Eine Patientin mit Atemmaske wird im Krankenhaus von Ärzten versorgt. (Symbolbild)
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Eine Patientin mit Atemmaske wird im Krankenhaus von Ärzten versorgt. (Symbolbild)

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Kliniken in der Krise: Sorge vor Schließungen auf dem Land

Die kommunalen Krankenhäuser in Niederbayern machen Verluste in Millionenhöhe. Das ist unter anderem eine Folge der Corona-Krise und steigender Preise. Zusätzlich bedroht die geplante Krankenhaus-Reform der Bundesregierung vor allem kleine Kliniken.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Niederbayern am .

Niederbayerische Kliniken haben ein Problem: Sie machen finanzielle Verluste. Im Jahr 2023 rechnet man beispielsweise im Donau-Isar-Klinikum mit einem Defizit von 19,9 Millionen Euro – auch 2022 gab es ein Minus. Nicht nur hier, sondern in vielen Kliniken, denn: Corona-Hilfen fallen weg, Energie- und Sachkosten steigen in Folge des Kriegs in der Ukraine. "Wir haben 20 Prozent Preissteigerungen bei Sachkosten – wir können unsere Preise gegenüber Krankenkassen aber nicht steigern", so der Vorstand der Donau-Isar-Kliniken, Inge Wolff. Jetzt müssen die Landkreise als Träger der kommunalen Krankenhäuser finanziell einspringen – und dadurch die Bürger.

Krankenhaus-Reform: Zentralisierung und Schließungen

Niederbayerische, kommunale Kliniken in Dingolfing, Landau, Deggendorf, Bogen und Mallersdorf rechnen mit einer zusätzlichen Verschärfung der finanziellen Situation und mit Krankenhausschließungen auf dem Land. Der Grund: die von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) angekündigte Krankenhausreform. Sie ist noch nicht in Stein gemeißelt, sorgt aber schon jetzt für Kritik und hitzige Debatten.

Bundesweit ist durch die Reform unter anderem eine einheitliche Einteilung der Kliniken in drei Stufen geplant, mit entsprechender Förderung: Wohnortnahe Kliniken zur Grund- und Notfallversorgung, Häuser mit "Regel- und Schwerpunktversorgung" - also weiteren Leistungen - und "Maximalversorger", wie etwa Unikliniken.

Bogen: "4.000 Patienten könnten nicht mehr behandelt werden"

Für Deggendorfs Landrat Bernd Sibler (CSU) deuten alle Signale des Reform-Entwurfs auf Zentralisierung hin: "Kleinere Krankenhäuser in ländlichen Gebieten gehören zu den Verlierern." Der Vorstand der Kreiskliniken Bogen-Mallersdorf, Robert Betz, wird konkreter: So würde die Klinik in Bogen nach dem derzeitigen Reform-Entwurf nur Level eins erreichen – das bedeute wiederum, dass zwei Drittel der bisherigen Leistungen wegfallen würden, wie Kardiologie, Orthopädie oder Unfallchirurgie (sind in Level zwei enthalten). 4.000 Patienten könnten in Bogen nicht mehr behandelt werden, so Betz.

Kleinere Häuser: "Ambulante Kliniken mit Übernachtung"

Doch ob die Klinik Bogen nach dem derzeitigen Reform-Entwurf der Bundesregierung überhaupt Level eins erreicht, ist fragwürdig, so Vorstand Betz weiter: Dafür brauche es nämlich eine Rund-um-die-Uhr-Präsenz von Ärzten auf der Intensivstation. Die gibt es bisher nicht in Bogen – 5,5 neue Vollzeitkräfte wären dafür notwendig. "Diese Ärzte gibt es aber nicht in Deutschland", so Betz, und weiter: "Welche Ärzte bekommen wir noch für Level eins, wenn wir da letztlich nichts mehr machen dürfen?" Er fürchtet, dass durch den derzeit geplanten Reform-Entwurf der Großteil der Krankenhäuser besonders auf dem Land zu "ambulanten Kliniken mit Übernachtungsmöglichkeiten“ für Patienten werde, was "dramatisch" sei.

Folgen für Patienten: Weite Wege und lange Wartezeiten

Die derzeit diskutierten Einstufungen von Krankenhäusern hätten zur Folge, dass der Großteil der medizinischen Versorgung nur noch von größeren oder mittleren Häusern geleistet werden könne. Ein Irrglaube für Robert Betz: "Die großen Krankenhäuser haben die Kapazitäten gar nicht, das alles aufzufangen. Das Personal von kleineren Häusern wird nicht in größere Häuser wechseln – sie werden den Beruf verlassen."

Für Inge Wolff, Geschäftsführerin der Donau-Isar-Kliniken, bedeutet eine Zentralisierung auf größere Krankenhäuser nicht nur weite Wege für Patienten und Wartezeiten, sondern Schließungen von kleineren Krankenhäusern.

Bayerische Kliniken wünschen sich Austausch und Dialog

Die Landräte in Deggendorf und Dingolfing-Landau sowie die Klinikvorstände meinen, generell sei eine Krankenhausreform notwendig – das zeigten die derzeitigen finanziellen Defizite. Doch die Reform, wie sie derzeit geplant ist, verändere die Krankenhausstruktur in Bayern enorm. Sie alle fühlen sich in diesen Prozess nicht eingebunden: "Das ist sehr zentralistisch aus städtischen Strukturen gedacht", so Deggendorfs Landrat Bernd Sibler. Die Reform sei nicht für ein Flächenland wie Bayern gemacht mit kleineren Häusern, so Inge Wolff von den Donau-Isar-Kliniken. Robert Betz, Vorstand der Kliniken Bogen-Mallersdorf, kritisiert, dass derartige Reformen nicht regional abgestimmt würden und fordert einen Dialog: "Wenn man Regional-Pläne machen könnte, wäre das sinnvoll. Die Region kennt die Region – das kann nicht von oben auf alle übergestülpt werden." Sie alle eint das Ziel, ihre kleineren und mittleren Krankenhäuser zu erhalten, um die Versorgung gerade auch in ländlichen Regionen zu sichern.

Holetschek: Vernachlässigung von ländlichen Krankenhäusern?

Ähnlich äußerte sich auch Klaus Holetschek (CSU) in einer Pressemitteilung Ende Januar: Der bayerische Gesundheitsminister warnt bei der Reform vor der Vernachlässigung der Krankenhäuser auf dem Land. "Niemandem ist in einem Notfall damit gedient, wenn das nächste Krankenhaus zwar top ausgestattet ist, aber leider 120 Kilometer entfernt."

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