Der Beschuldigte wird beim Prozessauftakt von Polizeikräften hereingeführt. Vorne die Dolmetscherin.
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Der Beschuldigte wird beim Prozessauftakt von Polizeikräften hereingeführt. Vorne die Dolmetscherin.

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Messerattacke: Staatsanwaltschaft wirft heimtückischen Mord vor

Am Landgericht Würzburg hat der Prozess gegen den Angreifer der Messerattacke vom Juni 2021 begonnen. Die Generalstaatsanwaltschaft wirft ihm heimtückischen Mord aus niederen Beweggründen vor. Der Prozess dauert voraussichtlich bis September.

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Es ist der 25. Juni 2021: Kurz nach 17 Uhr attackiert ein Mann aus Somalia wahllos Menschen in der Würzburger Innenstadt mit einem Messer. Drei Frauen sterben. Neun Menschen werden verletzt, sechs davon schwer. Dass der Beschuldigte diesen Amoklauf begangen hat, daran gibt es keinen Zweifel. Zahlreiche Videos und Zeugenaussagen belegen das.

Knapp zehn Monate nach der Messerattacke hat am Landgericht Würzburg jetzt der Prozess gegen den Angreifer begonnen. Zum Auftakt äußerte sich der Beschuldigte selbst nicht zum Fall. Sein Pflichtverteidiger gab allerdings eine Stellungnahme für seinen Mandanten ab: "Er möchte in aller Öffentlichkeit um Entschuldigung bitten."

  • Zum aktuellen Artikel: "Prozessauftakt – Wie Würzburg die Messerattacke verhandelt"

Heimtückischer Mord aus niederen Beweggründen

Die Generalstaatsanwaltschaft wirft dem Beschuldigten vor, im Zustand der Schuldunfähigkeit durch drei jeweils selbständige Handlungen jeweils einen Menschen aus niedrigen Beweggründen und heimtückisch getötet zu haben. Darüber hinaus wird ihm versuchter Mord in elf Fällen zu Last gelegt. In zwei dieser Fälle kamen die Personen glücklicherweise physisch unverletzt davon.

Kein islamistisches Motiv

Der Beschuldigte betrat den Prozesssaal am heutigen ersten Prozesstag mit einer Fußfessel. Er verfolgte die Verhandlung ruhig, leicht nach unten gebeugt. Eine Dolmetscherin übersetzte. Nach Angaben seines Pflichtverteidigers Hans-Jochen Schrepfer ist der Beschuldigte derzeit medikamentös gut eingestellt.

Zu einem möglichen islamistischen Motiv für die Tat sagte Schrepfer im Prozesssaal: "Zu keinem Zeitpunkt hat es derartige Motive oder Kontakte gegeben." Auch die Ermittler schließen ein extremistisches Motiv aus. Verteidiger Schrepfer verwies auf eine Vernehmung des Angreifers im vergangenen Herbst. Darin gab der Mann an, "innere Stimmen" hätten ihn zu der Tat veranlasst.

27 Verhandlungstage bis voraussichtlich September

Das Landgericht Würzburg hat für den Prozess 27 Verhandlungstage angesetzt. Weil in den größten Sitzungsaal am Justizzentrum zuletzt nur 25 Personen passten, weicht das Gericht in drei Veranstaltungshallen im Raum Würzburg aus – darunter die Mainfrankensäle in Veitshöchheim, wo am Freitag der Prozess gestartet ist. Ein Urteil fällt voraussichtlich im September.

Umfangreiche Akten mit rund 20.000 Seiten

Nach der Messerattacke am 25. Juni 2021 arbeiteten in der Spitze bis zu 130 Polizeikräfte an der Aufklärung des Falls. Die Ermittlungen leitete die Generalstaatsanwaltschaft München. Die Akten umfassten zuletzt 57 Ordner und 33 Sonderhefte. Die Ermittler sprechen von mehr als 20.000 Seiten.

Unterbringung des Täters in der Psychiatrie

Zwei psychiatrische Gutachten belegen, dass der Beschuldigte an einer paranoiden Schizophrenie erkrankt ist. Er gilt damit als schuldunfähig zum Tatzeitpunkt. Das bedeutet: Beim jetzigen Prozess geht es nicht um eine Haftstrafe, sondern um eine dauerhafte Unterbringung in einer geschlossenen psychiatrischen Einrichtung.

Bei einer solchen Unterbringung gibt es keine Höchstfrist. Allerdings kann das Landgericht, das für die jeweilige Klinik zuständig ist, eines Tages anordnen, dass der Täter wieder auf freien Fuß kommt. Dafür jedoch müsste er vollständig therapiert sein.

Wegen der attestierten Schuldunfähigkeit wird der Täter bis zum Ende des Prozesses formell auch nicht als Angeklagter, sondern als Beschuldigter bezeichnet.

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