Mathias Hamann steht in Tracht am Ausschank.
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Senner am Königssee: Von der Bundeswehr auf die Alm

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Senner am Königssee: Von der Bundeswehr auf die Alm

Mathias Hamann hat zwei Jahresurlaube zusammengespart, um als Senner auf der Mooskaser Saletalm am Königssee zu arbeiten. Dort muss er täglich um fünf Uhr aufstehen, Kühe melken, Käse machen und Gäste versorgen – hält er das einen Sommer lang durch?

Über dieses Thema berichtet: Abendschau - Der Süden am .

Seit knapp zwei Wochen ist Mathias Hamann nun allein auf der Alm. In einer kurzen Verschnaufpause notiert er seine Aufgaben für den nächsten Tag. Die Liste ist ziemlich lang, genauso wie der Sommer, der noch vor ihm liegt. "Vielleicht schaffe ich es irgendwann, die Aufgaben so effizient abzuarbeiten, dass mir abends noch ein bisschen Zeit für mich bleibt“, sagt er. Bereut hat er den Job noch nicht. Man dürfe die harte Arbeit nicht scheuen und man müsse es aushalten können, allein zu sein, sagt der 30-Jährige aus Röhrmoos im Landkreis Dachau.

Käsemachen im Crashkurs

Die Mooskaser Saletalm liegt am Südende des Königssees und ist nur mit den Ausflugsbooten oder über eine Tageswanderung zu erreichen. Übernachten können Gäste dort nicht. Dafür gibt es Brotzeiten mit eigenen Erzeugnissen. Bis auf den Speck und das Schmalz muss Mathias Hamann alles selbst herstellen – im Auftrag der Familie Hofreiter, die die Alm seit dem 15. Jahrhundert bewirtschaftet. Von der Bäuerin hat er vorher im Schnelldurchgang gelernt, wie man Butter, Schnittkäse, Frischkäse und den sogenannten Schüsselkäse aus Magermilch herstellt. Nach ein paar Tagen Einweisung auf der Alm musste er dann allein übernehmen.

Bewerberansturm auf Senner-Job

Im normalen Leben ist er Berufsfeuerwehrmann in Neubiberg und hatte mit Landwirtschaft noch nie etwas zu tun. Seine zwei Jahresurlaube hätte er auch auf Reisen im Ausland verbringen können. Doch er wollte unbedingt diese Erfahrung machen. Er wollte lernen, wie man mit Tieren umgeht und Käse herstellt. Für den Job hat er sich gegen rund 200 Mitbewerber durchgesetzt. Wie? "Vielleicht weil ich bei den Hofreiters angerufen habe, statt eine E-Mail zu schreiben. Wir haben uns am Telefon gleich gut verstanden und fast eine Stunde geredet", erzählt er. Sein Ziel ist auch, über den Sommer innerlich Ruhe zu kommen.

14 Stunden Arbeit und Alleinsein – das kann nicht jeder

Kathrin Hofreiter erzählt, dass sich dieses Jahr besonders viele für den Job als Senner beworben haben. Doch nicht jeder hält durch. Mathias Hamann wäre nicht der erste, der hinwirft. Viele vor ihm haben die harte Arbeit und die Einsamkeit unterschätzt. Doch er kann es "packen", da ist die Familie Hofreiter zuversichtlich. Ganz umsonst arbeiten die Senner auf der Mooskaser Saletalm nicht. Mathias Hamann ist auf 450-Euro-Basis angestellt, hinzu kommen zehn Prozent des Gewinns von der Bewirtung.

Doch was sind eigentlich seine Aufgaben? Täglich steht er um fünf Uhr auf, treibt sechs Milchkühe von der Weide in den Stall und melkt sie. Danach muss er den Stall saubermachen und die Milch zu Käse und Butter verarbeiten. Die Geräte, die Melkmaschine und der Stall müssen auch wieder sauber gemacht werden. Und dann sind da auch noch die acht die Kälber. Die beiden jüngsten muss er noch zufüttern.

Kaum Strom, kein Internet, aber Warmwasser

Auch beim Wohnkomfort muss der Senner viele Abstriche machen. Seine Dusche ist im Stall, die immerhin über eine Gastherme mit Warmwasser versorgt wird. Das Wasser kommt aus dem Königssee. Ein kleines Solarpanel produziert Strom für die Lampen und Kühlschränke. Bei schlechtem Wetter wird er schnell knapp.

Internet und Telefon? Bis auf ein bis zwei Balken bei schönem Wetter – keine Chance. "Wenn ich abends allein bin und noch aufräume oder Käse mache, dann wird es schon ganz schön still", sagt er. Deshalb hat er auch schon zweimal "geschummelt" und ist mit einem der Ausflugsboote nach St. Bartholomä gefahren, um sich dort über das öffentliche WLAN Musik herunterzuladen.

Von 11:00 bis 16:00 Uhr ist er für die Besucher da, schmiert Brotzeiten und schenkt aus. An sonnigen Tagen fahren rund 4.000 Gäste am Tag nach Salet, ein Teil davon kommt auch zu ihm. Nach der Gästebewirtung muss er aufräumen, schnell in sein Stallgewand schlüpfen und die Kühe nochmal in den Stall treiben. Dann wird ein zweites Mal gemolken und bei Bedarf nochmal Käse gemacht. "Um das Pensum bis zum Abend zu schaffen, darf nichts dazwischenkommen", sagt er.

"Mit den Kühen reden hilft mir"

Auch mit den Kühen musste er erst den Umgang lernen. Jede hat ihren eigenen Charakter und macht mehr oder weniger Probleme. "Mir hilft es, wenn ich ganz viel mit ihnen rede", sagt er. Sie sollen sich möglichst schnell an ihn gewöhnen. Sein Ziel bis zum Ende des Sommers: "Sie sollen auf meinen Ruf reagieren und von alleine zum Stall kommen." Nach den ersten zwei Wochen heben sie immerhin schon den Kopf, wenn er sie ruft.

Auch bei den anderen Arbeiten fehlt im noch die Routine. Besonders schwer fällt ihm zum Beispiel das Buttern, erzählt er. Außerdem muss er alle Probleme irgendwie selbst lösen. Etwa wenn die die Zentrifuge oder die Melkmaschine streikt. In diesen Situationen ist keiner da, der ihm hilft. Ob er das die nächsten Monate durchhält? "Ich denke schon", sagt er und lächelt zufrieden.

  • Zum Artikel: Mit dem Fahrrad auf der Allgäuer Käsestraße unterwegs

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