Fahrradstreife der Bayerischen Polizei bei einer Kontrolle in München am 23.07.2023
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Fahrradstreife der Bayerischen Polizei bei einer Kontrolle in München am 23.07.2023

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Blaulicht und Pedale: Fahrradstreife jagt Verkehrssünder

Seit diesem Jahr sind in Bayern erstmals ganzjährig Polizistinnen und Polizisten mit Blaulicht und Rädern unterwegs. "Kontrovers – Die Story" hat zwei von ihnen auf der Jagd nach Verkehrssündern begleitet.

Über dieses Thema berichtet: Kontrovers am .

Als Anic von der Kall versucht, den schwarzen Audi an der Münchner Ludwigstraße anzuhalten, fährt dieser einfach weiter. Die Polizeiobermeisterin radelt mit dem E-Bike dicht an die rechte Seite der Limousine heran, klopft an die Fensterscheibe – erst dann bemerkt der Fahrer sie und lässt die Scheibe herunter. "Das Handy bitte weglegen, auch in dem zähfließenden Verkehr", ruft Anic von der Kall ins Auto. "Sie haben es jetzt nicht benutzt, sondern nur in der Hand gehalten. Aber rein theoretisch macht das 100 Euro und einen Punkt."

Situationen wie diese erleben die Beamten der Münchner Fahrradstreife täglich. Trotz neongelber Helme und Westen mit der Aufschrift "Polizei", überrascht ihr Auftreten immer wieder Auto- und auch Radfahrer. Doch nicht jeder Verstoß führt automatisch zu einer Strafe. "Es ist Absicht von uns, dass wir vieles mündlich verwarnen, wo wir sagen: Das ist nicht so dramatisch", erklärt Polizeihauptkommissar Matthias Pötsch in "Kontrovers – Die Story". Auch er ist Teil der Münchner Fahrradstaffel und mit seiner Kollegin von der Kall auf Streife.

Pilotprojekt "ganzjährige Fahrradstreife": Testphase in München und Nürnberg

Bislang war die Fahrradstaffel nur im Sommer unterwegs, in diesem Jahr aber testet die Polizei in Bayern den ganzjährigen Einsatz. In München gibt es derzeit neun ganzjährige Radler der Polizei, in Nürnberg sind es sechs. Ihr Schwerpunkt liegt in der Verkehrsüberwachung.

Mit E-Pedelecs sind die Polizisten oftmals flexibler und schneller unterwegs als mit Autos. Die Fahrräder kosten jeweils zwischen 3.500 und 4.000 Euro und sind mit einem Blaulicht ausgestattet – ansonsten "ganz normale Pedelecs", wie Kommissar Pötsch sagt. Je nach Effizienz und Erfolgsquote könnten 2024 auch in anderen bayerischen Städten ganzjährig Fahrradstreifen eingeführt werden.

Video: Kontrovers - Die Story: Blaulicht & Pedale – unterwegs mit der Fahrradstreife

Strafzettel für Geisterfahrer, Falschparker, Rotlicht-Verstöße

Täglich sind Anic von der Kall und Matthias Pötsch auf der Suche nach Verkehrssündern. Unter ihnen sind auch zahlreiche Fahrradfahrer. Auf einem Radweg halten die beiden Beamten fast im Minutentakt Geisterfahrer an. Sie erklären, belehren, weisen auf Verkehrsschilder hin und bitten um Einsicht. In vielen Fällen reicht ein Gespräch, immer wieder aber verteilen die Beamten Strafzettel.

An einer Kreuzung fährt ein Radfahrer über eine rote Ampel. "60 Euro und einen Punkt macht das Ganze", erklärt Polizeiobermeisterin Anic von der Kall. Kurz darauf erwischen die beiden Polizisten einen Falschparker auf einem Gehweg, auch er muss ein Verwarngeld zahlen: 55 Euro. Für die beiden Beamten ist das Alltag.

Zahl der Fahrradunfälle auf Rekordhoch: ADFC forderte strengere Verkehrskontrollen

Die Münchner Fahrradstreife ist vor allem in der Innenstadt unterwegs – dort, wo es besonders häufig zu Fahrradunfällen kommt. Allein in München gab es im vergangenen Jahr laut Verkehrsbericht 3.110 Fahrradunfälle, in ganz Bayern waren es 19.646 – so viele wie nie zuvor. 84 Unfälle im Freistaat endeten tödlich. In München starben im vergangenen Jahr neun Radfahrer.

Der Allgemeine Deutsche Fahrradclub fordert deshalb schärfere Kontrollen für Rad- und Autofahrer. "Da sind die berühmten Geisterradler, die man rausfischen kann. Autos parken und stellen sich auf Radwege, was zu gefährlichen Ausweichmanövern führt. Da passiert gefühlt gar nichts und oft genug steht die Polizei selbst auf Rad- oder Gehwegen", kritisiert Michael Brandtner vom ADFC München. Er beobachtet, wie seit einigen Jahren der Fahrradverkehr in der Stadt zunimmt.

Was Brandtner auch wahrnimmt: Viele Radfahrer würden rücksichtsloser. Laut Polizeistatistik sind an Fahrradunfällen oftmals auch die Radfahrer selbst schuld – durch Fahrfehler, Vorfahrtsverstöße oder zu schnelles Fahren. "Natürlich werden auch die Radfahrer diszipliniert, wenn Polizeistreifen unterwegs sind", sagt Brandtner.

Polizei: Mehr Sichtbarkeit führt zu Einhaltung der Regeln

Manchmal beobachten Anic von der Kall und Matthias Pötsch stundenlang den Verkehr, ohne einen einzigen Verstoß zu entdecken. Für die beiden Polizisten ist das ein gutes Zeichen. Denn wenn die Polizei deutlich sichtbar sei, so hielten sich auch mehr Verkehrsteilnehmer an die Regeln. "Weil sich dann vielleicht der ein oder andere denkt: Da ist jetzt die Polizei, die kontrolliert, vielleicht sollte ich an der nächsten Kreuzung auch ein bisschen gucken", sagt Pötsch. "Es ist ja auch so, dass man, wenn man vielleicht einen Strafzettel bekommen hat, sich in der Folgezeit korrekter verhält."

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