Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) und Gesundheitspolitische Sprecherin der SPD Landtagsfraktion Ruth Waldmann bei "jetzt red i"
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Judith Gerlach (CSU) und Ruth Waldmann (SPD) bei "jetzt red i"

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Kliniksterben: "Große Sorgen" - Gerlach fordert Übergangslösung

Bis die Krankenhausreform in Kraft tritt, droht vielen Kliniken, das Geld auszugehen. Gesundheitsministerin Gerlach fordert Unterstützung vom Bund. SPD Gesundheitspolitikerin Waldmann erinnert stattdessen an ein Wahlversprechen Markus Söders.

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"Ohne dieses Krankenhaus glaube ich nicht, dass ich noch leben würde", sagt Wolfgang Binder und nickt bedächtig. Sechs Kilometer ist das Krankenhaus in Rothenburg von seinem Haus entfernt. Die sechs Kilometer konnte der Krankenwagen schnell genug zurücklegen und ihn mit einem Herzinfarkt zu Ärzten bringen, die ihn sofort notoperierten und sein Leben retteten.

Heute ist Wolfgang Binder wieder gesund auf den Beinen. Doch die Sorge ist ihm und weiteren Mitstreitern ins Gesicht geschrieben, denn: Den Kliniken in Rothenburg ob der Tauber und Dinkelsbühl droht die Schließung oder eine starke Einschränkung der Notaufnahmen. In der Sendung "jetzt red i" tragen die Bürgerinnen und Bürger aus Mittelfranken ihr Anliegen an die bayerische Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) und die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, Ruth Waldmann heran.

Das Problem: Viele Kliniken schreiben seit Jahren rote Zahlen, auch die Krankenhäuser im Verbund ANregiomed, zu dem die Kliniken in Dinkelsbühl, Rothenburg ob der Tauber und Ansbach gehören. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft warnte unlängst, dass bundesweit 80 Kliniken heuer insolvent gehen könnten.

Krankenhausreform bringt ein Finanzierungssystem in die Kliniken

Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) möchte mit der Krankenhausreform die Klinikfinanzierung daher bundesweit auf neue Beine stellen. Unter anderem sollen sogenannte Vorhaltekosten dafür sorgen, dass Krankenhäuser vorab Zuschüsse für einige Behandlungen erhalten. Beispielsweise die Notfallversorgung wäre so besser finanziert.

Die Krankenhausreform, eigentlich für Januar 2024 angekündigt, ist aber noch nicht verabschiedet. Das liegt auch an der Blockade im Bundesrat unionsgeführter Länder. Ende Februar einigte sich ein Vermittlungsausschuss mit Vertretern aus Bundestag und Bundesrat auf einen Krankenhaus Transformationsfond. Ab 2025 soll der Fond die Krankenhausreform für zehn Jahre mit 50 Milliarden Euro finanzieren.

Gerlach: Kliniken brauchen Finanzierung bis Eintreten der Reform

Um dem Krankenhaussterben zu begegnen, fordert Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach jetzt eine Übergangsfinanzierung, bis die Reform in Kraft tritt. Die geplante Krankenhausreform würde sich frühestens im Jahr 2027 auswirken, bis dahin müssten die Strukturen aber zunächst abgesichert werden. Passiere das nicht, so würden Krankenhäuser in dieser Zeit sterben. "Das heißt, einige Krankenhäuser werden diese Reform gar nicht mehr erleben, wenn wir so weiter machen", warnt Gerlach.

Waldmann: Söder hat Geld für kleine, ländliche Kliniken versprochen

Die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, Ruth Waldmann, forderte hingegen Soforthilfe vom Freistaat "weil die Krankenhäuser sonst schlapp machen", so Waldmann. Die Krankenhausplanung sei Ländersache. Außerdem verwies Waldmann auf ein Wahlversprechen der CSU aus dem Jahr 2018. Ministerpräsident Markus Söder hätte kleinen und ländlichen Krankenhäusern einen Schutzschirm versprochen, der Teile der Defizite zahlen würde. "Davon ist aber leider nichts angekommen", so Waldmann.

Landkreis Ansbach: Bürger fordern flächendeckende Versorgung

Für die Bürgerinnen und Bürger des Landkreises Ansbach, flächenmäßig der größte in Bayern, bleibt erstmal ungeklärt, ob alle drei Kliniken erhalten bleiben können. "Mir macht das große Sorgen", sagt die Notärztin Grit Schneider, und weiter: "Wir haben so lange Anfahrtszeiten".

Das angestrebte Ziel, maximal zwölf Minuten Fahrzeit mit dem Krankenwagen zu haben, sei in diesem Landkreis nicht möglich, so Schneider. Michaela Ebner aus Rothenburg ob der Tauber sieht die Staatsregierung in der Pflicht, im ländlichen Raum die Gesundheitsversorgung zu garantieren: "Wir brauchen ANregiomed in der Fläche!".

ANregiomed will bis Ostern einen Plan vorlegen

Im Landkreis wurden nun 14.000 Unterschriften zum Erhalt der Kliniken Dinkelsbühl und Rothenburg gesammelt. Am 14. März 2024 berät das Kommunalunternehmen über mögliche Umstrukturierungsmaßnahmen. Bis Ostern soll klar sein, welche Maßnahmen ergriffen werden. Ob Wolfgang Binder dann immer noch nur sechs Kilometer von der nächsten Klinik entfernt wohnt, bleibt so lange ungewiss.

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