Markus Söder (CSU), Parteivorsitzender und Ministerpräsident von Bayern, in der CSU-Landesleitung in München.
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Markus Söder (CSU), Parteivorsitzender und Ministerpräsident von Bayern, in der CSU-Landesleitung in München.

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"Absurd": Söder gegen Krisenübungen an Schulen

Sollen Kinder und Jugendliche in der Schule üben, wie man sich im Krisenfall verhält? Der Vorschlag der Bundesbildungsministerin erzeugt bei CSU und Lehrerverbänden große Vorbehalte. Die Bundeswehr zeigt sich offen für ein Engagement an Schulen.

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 3-Nachrichten am .

Der bayerische Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder wählt deutliche Worte: Die Vorschläge von Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP), mit Blick auf den Krieg in der Ukraine Zivilschutzübungen an Schulen abzuhalten, seien "absurd". Söder zufolge wäre es "skurril, jetzt unseren Kindern Kriegsunterricht zu vermitteln".

Wichtig dagegen sei, sagte Söder am Rande einer CSU-Vorstandssitzung, auf die Bedeutung internationaler Krisen einzugehen. Söder will Bundeswehr-Jugendoffiziere in die Schulen holen. Mit einem eigenen bayerischen Bundeswehr-Gesetz, das derzeit erarbeitet werde, will die CSU das ermöglichen.

Ministerin: Schüler auf Kriegsfall vorbereiten

Am Wochenende hatte die FDP-Politikerin Stark-Watzinger Schulen aufgefordert, Kinder und Jugendliche auf den Kriegsfall vorzubereiten. Überhaupt, die Gesellschaft in Deutschland müsse sich für Krisen präparieren, "von einer Pandemie über Naturkatastrophen bis zum Krieg", sagte die Ministerin in einem Interview. Zivilschutz gehöre auch an die Schulen. In anderen Ländern wie Großbritannien gehörten derartige Übungen zum Alltag. "Davon können wir lernen", so die Ministerin.

Auch die bildungspolitische Sprecherin der Landtagsgrünen, Gabriele Triebel, ist der Meinung, zusätzliche Übungen an den Schulen seien überflüssig. Dort sei es Pflicht, den Feueralarm zu üben. Die Lehrkräfte wüssten, was zu tun ist, wenn es Terroralarm gebe. Mehr brauche es nicht. Stattdessen müssen die Kinder und Jugendlichen aus Triebels Sicht zukunftsfit gemacht werden. Mit Teamfähigkeit, Kreativität und kritischem Denken.

"Üblicher Reflex, die Schulen sollen es richten"

Auch der Vorsitzende des bayerischen Philologenverbands (bpv), Michael Schwägerl, widersprach der Bundesbildungsministerin im Gespräch mit BR24. Jetzt gebe es ein gesellschaftliches Problem, und sofort komme der "übliche Reflex", so Schwägerl: "Die Schule soll es lösen." Schwägerl warf die Frage auf, warum in diesem Zusammenhang nicht erst an die Erwachsenen gedacht werde. Die Volkshochschulen und andere Bildungsträger könnten seiner Meinung nach Angebote für Erwachsene schaffen, statt alles auf die Schulen abzuwälzen.

Die Schulen, so der bpv-Vorsitzende, hätten ganz andere Probleme. "Wir müssen die Grundkompetenzen stärken. Das ist der Auftrag der Schulen." Aktuelle Entwicklungen sind aus Schwägerls Sicht längst Teil des Unterrichtsalltags. Krisen würden natürlich auch in der Schule besprochen. "Wollen wir mit den Kindern jetzt üben, dass sie sich unter dem Tisch verstecken, wie das in Japan in Erdbebengebieten üblich ist?" Das sei ein großer Schritt zu weit. Gegen Überlegungen, wie die Gesellschaft resilienter werden kann, hat Schwägerl nichts. Aber gegen Übungen in Schulen.

Krisen schon jetzt Thema im Unterricht

Auch der Bayerische Realschullehrerverband (brlv) hält es für wichtig, Schülerinnen und Schüler für mögliche Krisensituationen zu sensibilisieren, "ohne dabei unnötig Angst und Panik zu schüren". Neue Lerninhalte oder externe Akteure wie die Bundeswehr zusätzlich hinzuzuziehen, lehnt der brlv-Landesvorsitzende Ulrich Babl ab. Auch an den bayerischen Realschulen werde regelmäßig über militärische Konflikte gesprochen.

Die Bundeswehr ist schon jetzt an den Realschulen präsent, beispielsweise bei Berufsinformationstagen. Genauso wie die Polizei und andere Rettungskräfte. Mehr will Babl nicht.

Bundeswehr: "Stehen zur Verfügung"

Stark-Watzinger hatte nicht nur Zivilschutzübungen vorgeschlagen, sondern auch gefordert, "ein unverkrampftes Verhältnis zur Bundeswehr" zu entwickeln. Dafür sei es wichtig, Jugendoffiziere in Schulen zu holen, die berichten, "was die Bundeswehr für unsere Sicherheit tut". Ein Bundeswehrsprecher zeigte sich dafür offen. Der Zivilschutz sei ein großes Feld. Wenn es hier Bedarf gebe, den Auftrag und die Aufgaben der Bundeswehr intensiv zu erörtern, stehe man mit den Jugendoffizieren natürlich zur Verfügung.

Allerdings finden laut dem Sprecher Besuche an Schulen nur auf Einladung statt. Bei diesen Besuchen gehe es darum, neutral Auftrag und Aufgaben der Bundeswehr und Grundsatzfragen der Sicherheits- und Verteidigungspolitik zu erläutern. Auf keinen Fall gehe es um Personalwerbung, so der Sprecher.

Im Audio: Debatte um Zeitenwende in deutschen Klassenzimmern

Archivbild: Ein Jugendoffizier der Bundeswehr im Austausch mit Schülern auf einer Bildungsmesse. (Aufnahmedatum: 15.04.2005)
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Archivbild: Ein Jugendoffizier der Bundeswehr im Austausch mit Schülern auf einer Bildungsmesse.

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