Der Landwirt aus Bad Grönenbach und seine beiden Söhne mit deren Anwälten auf der Anklagebank im Landgericht Memmingen.
Bildrechte: BR/Regensburger

Zweiter Prozess Allgäuer Tierskandal

Per Mail sharen
Artikel mit Audio-InhaltenAudiobeitrag

Prozessauftakt: Zweiter Prozess im Allgäuer Tierskandal

Am Landgericht Memmingen hat das Verfahren gegen einen Landwirt und seine beiden Söhne wegen Verstößen gegen das Tierschutzgesetz begonnen. Es ist der zweite große Prozess im sogenannten Allgäuer Tierskandal.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im BR Fernsehen am .

Die Staatanwaltschaft wirft den Männern aus Bad Grönenbach vor, für über 30 kranke und teilweise verwahrloste Tiere keinen Tierarzt geholt zu haben und ihnen so länger anhaltende Schmerzen und Leiden zugefügt zu haben. Nach mehreren Kontrollen im Stall musste mehr als die Hälfte der verwahrlosten Tiere notgeschlachtet werden.

Leid und Schmerzen der Tiere bewusst in Kauf genommen?

Zum Prozessauftakt hat jetzt der Staatsanwalt die Anklageschrift verlesen. "Bewusst pflichtwidrig" hätten die Angeklagten gehandelt, heißt es darin. Es sei ein "gemeinsam gefasster Tatbeschluss" gewesen, anstatt "dem Zeit- und Kostenaufwand" für eine tierärztliche Behandlung Leid und Schmerzen der Tiere in Kauf zu nehmen.

Anhand der Nummern ihrer Ohrmarken zählte der Anwalt alle 32 Tiere auf, auf deren Begutachtung sich die Anklage stützt. Es ist die Rede von "honigmelonengroßen Schwellungen mit Eiteraustritt" an Gliedmaßen, "Lahmheit", "gekrümmtem Rücken im Stehen" mit mehreren blutenden Wunden an der Wirbelsäule, von Kühen "mit Schmerzgesicht", von Abmagerung und anderen offenen Wunden.

Gericht entscheidet: Kein weiterer Sachverständiger

Der Anwalt eines der Söhne stellte daraufhin den Antrag, einen weiteren, namentlich genannten Tierarzt als Sachverständigen zu laden. Dieser habe einen Leitfaden für das niedersächsische Landwirtschaftsministerium mitverfasst, in dem er darlege, dass Schwellungen für Rinder nicht schmerzhaft seien. Sein Mandant habe daher keine erforderlichen Behandlungen unterlassen und den Rindern damit nicht vorsätzlich Schmerzen und Leiden zugefügt. Seine Vernehmung werde ergeben, dass sein Mandant freizusprechen sei. Die beiden anderen Anwälte schlossen sich dem Beweisantrag an.

Der Staatsanwalt beantragte daraufhin, den Antrag abzulehnen, der fragliche Tierarzt sei ein Privatgutachter, die Bestellung von Sachverständigung sei Sache des Gerichts. Der Vorsitzende Richter schloss sich der Auffassung der Staatsanwaltschaft an und lehnte den Antrag ab. Das Gericht habe bereits Sachverständige geladen, an deren Sachkunde zu zweifeln es keinen Grund gebe.

Senior-Landwirt: Nicht erkennbar, dass Tiere leiden mussten

Nach einer kurzen Unterbrechung der Verhandlung ließ sich der 1955 geborene Senior-Landwirt zu den Vorwürfen ein. Er berichtete, wie er mit 21 Jahren den Hof übernommen habe und wie er gewissenhaft und mit Blick auf der Tierwohl seinen Beruf ausübe. Auch zu den einzelnen Tieren aus der Anklageschrift ließ er sich jeweils ein, es sei in einigen Fällen nicht erkennbar gewesen, dass die Tiere hätten leiden müssen. Eventuelle tierärztliche Behandlungen einschließlich Euthanasierungen seien stets rechtzeitig und nach bestem Wissen und Gewissen erfolgt. Etwa 1050 Tiere habe er zum Zeitpunkt der fraglichen Kontrollen im Juli und August 2019 auf der Hofstelle in Bad Grönenbach gehalten.

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!