Der Zugang zu den U-Bahnen U1 und U2 am Münchner Hauptbahnhof ist mit einem Rolltor versperrt.
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In München fährt fast nichts mehr: Ein Warnstreik legt den öffentlichen Nahverkehr lahm.

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ÖPNV-Warnstreik in München: Fast alles steht still

In München fährt fast nichts mehr: Die Beschäftigten der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) streiken. Nur wenige Busse sind unterwegs, U-Bahn und Tram fahren gar nicht - mit einer Ausnahme. Autofahrerinnen und Autofahrer standen morgens im Stau.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Oberbayern am .

Die Gewerkschaft Verdi hat die Beschäftigten der MVG am Donnerstag und Freitag zum Warnstreik aufgerufen - und die Beteiligung ist hoch. Seit Betriebsbeginn um 3:30 Uhr standen fast alle Trambahnen und U-Bahnen in München still - mit einer Ausnahme: Die Tram-Linie 20 verkehrte alle zehn bis 20 Minuten. Die U6, die zwischenzeitlich im 10-Minuten-Takt fahren konnte, musste inzwischen ihren Betrieb komplett einstellen - damit fuhr nachmittags keine einzige U-Bahn mehr.

Nur die Hälfte der Busse war im Einsatz, denn die Bus-Kooperationspartner der MVG waren vom Warnstreik nicht betroffen. Updates zum laufenden Betrieb veröffentlicht die MVG auf ihrer Homepage, ihrer App und auf Twitter.

  • Zum Artikel: "Warnstreik-Welle trifft Bayern: Das ist geplant"

Stau auf Münchens Straßen

Wie erwartet waren viele Menschen vom öffentlichen Nahverkehr auf das eigene Auto umgestiegen. Auf den Autobahnen um München staute es sich, besonders dort, wo sie in die Stadt münden - auf dem Mittleren Ring ging zeitweise nichts mehr. Auch die Radwege waren etwas voller als sonst.

Die Münchner Polizei ging mit dem erhöhten Verkehrsaufkommen gelassen um: Die Erfahrung aus vergangen Streiks zeige eher, dass es durch Stau und damit langsamer fahrende Autos zu weniger Unfällen komme.

MVG-Sprecher Maximilian Kaltner empfahl, möglichst im Homeoffice zu bleiben, auf das Fahrrad auszuweichen - oder auch auf die S-Bahn, denn die gehört nicht zur MVG und wird daher nicht bestreikt.

München: Abfallwirtschaft streikt ebenfalls

In München hat Verdi neben den Beschäftigten der MVG auch die Abfallwirtschaft (AWM) zum Warnstreik aufgerufen: Am Donnerstag und Freitag könnten deshalb die Restmüll-, Papier- und Biomülltonnen nicht geleert werden, die Wertstoffhöfe könnten nach Einschätzung der Gewerkschaft geschlossen bleiben. Derzeit läuft eine gemeinsame Kundgebung mit Beschäftigten der Abfallwirtschaft, Energieversorgung und des ÖPNVs mit mehreren hundert Teilnehmerinnen und Teilnehmern am Betriebshof der AWM im Münchner Norden.

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Zu einer Kundgebung haben sich mehrere hundert Beschäftigte des ÖPNV und der Abfallwirtschaft versammelt.

Streikende: Belastender Job mit zu wenig Bezahlung

Auf der Kundgebung erklärten einige Streikende ihre Beweggründe. "Millionen Menschen fahren mit mir mit. Das ist ein sehr belastender Job und ich fordere ein bisschen mehr Wertschätzung in Form von Geld", erklärt eine Trambahnfahrerin. Für ihn sei das Trambahnfahren ein "Traumberuf", sagt ihr Kollege, aber: "Um diesen Beruf weitermachen zu können, muss die Bezahlung stimmen. Wir haben die ersten Kollegen, die nicht wissen, ob sie essen oder heizen sollen."

Ein Busfahrer beschreibt, sein Job werde immer schwieriger: "Es gibt immer weniger Fahrer, das ist eine Belastung." Sein Kollege ergänzt: "Du gehst arbeiten, dann zahlst du Miete und dann bleibt noch etwas übrig fürs Essen und Trinken, und das war`s. Wenn man Familie hat, und ein Auto, dann ist es eine Katastrophe."

