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Theologe kritisiert Kirchenasylpraxis

Wer Kirchenasyl gewährt, begeht Rechtsbruch. Das sagt der evangelische Theologe Reiner Anselm im Interview mit dem Bayerischen Rundfunk und kritisiert die beiden großen christlichen Kirchen: Sie müssten ihr Handeln klar als Rechtsbruch benennen.

Über dieses Thema berichtet: Theo.Logik am .

Befürworter des Kirchenasyls gingen davon aus, dass die rechtsstaatlichen Institutionen durch eine übergeordnete moralische Instanz - wie die Kirchen - korrigiert werden müssten.

"Der Effekt ist, dass man sagt: Wir sind eigentlich die letzte Instanz des Rechtsstaates und unterstehen ihm nicht." Reiner Anselm, Professor für Theologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München

Darin spiegele sich ein Denken wider, welches "mit einem modernen, aufgeklärten und weltanschaulich neutralen Staat so nicht vereinbar ist." Die Kirchen inszenierten sich als Instanzen, die über dem Recht stünden und diesem überhaupt erst Legitimität verschafften. 

Kirchen: "Menschen zu ihrem Recht verhelfen"

Beide großen Kirchen argumentieren dagegen, das Kirchenasyl bewege sich in einer staatlich tolerierten rechtlichen Grauzone und könne im Einzelfall dazu dienen, Menschen erst zu ihrem Recht zu verhelfen. Befürworter des Kirchenasyls sehen darin keinen Rechtsbruch und betonen regelmäßig, sich an die Absprachen mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zu halten.

Theologe Anselm: Widersprüchliche Praxis

Reiner Anselm kritisierte die gängige Praxis als widersprüchlich.

"Man will irgendwie im Rahmen des Rechts bleiben und es doch nicht akzeptieren." Reiner Anselm, Professor für Theologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München

An diesem Punkt seien die Kirchen zu zaghaft und trauten sich nicht in die volle politische Debatte zu gehen, indem sie das Kirchenasyl klar als zivilen Ungehorsam und bewussten Rechtsbruch benennen, um auf Missstände aufmerksam zu machen.   

Mehr als 300 Kirchenasylfälle in Bayern

Nach Angaben der evangelischen Kirche gibt es in Bayern derzeit etwa 30 bis 40 Kirchenasyle in evangelischen Gemeinden. Auf katholischer Seite sind es nach Angaben des katholischen Büros um die 300 gemeldete Fälle.