Zwei Männer und eine Frau stehen nebeneinander
Bildrechte: BR24/Annika Svitil

Jürgen Wolf (rechts) klagt, denn sein Grundstück ist mit PFAS verseucht.

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PFAS-Klage nahe Katterbach-Kaserne könnte Präzedenzfall werden

Jürgen Wolfs Grundstück nahe der US-Army in Katterbach ist PFAS-verseucht. Weil er dafür nicht verantwortlich ist, klagt er auf Schadenersatz für die entstandenen Ausgaben und Mietausfälle. Hat er Erfolg, könnte das ein Präzedenzfall werden.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

PFAS (per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen) wurden weltweit eingesetzt, ohne die giftigen Folgen zu kennen. So ist PFAS auch in dem Löschschaum gewesen, mit dem die US-Army in Ansbach-Katterbach Übungen durchgeführt hat. Die Folge ist eine weitreichende Kontaminierung auf dem Kasernengelände – und darüber hinaus im Stadtgebiet von Ansbach. Jürgen Wolfs Grundstück befindet sich wenige hundert Meter entfernt und ist deswegen auch PFAS-belastet. Er hat seit Jahren finanzielle Nachteile dadurch und klagt deswegen.

Hiobsbotschaft vor fünf Jahren

Vor fünf Jahren hat Jürgen Wolf erfahren, dass sein Hausbrunnen durch PFAS belastet und das kontaminierte Wasser nicht mehr nutzbar und sogar gesundheitsschädigend ist.

"Es ist traurig, wenn ich es so sehe. Wo ich eigentlich auch meine Kinder in Gefahr gebracht habe." Jürgen Wolf

Jürgen Wolf musste daraufhin auf eigene Kosten eine städtische Wasserleitung auf sein Grundstück legen lassen. Die Miete für seine ebenfalls belasteten Fischteiche entfiel und der Wert seines Grundstücks sank. Dabei ist er gar nicht für die PFAS-Verunreinigung verantwortlich.

Klage gegen Bundesanstalt

Nach einer Anzeige gegen "Unbekannt" zog er vor Gericht. Wolf fordert von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA), der Eigentümerin des Kasernengeländes, Schadenersatz. Dieser Schritt sorgte für Aufmerksamkeit in Ansbach und fand einige Unterstützer seiner Sache. Boris-André Meyer von der Bürgerinitiative "Etz langt’s" setzt sich seit vielen Jahren für die Beseitigung des Kasernengifts ein. Er hofft, dass Wolfs Klage allgemein mehr Druck in die PFAS-Beseitigung bringt.

Ansbacher Stadtrat einer Meinung

Meyer, der auch im Stadtrat für die Offene Linke Ansbach sitzt, freut sich über den parteiübergreifenden Zusammenhalt in dieser Sache. Der ganze Stadtrat steht hinter Jürgen Wolf und seiner Klage – eine ungewöhnliche Einigkeit, bestätigt auch Oberbürgermeister Thomas Deffner (CSU). "Ich glaube, in einer Demokratie kann man so mit einem Bürger nicht umgehen", begründet das Stadtoberhaupt den Schritt und kritisiert das Verhalten, dem man in der ganzen PFAS-Angelegenheit seit Jahren ausgesetzt ist.

Dabei weiß man von dem Kasernengift seit zehn Jahren. Aktuell wird belastetes Grundwasser im Stadtgebiet gesichert. Das sind kleine Maßnahmen, der Ursprung der Vergiftung bleibt auf dem Kasernengelände, wenige hundert Meter entfernt von Jürgen Wolfs Grundstück.

Bei Erfolg: Präzedenzfall für ganz Deutschland

Anwältin Sylvia Meyerhuber vertritt Jürgen Wolf vor Gericht. Aktuell liegt die Klage am Oberlandesgericht in Nürnberg. In den nächsten Monaten soll ein Gutachten erstellt werden. Das muss Jürgen Wolf selbst bezahlen. Es soll beweisen, dass die Belastung von der Kaserne ausgeht. Da dieser Punkt ziemlich sicher ist und auch schon entsprechende Äußerung vom Gericht gefallen sind, könnte die Klage ein Präzedenzfall werden, sagt Meyerhuber. Das wiederum hätte bundesweit Bedeutung, denn eine Belastung durch PFAS geht nicht nur von der US-Kaserne in Katterbach ausBetroffene gibt es in ganz Deutschland.

Zwar rechnet die Anwältin noch nicht mit einem Ergebnis in diesem Jahr. Doch ihr Mandant Jürgen Wolf ist ausdauernd und optimistisch, was den Ausgang des Verfahrens betrifft. Er hofft im Anschluss, dass viele weitere Betroffene den Schritt der Klage wagen.

💡 Stichwort: PFAS (PFC, PFT)

PFAS⁠ ist eine Abkürzung für per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen, auch bekannt als PFC⁠ (per- und polyfluorierte Chemikalien) oder ⁠PFT⁠ (perfluorierte Tenside). PFAS kommt nicht natürlich vor und ist in der Natur praktisch nicht abbaubar. Es ist wasser-, fett- und schmutzabweisend sowie chemisch und thermisch stabil und wird daher in vielen Produkten verwendet, wie zum Beispiel in Outdoor- und Arbeitskleidung, Imprägniermitteln oder sogar in Teppichen wegen ihrer schmutzabweisenden Wirkung. Nach Angaben des Umweltbundesamtes kann PFC beim Waschen oder durch die Müllentsorgung in die Umwelt gelangen.

Auch über fluorhaltige Feuerlöschschäume gelangt PFC in den Boden und reichert sich dort an. Den Angaben zufolge können Pflanzen PFC aus dem verunreinigten Boden aufnehmen. Über Wasser und Lebensmittel gelangen sie auch in den menschlichen Organismus. Im Menschen bindet die Perfluoroktansäure (PFOA), eine Gruppe der PFC, an Proteine in Blut, Leber und Niere an. Das Umweltbundesamt warnt vor einer möglichen toxischen Wirkung und gesundheitsschädlichen Eigenschaften.

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