Blick über den Nationalpark Bayerischer Wald
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Nationalparkausschuss segnet Randzonenausweitung ab

Die sogenannte Randzone des Nationalparks Bayerischer Wald wird vergrößert. Das ist nun fix. Damit will die Nationalparkverwaltung den angrenzenden Privatwaldbesitzern entgegenkommen. Sie drängen auf mehr Schutz vor dem gefräßigen Borkenkäfer.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Niederbayern am .

Der Kommunale Nationalparkausschuss hat am Montagvormittag geschlossen dafür gestimmt, rund 18 Hektar Fichtenwald aus der Naturzone heraus und in die Randzone des Nationalparks Bayerischer Wald hineinzunehmen. In dem Gremium sitzen die Bürgermeister und Landräte der Nationalparkregion. Mit dem Vorschlag, der in den vergangenen Wochen für bayernweite Debatten mit Naturschutzverbänden gesorgt hatte, will die Nationalparkverwaltung den angrenzenden Privatwaldbesitzern entgegenkommen, die mehr Schutz vor dem Borkenkäfer fordern.

Tragbarer Kompromiss

Mit diesen18 Hektar, in denen nun der Borkenkäfer bekämpft wird, "versündigen wir uns nicht gegen den Nationalpark und die Natur", sagte der Regener Landrat Ronny Raith (CSU). Es sei ein tragbarer Kompromiss. Gleichzeitig müsse man an die eigene Verantwortung der Privatwaldbesitzer für ihre Wälder appellieren, betonte Raith. Sie müssten befallene Käferbäume schnell herausnehmen und langfristig einen Mischwald aufbauen. "Unser größtes Problem sind doch die Fichten-Monokulturen", so der Regener Landrat. Für den Waldumbau müsse es von der bayerischen Landesregierung auch genügend Fördergelder geben.

Weiteren Forderungen Absage erteilt

Tenor im Gremium war, dass es keine weiteren Herausnahmen aus der Naturzone geben, diese also bei insgesamt 75 Prozent der Gesamtfläche bleiben soll. "Wir müssen uns in der ganzen Diskussion auch abgrenzen, was man leisten und was man im Hinblick auf die geltende Nationalparkverordnung eben nicht leisten kann", sagte der Freyunger Landrat Sebastian Gruber (CSU). Das ist eine deutliche Abgrenzung gegen eventuelle weitere Forderungen von Privatwaldbesitzern gegenüber dem Park.

Kritik an Hubert Aiwanger

Sebastian Gruber kritisierte deutlich die Einmischung durch den stellvertretenden bayerischen Ministerpräsidenten Hubert Aiwanger (FW), der in der Debatte der verganmgenen Wochen "Politik auf dem Rücken der Region" betrieben habe. Aussagen Aiwangers wie etwa die, der Bayerische Wald werde "zu Tode geschützt", würden nur polarisieren. Noch dazu "sind sie objektiv falsch, genauso falsch, wie Aussagen, dass Touristen wegen der sterbenden Bäume ausbleiben", so der Freyunger Landrat. Das Gegenteil sei der Fall. Die Entwicklung im Altgebiet des Nationalparks, wo schon vor Jahrzehnten Fichten abgestorben waren und dann ein neuer Wald nachkam, habe das gezeigt. "Lusen und Rachel" könnten hier eine "Blaupause sein für den Falkenstein," so Gruber.

Beide Landräte betonten außerdem, dass Aiwanger als Wirtschaftsminister gar nicht für das Thema zuständig sei. Der Spiegelauer Bürgermeister Karlheinz Roth (CSU) kritisierte das "populistische Schaulaufen", das in den vergangenen Wochen stattgefunden habe.

Zwei ehemalige Fichten-Wirtschaftswälder sind nicht wertvoll

Nationalparkleiterin Ursula Schuster sagte, es habe auch in der Vergangenheit immer wieder flexible Anpassungen bei der Randzone gegeben. Das sei also nicht erstmals passiert. Die beiden Waldgebiete bei Bayerisch Eisenstein und Scheuereck, die jetzt aus der Naturzone herausgenommen werden, seien naturschutzfachlich nicht wertvoll. Es handle sich vor allem um Fichtenbestände, insgesamt einen früheren Wirtschaftswald ohne viele andere Baumarten. Es seien im Falkensteingebiet die einzigen Flächen, wo überhaupt noch Fichten im "fressfähigen" Alter für den Borkenkäfer stehen. Überall anders in der Naturzone seien Fichten schon abgestorben. Es gehe also keine Gefahr mehr davon aus.

