Überwachungskameras am Würzburger Barbarossaplatz
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Überwachungskameras am Würzburger Barbarossaplatz

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Mehr Videoüberwachung – mehr Sicherheit?

Erhöht Videoüberwachung auf öffentlichen Plätzen die Sicherheit für Bürger? In Würzburg wurden im September an zwei Schwerpunkten Videokameras installiert. Die Polizei zieht nun ein positives Fazit. Datenschützer warnen jedoch vor einer Ausweitung.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im BR Fernsehen am .

In Würzburg wurde nach dem Messerattentat 2021 sowohl im Bereich des Tatorts als auch am Bahnhofsvorplatz die Videoüberwachung vor einigen Wochen massiv ausgeweitet. Nun zieht die Polizei ein erstes, positives Fazit. Bayerns oberster Datenschützer hält dabei die begrenzte polizeiliche Überwachung für zulässig, warnt aber vor einer flächendeckenden Überwachung.

Hinweisschilder leicht zu übersehen

Sie hängen an dem Rondell einer Bushaltestelle in der Würzburger Innenstadt und auf Masten am Hauptbahnhof. Jeweils acht hochauflösende, drehbare Kameras in einem Kasten, der einem Beamer ähnelt. Das blau-weiße Hinweisschild "Vorsicht Videoüberwachung" an einer Säule hängt allerdings so hoch und ist so klein, dass es wohl von den wenigsten Passanten überhaupt bemerkt wird.

Vielleicht deshalb sind den meisten Passanten, die BR24 auf die ausgeweitete Videoüberwachung am Barbarossaplatz anspricht, die vielen Kameras noch gar nicht aufgefallen. Kritik daran äußert aber niemand. "Gerade, wenn man als Frau nachts allein unterwegs ist, würde ich mich mit Kameras sicherer fühlen", sagt eine Passantin.

Ziel: Verbrecher abschrecken, Fahndung erleichtern

Haben die Kameras eine abschreckende Wirkung? Sind die beiden Orte, an denen sich laut Polizei im vergangenen Jahr Straftaten wie Körperverletzungen, Drogenhandel oder Sexualdelikte gehäuft haben, durch die Kameras sicherer geworden?

Die Polizei zieht ein zumindest vorsichtig positives Fazit: "Wir können mit Blick auf die vergangenen Monate sagen: Das ist schon ein wertvoller Baustein in der Sicherheitsarbeit und hat sich schon in mehrfacher Hinsicht bewährt", sagt Martin Kuhn, Sprecher des Polizeipräsidiums Unterfranken. Die Kollegen nutzten die Videotechnik bei der Fahndung, der Beweissicherung für spätere Strafverfahren, aber auch bei der Verhütung von Straftaten.

Polizei: Bande überführt und Schlägerei verhindert

So habe die Polizei etwa in der Zeit eine Bande von Ladendieben überführt. "Die Kollegen konnten die Täter auf einer der Kameras ausfindig machen und sie dabei beobachten, wie sie ihr Diebesgut aufgeteilt haben. Wenig später erfolgte die Festnahme am Bahnhof in Würzburg", sagt Kuhn. Beim zweiten Fall im November hätten die Beamten beobachtet, dass eine Gruppe von 20 Personen im Begriff war, aufeinander loszugehen. Die Polizisten waren dann rasch vor Ort und konnten die Situation auflösen.

Abschreckung schwer messbar

Ob die Kameras Täter von der Örtlichkeit abschrecken und dadurch die Sicherheit erhöhen, sei deutlich schwieriger zu beurteilen, gibt die Polizei zu. Denn erstens habe nach der Corona-Pandemie die Zahl der öffentlichen Straftaten allgemein wieder zugenommen. Ein Vergleich sei also schwierig.

Und zweitens führe ein erhöhter Kontrolldruck, ob durch Streifen vor Ort oder Kameras, immer zu einer erhöhten Anzahl von festgestellten Straftaten. "Wirklich Bilanz ziehen, ob die Zahl der Straftaten durch die Videoüberwachung zurückgegangen ist, können wir deshalb noch nicht", sagt der Polizeisprecher.

Bilder landen in Zentrale und werden teilweise verpixelt

Die Bilder, die vom Würzburger Barbarossaplatz und dem Platz vor dem Hauptbahnhof in die Monitoring-Zentrale der Polizeiinspektion Würzburg Stadt gesendet werden, haben wenig mit den verrauschten Bildern früherer Überwachungskameras gemein. Die beiden Beamten dort können bei einem Verdacht die Kameras schwenken und auch nahe an Personen oder Fahrzeuge heranzoomen. Eine automatische Gesichtserkennung gebe es nicht, betont der Polizeisprecher.

Bereiche wie Privatwohnungen und die Eingänge von Arztpraxen und Rechtsanwaltskanzleien sind aber durch graue oder schwarze Kästen verdeckt, die auch beim Schwenken der Kameras auf dem Objekt bleiben und es damit von der Überwachung ausnehmen. Nach drei Wochen würden die Aufnahmen gelöscht, sagt Polizeisprecher Kuhn. Auch bei laufenden Versammlungen und Demos würden die Kameras von außen sichtbar mit einem Rollo zugeklappt. "Für uns bleibt die Videoüberwachung damit zielführend und verhältnismäßig."

Datenschützer: Polizeiüberwachung ja, aber in engen Grenzen

Auch Datenschützer wie der bayerische Landesdatenschutzbeauftragte Thomas Petri halten eine polizeiliche Überwachung an bestimmten Plätzen mit hoher Kriminalität und mit konkreten Einschränkungen für rechtlich zulässig. Es dürfe aber keine flächendeckende Überwachung geben. "Das wäre ein unverhältnismäßiger Grundrechtseingriff", so Petri. Dass die Kameras wirklich Straftaten verhindern, bezweifelt Petri. In Einzelfällen und eingebettet in ein Einsatzkonzept sei das vielleicht möglich, "aber die Masse der Straftaten, die doch Affekttaten sind, wird man damit nicht in den Griff kriegen".

Kameras am Reichsparteitagsgelände nicht zulässig

Kritisch sieht Petri dagegen die kürzlich erhobene Forderung nach Videoüberwachung für das Reichsparteitagsgelände in Nürnberg. Dort kommt es immer wieder zu "Nazischmierereien" und Fotos mit Hitlergruß. Das aber reiche nicht für eine ständige Videoüberwachung der Besucher aus, sagt Petri. "Das wäre ja keine Maßnahme der Strafverfolgung, sondern eine kommunale Maßnahme zur Eigensicherung einer öffentlichen Einrichtung. Eine Schmiererei allein rechtfertigt eine Videoüberwachung im kommunalen Bereich nicht."

Die Stadt Nürnberg plant auf dem Gelände nach eigener Aussage keinen Einsatz von Kameras. Das sei auf dem riesigen Gelände schon aus logistischen und finanziellen Gründen derzeit kein Thema, so ein Sprecher.

Videoüberwachungskamera in Würzburg.
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Videoüberwachung

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