Freitag: Noch mehr Streik und Klima-Kundgebungen

Am Freitag weitet Verdi die Aktionen im öffentlichen Nahverkehr aus. Dann trifft es auch Nürnberg, Fürth und Erlangen sowie Augsburg, Regensburg, Ingolstadt, Bayreuth und Bamberg.

Mit dem Warnstreik will Verdi in den laufenden Tarifverhandlungen Druck auf die Arbeitgeber ausüben und gleichzeitig ein politisches Zeichen setzen, weshalb am Freitag gemeinsame Aktionen mit Klimaaktivisten geplant sind. Deutschlandweit planen "Fridays For Future" (FFF) und andere Klimaaktivisten mehr als 150 Kundgebungen, denn am Freitag ist auch ihr "3. Globaler Klimastreik". Allein in Oberbayern sind 14 Aktionen geplant, neben München auch in Ingolstadt.

Dabei wollen die Aktivistinnen und Aktivisten auch die Bedeutung des öffentlichen Nahverkehrs für den Klimaschutz hervorheben: "Der ÖPNV ist das Rückgrat klimaneutraler Mobilität. Ohne Menschen, die im ÖPNV arbeiten, gibt es also auch keinen Klimaschutz", so die Sprecherin von FFF München, Jana Häfner.

Ausweitung auf andere Städte

Am Freitag soll der Warnstreik in München fortgeführt und ganztägig auf weitere bayerische Städte ausgeweitet werden. Entsprechende Aufrufe gibt es für Nürnberg - mit Auswirkungen auch auf Fürth und Erlangen -, Augsburg, Regensburg, Ingolstadt, Bamberg und Bayreuth. Verdi fordert eine kräftige Lohnerhöhung von 10,5 Prozent, mindestens aber 500 Euro monatlich und in München die Übernahme des bayerischen Nahverkehr-Flächentarifs durch die MVG.

Klima-Aktivisten hindern Busse an Ausfahrt

Bereits am Donnerstag traten die ersten Klima-Aktivisten in Verbindung mit dem Streik in Aktion. Am frühen Morgen haben sie in München den Bus-Betriebsbahnhof Ost blockiert. Nach eigenen Angaben wollten sie mit der Aktion gegen Streikbrecher demonstrieren und sich mit den Streikenden solidarisieren. Mitglieder des "Antikapitalistischen Klimatreffens" blockierten am frühen Donnerstagmorgen für zwei Stunden ein Busdepot, um nichtstreikende Fahrer an der Ausfahrt zu hindern. Das teilte die Gruppe nach dem Ende der Aktion mit. Sie wollte damit den Warnstreik unterstützen, der laut Gewerkschaft auch für eine bessere Finanzierung des ÖPNV durch die Politik kämpft. Die Auswirkungen hielten sich laut MVG aber in Grenzen.

Innenminister Herrmann: Absurd, dass Klimaaktivisten den ÖPNV blockieren

Die Polizei spricht von elf Personen, die vor der Ausfahrt standen oder saßen und damit verhinderten, dass Busse das Gelände verlassen konnten. Seitens der Klimaaktivisten wird eine Zahl von 20 Personen genannt. Die Fahrer nutzten eine Alternativ-Ausfahrt, doch auch dort musste die Polizei eine Blockade verhindern, indem sie die Aktivisten wegschob. Die Polizei prüft Anzeigen gegen die beteiligten Personen wegen einer nicht angezeigten Versammlung und wegen Nötigung.

Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann äußerte sich verärgert über die Aktion. "Die Klimaaktivisten haben inzwischen ganz offensichtlich die Orientierung verloren", sagte der CSU-Politiker am Donnerstag in München. "Jeder respektiert den Tarifstreik von Gewerkschaften. Aber es ist absurd, dass Klimaaktivisten den ÖPNV blockieren."

Am Donnerstag und Freitag legt ein Warnstreik große Teile des Öffentlichen Nahverkehrs in München lahm.
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Ungewohnter Anblick: Die U-Bahnsteig am Sendlinger Tor war am Donnerstagmorgen menschenleer.

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