Eine Intensivpflegerin hält auf einer Kinder-Intensivstation den Fuß eines am Respiratorischen Synzytial-Virus (RS-Virus oder RSV) erkrankten Patienten, der beatmet wird, in der Hand.
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Die RSV-Welle kommt auch in Bayern an: In einigen Kliniken häufen sich bereits die Fälle.

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RS-Virus: Angespannte Lage in einigen bayerischen Kliniken

Die RSV-Welle kommt in Bayern an: In einigen Kliniken häufen sich Fälle der Atemwegsinfektion. Vor allem bei Kleinkindern gibt es schwere Verläufe, sodass eine Beatmung teils nötig wird. Vereinzelt mussten Kinder wegen Überfüllung abgewiesen werden.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Immer mehr Fälle von Infektionen mit dem RS-Virus: Auch das Haunersche Kinderspital in München ist inzwischen voll belegt. Das bestätigt Prof. Johannes Hübner, Abteilungsleiter der Infektiologie, auf BR24-Nachfrage. Demnach müssen Kinder regelmäßig nach Traunstein, Garmisch oder sogar bis ins niederbayerische Passau verlegt werden. Im Winter seien übervolle Kinderkliniken leider "business as usual", so Hübner.

Für die Eltern sei es schlimm, wenn Kinder zum Teil einen Tag in der Notaufnahme bleiben müssen, bis sie verlegt werden. Gerade für den Transport mit Sauerstoffversorgung gebe es nur begrenzt Kapazitäten. Man habe deshalb bereits Übernachtungsmöglichkeiten in der Notaufnahme geschaffen.

Das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV) ist ein ansteckender Atemwegsinfekt, der saisonal auftritt. Die Symptome sind grippeähnlich, hinzu kommen Husten, Fieber und teilweise Atembeschwerden bis zur Atemnot. Laut Robert Koch-Institut werden vor allem Kinder unter zwei Jahren in Kliniken eingewiesen.

Mehr als 20 RSV-Fälle in Aschaffenburger Kinderklinik

Auch an der Aschaffenburger Kinderklinik häufen sich die Fälle von RS-Virus-Infektionen bei Kindern. Die Lage sei angespannt, berichtet das Klinikum auf BR24-Anfrage. Anders als in München, mussten aber bisher keine Kinder abgewiesen werden. Aktuell (Stand: Samstag, 09.12.23) werden in Aschaffenburg 22 Kinder mit einer RSV-Infektion stationär behandelt, in den vergangenen Tagen war die Fallzahl ähnlich.

Das sei ungewöhnlich viel, aber nicht überraschend, heißt es aus dem Klinikum: Man habe ein großes Einzugsgebiet. Die nächsten Kinderkliniken in der Region befinden sich in Würzburg bzw. Frankfurt und Hanau in Hessen. Die meisten der erkrankten Kinder erhalten Sauerstoff, einige bekommen auf der Intensivstation Atemunterstützung. Das Personal gebe sein Bestes, um die aktuelle RSV-Welle zu bewältigen, so eine Sprecherin des Klinikums Aschaffenburg.

In vielen anderen Kinderkrankenhäusern in Bayern war die Lage am Freitag noch entspannt, allerdings rechnen auch sie mit einem baldigen Anstieg der Patientenzahlen.

RS-Welle beginnt in diesem Winter später als sonst

Die RS-Infektionswelle kommt laut Prof. Hübner vom Haunerschen Kinderspital dieses Jahr relativ spät. Dazu gebe es ein paar milde Corona-Fälle, die Grippewelle hingegen habe noch nicht angefangen. Im Hinblick auf das RS-Virus gibt Hübner zwar keine Entwarnung, aber betont: Es herrsche keine Katastrophensituation wie zum Beispiel vergangenen Winter. Aktuell bewegen sich die Zahlen eher wie vor der Pandemie.

Trotzdem sei die Situation in der Haunerschen Kinderklinik angespannt. Ewig mit einem sechs Monate alten Kind in der Notaufnahme zu sitzen, sei keine gute Situation. Die Eltern seien unglücklich. 20 bis 30 Prozent der Betten können nicht belegt werden, weil das Pflegepersonal fehlt. Das sei aber leider kein neues Problem, die strukturellen Missstände existieren seit Jahren, betont Hübner. Nun rücke die Unterversorgung wieder mehr ins Bewusstsein der Menschen.

Späte RSV-Welle: Sorge vor den Weihnachtsfeiertagen

Auch Prof. Florian Hoffmann, Leiter der Kinderintensivstation im Haunerschen Kinderspital, bestätigt, dass die Winterwelle in diesem Jahr nach hinten verzögert sei und erst jetzt starte. Die Intensivstationen in München seien aber bereits alle abgemeldet. "Sollte sich die Lage in den kommenden Wochen verschärfen, blicken wir mit großer Sorge auf die Weihnachtsfeiertage, da zu dieser Zeit ohnehin das Personal knapp ist", so Hoffmann.

Auch Ältere und Immungeschwächte gehören zur Risikogruppe

Laut Prof. Hübner seien RS-Infektionen außerdem auch vermehrt bei Erwachsenen ein Thema. Das liege vor allem daran, dass mittlerweile Atemwegserkrankungen mit PCR-Tests auf dieses Virus getestet werden. Zuvor war RSV nur auf dem Radar der Kinderärzte. Doch auch ältere Menschen und Personen mit geschwächtem Immunsystem gehören zur Risikogruppe.

Bislang keine Empfehlung für Einsatz von Impfstoffen

Im Sommer wurden in der EU zwar zwei RSV-Impfstoffe zugelassen. Die Ständige Impfkommission hat allerdings bisher keine Empfehlung zu deren Einsatz ausgesprochen. Die Erstattung der Kosten hängt damit zunächst von der Krankenkasse ab. Die neuen Impfstoffe sind für Menschen ab 60 Jahren gedacht, einer von ihnen außerdem für Schwangere zum Schutz des Säuglings in den ersten Lebensmonaten. Für einen breiten Einsatz der Impfung bei Schwangeren muss aus Sicht von Fachleuten allerdings die Sicherheit erst klar belegt werden.

In der Kindermedizin sei die Zulassung von RSV-Impfstoffen allerdings eine wichtige Nachricht, so Marcus Krüger, Chefarzt der Kinderintensivstationen in der München Klinik Schwabing und Harlaching: "Ähnlich wie Erkrankungen wie Tetanus oder Kinderlähmung ihren Schrecken verloren haben, kann auch damit RSV an Bedeutung verlieren", betont Krüger. Er sei zuversichtlich, dass es RSV in ca. fünf Jahren nicht mehr in der Heftigkeit wie in den letzten Wintern geben wird, wenn beide Impfkonzepte breite Anwendung finden.

Zum Anhören: Die aktuelle Krankheitslage in Bayern

Als Risikogruppen für schwere Verläufe gelten bei RSV zum Beispiel Frühgeborene, Kinder mit Lungen-Vorerkrankung oder mit Herzfehler, Erwachsene über 65 und Menschen mit beeinträchtigtem Immunsystem.
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Archivbild: Ein am Respiratorischen Synzytial-Virus erkranktes Kind liegt in einem Krankenbett.

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