ludwig Rabl widerspricht:

"Wenn sehr energiereich und sehr eiweißreich gefüttert wird, dann versucht das Tier, den Pansen-Inhalt wieder auszugleichen und muss vermehrt auch Rohfaser aufnehmen, damit einfach die Pansen-Zusammensetzung wieder stimmt und dann wird vermehr geschält."

Ludwig Rabl, Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Weilheim

Das heißt: Das Wild frisst Rinde, damit im Wiederkäuermagen wieder alles ins Lot kommt.

Massive Schäden im Wald durch Wildtiere

Die massiven Waldschäden durch zu viel Wild gibt es in Steingaden seit Jahrzehnten. Gespräche mit dem Jäger hätten nichts gebracht. Er sei uneinsichtig, sagen die Waldbesitzer. Sie haben deshalb inzwischen zu anderen Mitteln gegriffen – und den Jäger schon drei Mal angezeigt. Viel gebracht hat es bisher nicht.

Auch eine Landtagsanfrage der Grünen vom Juni 2016 belegt mehrere Fälle von missbräuchlicher Fütterung im Landkreis Weilheim-Schongau. 

Der Bayerische Jagdverband spricht bei dem Thema von Einzelfällen, die verfolgt werden müssten.

Jäger sieht Notzeit "im Prinzip das ganze Jahr"

Der Jäger, der so stark in der Kritik steht, fühlt sich im Recht. Notzeit, so schreibt er dem Bayerischen Rundfunk, sei "im Prinzip das ganze Jahr", seine Fütterungen sieht er als "Nahrungsergänzung". Die Waldbesitzer haben eine klare Vermutung, warum Jäger jede Menge Futter in den Wald bringen. Gut gefüttertes Wild hat schöneres Geweih.

"Jeder Jäger will das größte, das beste, die größte Trophäe haben."

Franz Seelos, Waldbesitzer