Die Naturzone bleibe auch nach der Herausnahme bei insgesamt knapp über 75 Prozent Gesamtfläche. Das entspreche der Nationalparkverordnung und auch den Kriterien für die internationale Anerkennung des Parks. Die Forderungen der Waldbauern seien viel weitreichender gewesen. Sie hätten mehrere Kilometer Randzone gefordert. Die Randzone um den Nationalpark ist zwischen 500 und 1.100 Meter tief.

Landesbund für Vogelschutz kritisiert Entscheidung

Der Landesbund für Vogelschutz (LBV) in Bayern hat die Entscheidung unterdessen kritisiert. Richtiger wäre es gewesen, so der LBV-Landesvorsitzende Norbert Schäffer in einer Pressemitteilung, wenn der Nationalpark-Ausschuss den "Eingriff in die eigentlich unantastbare Kernzone des Nationalparks zurückgenommen hätte, auch, weil er fachlich bekanntermaßen gar nicht notwendig ist, um Anliegerflächen vor dem Borkenkäfer zu schützen".

Der Naturschutzverband fordert Ausgleichsflächen für diese 18 Hektar und "eine Garantie für die Zukunft", dass die Kernzone nie wieder angetastet wird. Die "große Begeisterung", die der bayerische Umweltminister zuletzt für den Nationalpark und die Kernzone gezeigt habe, sehe man bereits als eine solche Garantie.

Der LBV war in den vergangenen Wochen einer der heftigsten Kritiker der geplanten Ausweitung der Randzone im Nationalpark Bayerischer Wald.

Bund Naturschutz: "Fatales Zeichen"

Auch der Bund Naturschutz (BN) sieht die Maßnahme kritisch. Die Naturzone sei das Herzstück des international anerkannten Nationalparks, sagte BN-Vorsitzender Richard Mergner. "Dass in den Nationalpark jetzt doch eingegriffen wird, ist ein fatales Zeichen für den Schutz unserer sensiblen Wälder. Naturzonen sind absolut tabu, daran gibt es nichts zu rütteln. Wir bedauern die Entscheidung, sie ist grundfalsch und fachlich absolut unnötig."

Nicht vom Nationalpark Bayerischer Wald gingen besondere Gefahren für den Borkenkäferbefall in den übrigen Wäldern aus, vielmehr seien es die Auswirkungen der Klimakrise, "die die Fichtenbestände in ganz Bayern dahinraffen". Sie würden vor allem dort zum Problem, wo überhöhte Wildbestände und falsche Waldbewirtschaftung den Aufbau naturgemäßer Mischwälder verhinderten, so Mergner.

Auch Grüne kritisieren "Populismus der Freien Wähler"

Für den Grünen-Landtagsabgeordneten Toni Schuberl aus dem Landkreis Freyung-Grafenau, also einem der beiden Nationalpark-Landkreise, geht dieser Beschluss "auf das populistische Versprechen der Freien Wähler an die angrenzenden Forstwirte zurück, stärker gegen den Borkenkäferbefall vorzugehen. Aber in dieser ausgeweiteten Randzone jetzt Bäume zu fällen, "hilft überhaupt nicht," so Schuberl. Der Beschluss sei deshalb "sehr bedauerlich".

Der Sprecher für Naturschutz der Landtagsgrünen Patrick Friedl, betont, es dürfe nie wieder sein, dass "der Freie-Wähler-Populismus à la Aiwanger" die Expertise von Forstfachleuten, Naturschützern und des Umweltministeriums übertrumpft. Man brauche in Bayern mehr Fläche, in der die Natur Natur sein darf, nicht weniger. Den bayerischen Umweltminister Thorsten Glauber (FW) fordert Friedl auf, "den Naturschutz in Bayern künftig wieder gemeinsam vor Aiwanger zu schützen".

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