Eine Mutter umarmt ihre weinende Tochter (Symbolbild)
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Getötete Zehnjährige: Wie spreche ich mit meinem Kind darüber?

In einem Kinderheim in Wunsiedel ist nach jetzigen Erkenntnissen ein zehnjähriges Mädchen getötet worden. Eltern fragen sich, wie sie mit ihren Kindern über eine solche Tat sprechen sollen. Ein Psychologe und ein Notfallseelsorger geben Tipps.

Über dieses Thema berichtet: BR24 Infoblock am .

Ein zehnjähriges Mädchen ist am Dienstag tot in einem Kinderheim in Wunsiedel aufgefunden worden. Laut ersten Ermittlungen geht die Polizei davon aus, dass es umgebracht worden ist. Es sei eine schreckliche Nachricht, die bei Kindern Verunsicherung und Ängste auslösen könne, sagt der Münchner Psychologe Markus Fellner.

Das könne zum Beispiel die Befürchtung sein, selbst Opfer einer solchen Gewalttat zu werden. Kinder könnten "in ihrem Grundgefühl, dass die Welt sicher und gut ist", erschüttert werden, sagt Fellner.

"Wie vom Blitz getroffen": Seltenheit des Ereignisses betonen

Grundsätzlich rät der Psychologe Eltern zu einem behutsamen offenen Wort: "Eltern sollten mit den Kindern über deren Gefühle sprechen, die durch die Nachricht über die Tötung aufgewühlt werden – ihnen erklären, dass so etwas nur extrem selten passieren kann, und dass sie selbst nicht Opfer einer solchen Gewalttat werden."

Veranschaulichen ließe sich das etwa mit dem Vergleich, dass es auch extrem selten passiert, dass ein Mensch von einem Blitz getroffen wird.

Ängste der Kinder ernst nehmen

Sehr wichtig sei auch, dass Kinder die Gewissheit hätten, dass sie über alle Ängste mit ihren Eltern sprechen können, sagt Pfarrer Dirk Wollenweber. Eltern müssen diese "Ängste erst nehmen und dürfen sie nicht relativieren", sagt der Beauftragte der bayerischen evangelischen Landeskirche für Notfallseelsorge.

Gerade vor dem Hintergrund, dass auf sozialen Medien viele Spekulationen und Gerüchte verbreitet würden, sollten Eltern genau zuhören und nach den Quellen fragen. Man könne dann gemeinsam mit den Kindern recherchieren und fragen: "Stimmt das?", so Wollenweber. "Mit klaren Fakten" zu arbeiten könne helfen, gewisse Befürchtungen zu zerstreuen.

Soll ich mein Kind selbst darauf ansprechen?

Viele Eltern fragen sich auch: Sollte ich mein Kind auf das Ereignis ansprechen? Der Notfallseelsorger rät, Kinder immer selbst entscheiden zu lassen, ob sie reden wollen. Allerdings könne man behutsam vorfühlen und vorsichtige Gesprächsangebote machen. Manchen Kindern könne dies helfen, aus einer gewissen Sprachlosigkeit herauszufinden.

Der Tipp von Psychologe Fellner: "Wenn eine relativ hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass die Kinder es sowieso erfahren werden, ist es sinnvoll, eigeninitiativ mit den Kindern behutsam zu sprechen."

"Mama, warum?" - eine ganz schwere Frage

Oft fragen Kinder nach dem Warum. Dies sei eine ganz schwere Frage, so Wollenweber. Eltern sollten immer bei der Wahrheit bleiben, "sich genau erkundigen, was ist bis jetzt gesichert - und auch offen sagen, wenn ich es selbst nicht weiß".

Mit der Gegenfrage "Warum meinst du denn, dass das passiert ist? Hast du was gehört?", könne man mit Kindern ebenfalls ins Gespräch kommen und herausfinden, über welche Quellen sich das Kind informiert hat.

Angst der Eltern: "Was, wenn meinem Kind so etwas passiert?"

So schrecklich das Ereignis auch sei, es biete Familien die Möglichkeit, über die je eigenen Ängste zu sprechen, sagt der Pfarrer, der selbst Vater von zwei Kindern ist. Denn oft würden ja nicht nur bei Kindern, sondern auch bei Erwachsenen Ängste hervorgerufen: "Alle Eltern wollen Sicherheit für ihre Kinder, und da spielt die Angst, dass ihnen etwas passieren könnte, eine zentrale Rolle."

Fühle man sich als Vater oder Mutter unsicher, könne man mit seinem Kind klare Absprachen treffen: "Wo gehst du hin?", "Wie kannst du mich erreichen?" "Wann bist du zurück?" Sein Kind in Watte zu packen - davon hält Wollenweber nichts. "Kinder loten Grenzen aus und wir haben die Aufgabe, Grenzen immer wieder neu auszuhandeln", erklärt er. Schließlich sei dies auch wichtig für die Entwicklung des Kindes.

Zehnjährige tot in Kinder- und Jugendhilfezentrum gefunden
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