Alte, gelbe Straßenbahn mit einem dünnen roten Streifen in der Mitte und einem dicken roten Streifen unten.
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"DÜWAG"-Straßenbahn des Typs GT-D, Baujahr 1968 in den Stadtfarben von Würzburg

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Nostalgie in Würzburg: Straßenbahn-Oldtimer begeistern ihre Fans

Seit Anfang November ist das Würzburger Stadtbild stark gealtert. 21 von 40 Straßenbahnen stehen still. Ausgerechnet die jüngeren Fahrzeuge fallen mit einem Defekt aus. Jetzt müssen es die Oldtimer richten – sehr zur Freude ihrer Fans.

Über dieses Thema berichtet: Abendschau am .

Alexander Blumrich ist umringt von drei Männern mit Fotoapparaten, die stundenlang über ein Thema reden könnten: Straßenbahnen. Seit die neueren Bahnen in der Werkstatt stehen, steuern er und seine Kollegen die sechs Oldie-Bahnen aus den 1960ern ganztägig durch Würzburg. Immer öfter trifft er auf Fans, die teils mit beachtlicher Fotoausrüstung an den Haltestellen auf die "DÜWAG"-Bahnen warten. Sogar aus Nordrhein-Westfalen waren schon welche da, erzählt Blumrich. Sie seien extra früh aufgestanden, um nach Würzburg zu fahren und die alten Straßenbahnen zu fotografieren.

21 von 40 Straßenbahnen nach wie vor defekt

Die alten GT-D-Bahnen fahren teilweise schon seit 1968 durch Würzburg. Auch heute sind sie noch regelmäßig im Einsatz, allerdings nur zu den Stoßzeiten am Morgen, um den großen Andrang von Schulkindern aufzufangen. Seit Anfang November sind die Oldtimer aber wieder Vollzeit im Einsatz: Wegen eines technischen Defekts am Fahrwerk eines einzelnen Straßenbahn-Fahrzeugs der aktuell jüngsten Straßenbahnbaureihe GT-N wurde vorsorglich die gesamte Fahrzeugflotte GT-N aus dem täglichen Fahrbetrieb genommen.

Auf Nachfrage von BR24 teilt Betreiber WVV mit, dass sich an der aktuellen Situation auch absehbar nichts ändern wird. Seit dem 6. November gilt daher ein abgespeckter Ersatzfahrplan mit Bussen und eben den sechs alten "DÜWAG"-Bahnen.

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Die Straßenbahnfans Harald Zimmermann, Frank Keller und Roland Brodziak (v.l.)

Nostalgische Zeitreise in die Kindheit

Die schmalen Straßenbahnen mit den abgerundeten Konturen und dem runden Retro-Scheinwerfer sind ein echter Blickfang. Auch im Innenraum sieht es noch aus wie früher. Gravierte und festgenietete Schilder statt Aufkleber - und die alte Heizung sorgt gerade jetzt im Winter für mollige Wärme. Das Jüngste an den Bahnen sind die Kinderstimmen bei den Durchsagen aus den alten Lautsprechern. "In keiner anderen Stadt fahren diese alten Bahnen noch, höchstens als Museumsbahn!"

Roland Brodziak ist in der Vorstandschaft des Vereins "Interessengemeinschaft Würzburger Straßenbahn". Er und seine Vereinskollegen kennen schier jedes Detail zu den Gefährten. Kennnummern, Umbauten – sie sind wandelnde Straßenbahnarchive. Der Anblick und die Fahrt mit den alten Bahnen versetzt die drei selbsternannten Schienennarren zurück in die Kindheit. Der Geruch, das Ruckeln und Schwanken im hintersten Beiwagen und die überraschend bequemen Hartschalensitze: Ein Gespräch mit Roland Brodziak, Harald Zimmermann und Frank Keller über die DÜWAGs gleicht einer Zeitreise. Frank Keller meint, dass diese alten Bahnen ein fester Bestandteil des Würzburger Stadtbildes wären und durch die aktuell hohe Frequenz auch der Tourismus angekurbelt wird – wenn auch im Kleinen.

Zuverlässige Mechanik, aber keine Barrierefreiheit

Größtes Manko: Die alten DÜWAGs haben recht schmale Eingänge mit hohen Stufen anstelle eines ebenerdigen Einstiegs, was gerade für Senioren oder Eltern mit Kinderwägen den Reisekomfort erschwert. Hier packen andere Gäste oder der Fahrer mit an. "Bisher ist noch jeder in die Bahn gekommen", lacht Straßenbahnfahrer Alexander Blumrich. Auch für ihn und seine Kollegen ist es etwas Besonderes, die alten Bahnen zu steuern. Die Fahrerkabinen sind eng und niedrig, elektrifiziert und automatisiert das Wenigste. Dafür ist die alte Mechanik robust und relativ unkompliziert in der Reparatur und Instandhaltung.

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In den alten Straßenbahnen geht es eng zu.

Straßenbahnoldtimer werden ab 2026 ausrangiert

Ein Ende der Straßenbahnromantik ist aber auch in Würzburg in Sicht. Sind die aktuell defekten Bahnen wieder auf den Gleisen, werden die alten GT-Ds wieder auf den Teilzeitbetrieb reduziert. Noch in diesem Jahr wird aber auch die erste nagelneue Bahn des Typs GT-F in Würzburg erwartet. Frühestens ab September ist sie für Testfahrten im Einsatz, damit alle der 18 neuen Bahnen auf das Würzburger Einsatzprofil eingestellt werden können. Fahrgäste dürfen laut WVV voraussichtlich im ersten Halbjahr 2025 das erste Mal mit dem neuen GT-F fahren. Erstmal noch auf den bisherigen fünf Linien im Stadtgebiet, ab 2027 dann auch auf der neuen Linie 6.

Die neueste Generation wird dann Stück für Stück die Oldtimer ablösen. In Würzburg könnten letztere dann aus Platzmangel nicht bleiben, so eine Sprecherin der WVV. Eine Möglichkeit wäre der Verkauf. Harald Zimmermann von den Straßenbahnfreunden aus Würzburg war vor einigen Jahren schon einmal kurz davor, eine alte Bahn zu kaufen. Vielleicht klappt es ja diesmal.

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