Friedrich Merz (CDU-Vorsitzender), Markus Söder (Ministerpräsident Bayern und CSU-Vorsitzender), Boris Rhein (Ministerpräsident Hessen), auf dem Weg zur Pressekonferenz.
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Bei einer gemeinsamen Präsidiumssitzung haben die Spitzen von CDU und CSU die sogenannte "Agenda für Deutschland" beraten

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Söder und Merz in München: "Wir kritisieren nicht nur"

CSU und CDU wollen nicht nur Ampel-Basher sein. Beim Spitzentreffen in München beschließen sie harmonisch eine "Agenda für Deutschland". Darin geht es um wirtschaftliche Entlastungen - und um Migration.

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Wäre Friedrich Merz Vegetarier, er wäre womöglich hungrig geworden im Lauf seines München-Besuchs. Der CDU-Chef wurde von Markus Söder mit Würsten geradezu überhäuft: abends Grillwurst, morgens Weißwurst.

Aber Merz ist kein Vegetarier, und deshalb ging das Bewirtungskonzept in jeder Hinsicht auf. Merz widerspricht jedenfalls nicht, als Söder das Miteinander der Unionspolitiker als "menschlich exzellent" lobt und ebenso die "exzellente Zusammenarbeit".

Herausgekommen ist eine "Agenda für Deutschland": ein 10-Punkte-Programm "für die bürgerliche Mitte". Zugleich ein Programm, mit dem sich die Union gegen den Vorwurf stemmt, sich vor allem aufs Ampel-Bashing zu verstehen. In dem Papier, beschlossen von beiden Präsidien, bekräftigen CDU und CSU Klassiker bürgerlich-konservativer Politik, vorneweg Entlastungen für die Mittelschicht. Für Mehrarbeit müsse es "finanzielle Anreize" geben, etwa Steuerfreiheit für Überstunden. "Mehr Leistung muss sich mehr lohnen", steht im Papier.

Rhein kopiert kostenlose Meisterausbildung

Entlastungen fordert die Union auch für die Wirtschaft, konkret: weniger Bürokratie, weniger Stromsteuer und damit billigere Energie. Um Verbrechen einzudämmen, verlangt die Union eine "Null-Toleranz gegenüber Kriminellen". Dem hessischen Ministerpräsidenten Boris Rhein, der wie Söder vor Landtagswahlen steht, ist der Schutz von Frauen besonders wichtig: Nötig sei eine "Fußfessel für Frauenschläger". Und als Rhein seinen Hessen die kostenlose Meister-Ausbildung verspricht und auf das Vorbild Bayern verweist, freut Markus Söder sich sichtlich.

Europas Außengrenzen schützen

Schließlich illegale Migration. "Die Zahlen müssen runter", sagt Merz. Im gemeinsamen Papier findet sich dazu ein Satz, der die konservative Stoßrichtung besonders deutlich macht: "Solange die Außengrenzen Europas nicht wirksam geschützt sind, müssen wir unsere nationalen Grenzen schützen." Also das, was eine CDU-Chefin Angela Merkel partout nicht wollte. "Das hätten Sie vor sechs Jahren in einem gemeinsamen Beschlusspapier von CDU und CSU so noch nicht gefunden", betont deshalb Friedrich Merz.

Betonung auf: gemeinsam. Wirklich neu ist das alles nämlich nicht. Neu ist die Geschlossenheit, in der CSU und CDU ihre "Agenda für Deutschland" präsentieren. Gastgeber Söder springt Merz fast wortgleich bei: Ein solches Papier "hat es in der Vergangenheit auch in der Harmonie der Beschlussfassung so nicht gegeben".

Söder: "Wir sind die Lösung"

Das Papier dient aber nicht nur der Standortbestimmung der Union. Von einer Kurskorrektur will zwar weder Söder noch Merz sprechen. Aber ein neuer Sound ist unverkennbar: "Wir sind die Lösung in einer schweren Zeit", sagt Söder. "Wir kritisieren nicht nur, wir bringen sehr konstruktive Vorschläge ein", sagt Merz. Und damit es wirklich jeder versteht: "Wir erschöpfen uns nicht in Kritik." Sein Beleg: Die Unionsfraktion, die er führt, habe im Bundestag mehr Gesetzentwürfe eingebracht als die Ampel. Das alles zeigt den Anspruch, nicht ausschließlich als Ampel-Basher wahrgenommen zu werden. Auch in den eigenen Reihen wurde das so gesehen: Daniel Günther, CDU-Ministerpräsident in Schleswig-Holstein, bemängelte im Zeitungsinterview, es reiche nicht, "überwiegend nur die Politik der Bundesregierung zu kritisieren".

Das führt indes nicht dazu, dass die Union nun auf Ampel-Kritik ganz verzichten würde. Ihr Papier enthält Absagen an "Verbote und Bevormundung" sowie Bürokratie: "Wir werden immer regulierter", schimpft Söder Richtung Berlin. Die Ampel verschärfe die Verunsicherung "mit immer neuen Auflagen und Belastungen".

100 Tage bis zur Wahl

Bis zu den Landtagswahlen in Bayern und Hessen sind es noch genau hundert Tage. Am 8. Oktober sind 14 Millionen Menschen aufgerufen, ihre Stimme abzugeben. In den beiden Bundesländern lebten fast 25 Prozent der deutschen Bevölkerung, die fast 70 Prozent des Länderfinanzausgleichs trügen, rechnet Söder vor. Soll heißen: wichtige Wahlen für ganz Deutschland. Von einer "Mini-Bundestagswahl" spricht der CSU-Chef. Laut Boris Rhein stehen "echte Midterms" an, also Wahlen zur Halbzeit der Legislaturperiode.

CDU-Chef Merz kündigt an, er werde sich in den Wahlkämpfen "stark persönlich engagieren". Ob das in der CSU als Bereicherung gesehen wird, bleibt unklar. Dass die Union bundesweit unter 30 Prozent festhängt, trotz breiter Unzufriedenheit mit der Ampel, wird in der CSU als Wahlkampf-Bremse gesehen.

Auf Ablehnung stößt die Ankündigung von Merz jedenfalls nicht. Auch das war früher anders: Im Wahlkampf 2018 wollte Söder von CDU-Chefin Merkel nicht viel wissen.

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