Leverkusen: Eine dunkle Rauchwolke steigt über dem Chempark auf.
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Leverkusen: Eine dunkle Rauchwolke steigt über dem Chempark auf

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Nach Leverkusen: Schutzmaßnahmen bayerischer Chemiefabriken

Die Explosion im Leverkusener Chempark hat fünf Menschen das Leben gekostet. Auch in Bayern gibt es große Chemiekonzerne, die gefährliche Abfälle produzieren. Welche Schutzmaßnahmen ergreifen sie und worauf kommt es an?

Es war eine gewaltige Explosion in einer Müllverbrennungsanlage des Chemparks in Leverkusen: Das Tanklager mit hochentzündlichem Lösungsmittel war in Brand geraten. Eine giftige Rauchwolke stieg auf, 31 Menschen wurden nach Angaben der Betreiberfirma Currenta verletzt, fünf Menschen sind gestorben – so zumindest der aktuelle Stand. Zwei weitere Menschen werden vermisst und die Hoffnung schwindet, dass sie überlebt haben.

Schutzmaßnahmen an bayerischen Chemie-Standorten

Auch wenn die Ursachen für das Unglück noch nicht geklärt sind, so stellen sich auch für Chemie-Standorte in Bayern Fragen: Welche Schutzmaßnahmen ergreifen die dort ansässigen Firmen? Wie und wo entsorgen sie ihren giftigen Abfall? Und was ist vielleicht anders als in Leverkusen?

BR24 hat nachgefragt im sogenannten Chemie-Dreieck, nämlich bei zwei großen Standorten im Landkreis Altötting: der Firma Wacker in Burghausen und dem "Chemiepark Gendorf" in Burgkirchen an der Alz.

Chemiepark Gendorf: Vorfall in Leverkusen macht betroffen

Der "Chemiepark Gendorf" im oberbayerischen Burgkirchen ist der größte Chemiepark Bayerns und Standort für über 30 Unternehmen mit etwa 4.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Der Geschäftsleiter der Betreiberfirma InfraServ Gendorf, Christoph von Reden, teilt auf Anfrage mit: "Der Vorfall in Leverkusen macht uns sehr betroffen." Im Chemiepark Gendorf verfolge man natürlich die Untersuchung der Unfallursachen. "Um die Ergebnisse zu analysieren und für unsere eigenen Anlagen gegebenenfalls Schlussfolgerungen abzuleiten."

Was mit gefährlichem Abfall in Gendorf passiert

Im Chemiepark Gendorf entstanden im Jahr 2020 insgesamt 33.000 Tonnen Abfall, 20.000 Tonnen davon wurden als "gefährliche Abfälle" eingestuft. Diese werden nach Angaben der Betreiberfirma entweder verbrannt oder umweltgerecht bei externen Dienstleistern entsorgt.

Flüssige Produktionsabfälle – wie etwa organische Lösungsmittel, von denen in Leverkusen die Explosion ausging – würden in der eigenen Anlage entsorgt. Da sie ohne Zwischenlager direkt über eine eigene Rohrleitung der Verbrennungsanlage zugeführt würden, sei eine Lagerung großer Mengen brennbarer Flüssigkeiten nicht notwendig. Nach aktuellem Kenntnisstand bestehe keine direkte Vergleichbarkeit mit Leverkusen, erklärt Geschäftsleiter Christoph von Reden.

Wacker Burghausen: deutlich kleinere Tanks als in Leverkusen

Auf BR-Anfrage teilt Wacker Burghausen mit, man versuche, möglichst alle Nebenprodukte und Hilfsstoffe wieder in den Produktionskreislauf zurückzuführen. Abfall zu vermeiden oder zu verwerten diene auch dem wirtschaftlichen Interesse der Firma: Müllvermeidung und Verwertung seien für die Wettbewerbsfähigkeit unverzichtbar.

Lösungsmittel werden vor der Entsorgung analysiert

Nichtsdestotrotz ist am Standort Burghausen im Jahr 2020 mehr Abfall entstanden als beispielsweise im Chemiepark Gendorf in Burgkirchen: 97.000 Tonnen, davon waren gut 50.000 Tonnen als gefährlicher Abfall eingestuft. Davon waren wiederum 16.000 Tonnen organische Lösungsmittel, die Wacker unter anderem zu Reinigungszwecken einsetzt. Ein Drittel der anfallenden Abfälle entsorgt das Unternehmen selbst, davon sind etwa die Hälfte Lösungsmittel. Dafür wird am Standort eine eigene Rückstandverbrennungsanlage betrieben.

Das Unternehmen weist darauf hin, dass die Lösungsmittel vor der Entsorgung analysiert würden um auszuschließen, dass sie chemisch reagieren könnten. Nur wenn sie stabil seien und sicher gelagert werden könnten, würden Lösungsmittel in ein Tanklager gefüllt und anschließend in der Anlage verbrannt. Die Größe der Tanks liege bei etwa 30 Kubikmetern. Das Unternehmen schreibt hierzu: "Das ist nur etwa ein Zehntel des Fassungsvermögens der Tanks, die beispielsweise in Leverkusen im Einsatz sind."

Schutz- und Kontrollmaßnahmen

Für die Überwachung der Chemieanlagen sind die Kreisverwaltungsbehörden zuständig. Regelmäßig finden Kontrollen und Brandschutzbegehungen in den Unternehmen statt. Außerdem erfolgen TÜV-Prüfungen. Menge und Art der Abfälle werden erfasst und insbesondere die gefährlichen Abfälle unterliegen der Nachweispflicht. Die Firmen veröffentlichen allerdings diese Listen in der Regel nicht.

Wacker schreibt hierzu: "Die einzelnen Abfallstoffe, die wir selbst entsorgen oder zur Entsorgung an externe Fachbetriebe geben, dokumentieren wir für die zuständigen Genehmigungs- und Aufsichtsbehörden bis ins Detail. Wir machen diese Listen aber nicht öffentlich, weil sich dadurch Rückschlüsse auf wettbewerbsrelevante Details unserer Produktionsprozesse ziehen lassen, die wir unseren Konkurrenten nicht zugänglich machen wollen."

Ernstfall proben

Was getan werden muss im Falle eines Notfalls üben die Chemieunternehmen vor Ort regelmäßig. So hat erst am vergangenen Dienstag der Chemiepark Gendorf den Ernstfall von der Alarmierung über den Krisenstab bis hin zur Notfallbewältigung geprobt. Dabei war nicht nur die werkseigene Feuerwehr, sondern auch Einsatzkräfte aus der Umgebung.

"Im Ernstfall ist die reibungslose Zusammenarbeit auch mit anderen Einsatz- und Hilfskräften die Basis für ein schnelles und routiniertes Eingreifen", sagte Alfred Kronwitter, Leiter der ISG-Werkfeuerwehr im Chemiepark. Auch bei Wacker Burghausen steht Ende September eine umfangreiche Übung für den Ernstfall an.

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