Mo mit seinen Freunden und Mitarbeiterinnen im Nördlinger Tierheim.
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Mo mit seinen Freunden und Mitarbeiterinnen im Nördlinger Tierheim.

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Nach sieben Monaten: Tierpfleger Mo ist zurück aus Ghana

Zurück nach einer wahren Odyssee: Der Geflüchtete Mo aus Ghana ist zurück in Nördlingen, ein Ausbildungsvisum in der Tasche. Nach Plänen der neuen Bundesregierung soll dieses Prozedere in Zukunft nicht mehr nötig sein.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Schwaben am .

"Das ist ein Gefühl - das ist unbeschreiblich", sagt Tierheimleiterin Manu Kaußen. Sie kann es kaum glauben: Mo ist wieder da. Ganz selbstverständlich klopft er im zweiten Katzenzimmer ein Kissen nach dem anderen aus, legt die Polster dann wieder ordentlich in die Körbchen. Eine kleine schwarze Katze streicht ihm um die Beine.

Tierpfleger in Vollzeit ohne Bezahlung

Auf der Katzenstation hat Mohamed Ishaq schon vor seiner Abreise nach Ghana gearbeitet. Fast drei Jahre lang, jeden Tag - ehrenamtlich. "Er ist für uns mehr als eine Vollzeitkraft. Er nimmt nicht frei, ist nie krank, ist einfach unersetzlich", sagt Manu Kaußen. Bekommen hat er dafür bisher keinen Cent. Weil sich das ändern sollte, weil er endlich Geld verdienen und zumindest so weit im Tierheim möglich einigermaßen geregelte Arbeitszeiten und eine Ausbildung bekommen sollte, hat sie ihm eine Ausbildungsstelle im Tierheim angeboten.

Seine Lehrstelle durfte Mo nicht antreten

Doch daraus wurde erst mal nichts: Der heute 23 Jahre alte Mohamed ist mit 16 aus Ghana nach Deutschland geflohen. Er hatte dort keine Familie mehr, hat sich ein besseres Leben erhofft in Deutschland. Dafür hat er die Sprache gelernt, sich integriert, wollte von Anfang an auch arbeiten. Das aber durfte er nicht. Für Geflüchtete aus sicheren Herkunftsländern, zu denen Ghana zählt, gilt bisher ein Arbeitsverbot. Außerdem wurde Mos Aslyantrag abgelehnt. Ihm drohte die Abschiebung. Doch seine Nördlinger Kolleginnen und Kollegen im Tierheim, die für ihn zu Freunden, ja fast zu einer Familie geworden waren, sie wollten ihn nicht einfach so gehen lassen.

Einziger Weg: Freiwillige Ausreise und Rückkehr mit Visum

Eine Online-Petition wurde gestartet, Mohameds Fall im Petitionsausschuss vor dem Bayerischen Landtag behandelt. Der Rat der Politiker: Er solle ausreisen, bei der Deutschen Botschaft in Ghana ein Ausbildungsvisum beantragen, um damit wieder legal nach Deutschland einzureisen. Das Donau-Rieser Landratsamt stimmte dem zu. Wenn er wiederkomme, stünde seiner Ausbildung zum Tierpfleger im Nördlinger Tierheim nichts mehr im Weg. Doch so eine Reise kostet Geld - verdient hatte Mo ja nichts. Innerhalb weniger Stunden kamen über soziale Medien allerdings Spenden von mehreren Tausend Euro zusammen. Schnell war ein Flug gebucht - samt Rückflugticket. Ende Juni war das.

Aus geplanten zwei Wochen werden fast sieben Monate

Den Rückflug mussten sie allerdings schnell wieder stornieren: Die Botschaft in Ghana zweifelte an der Echtheit seiner Papiere. In Deutschland war Mos Geburtsurkunde anerkannt worden. Um zu beweisen, wo er gewohnt hatte, musste Mo aufzeichnen, wo seine Wohnung in Ghana war. Außerdem sollte er bei seiner Geburtsklinik den Mutterpass seiner Mutter besorgen. Formulare durfte er nicht handschriftlich, sondern nur mit einem PC ausfüllen. Das alles hat er getan - und dann gewartet. "Ich hatte so Angst, dass ich vielleicht nicht mehr zurückkehren darf nach Deutschland. In Ghana habe ich immer an die Katzen gedacht - und gewartet", sagt Mo.

Gute Nachrichten kurz vor Weihnachten

Die Botschaft prüfte und prüfte. Während Mo fast täglich dort anrief und keine Antwort erhielt, wurde auch Manu Kaußen auf ihre zahlreichen E-Mails hin immer wieder vertröstet. Auch die Grünen-Landtagsabgeordnete Stephanie Schuhknecht, die seinen Fall im Petitionsausschuss im Landtag behandelt hatte, wandte sich an die Botschaft. Kurz vor Weihnachten dann endlich die Mail, auf die sie alle so lange gewartet hatten: Mo solle bald sein Ausbildungsvisum bekommen.

Nach fast sieben Monaten kann Mo mit seinem Visum zurückreisen

Ohne die vielen Spenden stünde Mo heute nicht hier, sagt Manu Kaußen. Der Aufenthalt, der Flug, das habe alles viel Geld gekostet. Nicht alle haben so ein Glück. Die Landtagsabgeordnete Stephanie Schuhknecht kennt auch Fälle, bei denen es noch länger gedauert oder eben nicht geklappt hat mit der Rückkehr. Sie hofft allerdings, dass sich in Zukunft hier einiges ändert. Im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung sei festgeschrieben, dass es keine generellen Arbeitsverbote für Geflüchtete mehr geben soll. Wer länger als fünf Jahre hier ist, soll außerdem eine Chance bekommen und ein Jahr lang auf Probe arbeiten dürfen. "Das sind doch die Leute, die arbeiten wollen, die wir brauchen. Die wollen wir in Zukunft anders behandeln", sagt die Abgeordnete.

Arbeiten statt Visums-Prozedere

Die viele Zeit und das Geld seien für einen soliden Arbeitsstart in Deutschland besser angelegt als in diesem langwierigen Prozedere des Aus- und Wiedereinreisens. Allerdings müssen diese Vorhaben noch in Gesetze umgewandelt werden.

Wäre das schon vor ein paar Monaten der Fall gewesen, hätte Mo sich die lange Reise und die lange Zeit in Ungewissheit und Angst sparen können. Jetzt aber hat er es geschafft: Er ist zurück, und schon wieder bei der Arbeit, bei seinen geliebten Katzen. So bald wie möglich soll er auf die Schule gehen und seine Ausbildung starten.

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