Mehrere Polizisten und Polizistinnen stehen nebeneinander.
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Wer hat am 9. November 2023 einen Feuerlöscher aus einem Hochhaus in Nürnberg-Langwasser geworfen? Die Polizei befragte Anwohner.

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Feuerlöscherwurf: Polizei sucht mit Großaufgebot nach Zeugen

Was für ein Schock: Anfang November 2023 fährt eine Rollstuhlfahrerin durch den Nürnberger Stadtteil Langwasser, als plötzlich ein Feuerlöscher neben ihr einschlägt. Die Polizei ermittelt nun wegen Mordes – und klingelt dafür an 300 Wohnungstüren.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

Am 9. November 2023 ist eine Rollstuhlfahrerin in der Wettersteinstraße auf dem Gehweg zwischen mehreren Hochhäusern und einer Ladenpassage unterwegs, als es um 18.15 Uhr zu einem beinahe tödlichen Vorfall kommt. Unbekannte werfen aus den oberen Etagen der 15-stöckigen Wohnhäuser einen Feuerlöscher. Das Geschoss verfehlt die Frau nur knapp – es schlägt zwei Meter neben ihr ein. Die Ermittler gehen davon aus, dass der Feuerlöscher mindestens aus der neunten Etage geflogen sein muss. Diesen Aufprall hätte die Frau vermutlich nicht überlebt, sagt Polizeisprecher Michael Petzold.

Nur eine Zeugin, keine Videos

Zuerst ermittelte die Polizei wegen versuchten Totschlags, inzwischen wegen versuchten Mordes. Die Nürnberger Mordkommission gründete die "Arbeitsgruppe Feuerwehr". Das Problem: Die Ermittler haben, bis auf die knapp verfehlte Frau, keine Zeugen, keine Handyvideos oder andere Hinweis zu dem Vorfall. Deshalb suchte die Polizei am Donnerstagabend mit einem Großaufgebot vor Ort nach Anhaltspunkten.

Mission: Hinweise und Zeugen finden

70 Polizistinnen und Polizisten im zweiten Ausbildungsjahr hat die Mordkommission angefordert, um eine Nachbarschaftsbefragung durchzuführen. Die kamen mit dem großen Bus der Bereitschaftspolizei und etlichen weiteren Einsatzfahrzeugen nach Langwasser; die Passanten staunten über die vielen Uniformierten.

Mit Flugblättern und Fragebögen ausgerüstet zogen die Ermittler los. Den Befragten schilderten sie den Vorfall von Anfang November. Manche Ladeninhaber der umliegenden Geschäfte und Anwohner hörten zum ersten Mal von dem Feuerlöscherwurf; andere konnten sich genau an diesen Tag erinnern.

Feuerlöscherwurf: Anwohner in Angst

300 Wohnungen, verteilt auf drei Hochhäuser am Tatort Wettersteinstraße, mussten die Ermittler abarbeiten. Auf jeder Etage waren mindestens zwei Polizei-Teams unterwegs: Sie hakten in jedem Stockwerk ab, ob die vorgeschriebene Anzahl an Feuerlöschern tatsächlich vorhanden ist, und klingelten an jeder Tür - auch bei Irma Gideon im 10. Stock. Sie könne sich zwar genau an den Tag erinnern, habe aber nichts Ungewöhnliches bemerkt, sagt sie.

Auch ein Computer flog aus einem Hochhaus

Die Tat hatte aber Folgen für sie: Die Rentnerin traut sich seitdem nicht mehr, auf dem Gehweg zwischen den Hochhäusern und der gegenüberliegenden Ladenpassage entlangzulaufen. "Ich habe Angst und gehe lieber Umwege", schilderte Irma Gideon ihre Sorge. "Hier ist schon alles geflogen, Bierflaschen, Müll und sogar ein Computer.“ Die Polizei bestätigt das - sie hat die genannten Vorfälle schon in ihren Akten.

Warum erst jetzt, Monate nach der Tat? Mit dieser Frage wurden die Polizisten bei der Befragung immer wieder konfrontiert. Doch vor einem solch großen Einsatz stehen zunächst viele andere Ermittlungsschritte, erklärt Polizeisprecher Michael Petzold. "Zuerst werden die unmittelbaren Zeugen befragt, etwa die Rollstuhlfahrerin, dann wird der Feuerlöscher kriminaltechnisch untersucht." Dies dauere. Erst als die Ergebnisse verglichen und bewertet werden konnten, stufte die Staatsanwaltschaft die Tat als versuchten Mord ein – und die Planung der Befragungsaktion konnte beginnen.

Zwei Dutzend Hinweise

Nach zweieinhalb Stunden war der Einsatz am Donnerstag beendet. An 300 Türen haben die Beamten geklopft – nur in gut der Hälfte der Wohnungen waren die Mieter zu Hause. Dennoch ist Polizeisprecher Petzold zufrieden. "Wir haben gute zwei Dutzend Hinweise erhalten." Er hofft, dass eine heiße Spur darunter ist, um den oder die Täter zu ermitteln.

Feuerlöscherwürfe auch drei Tage vorher

Vielleicht ergibt sich die Spur ja auch aus einem Vorfall drei Tage vor der Tat. Am 6. November 2023 morgens um acht Uhr warfen Unbekannte gleich drei Feuerlöscher aus dem 20. Stock eines Hochhauses ganz in der Nähe, nur einige hundert Meter von dem Ort entfernt, an dem beinahe die Rollstuhlfahrerin getroffen worden wäre. Die drei Feuerlöscher landeten auf einer Wiese vor dem Wohnhaus an der Ecke Münchener Straße/Otto-Bärnreuther-Straße. Verletzt wurde glücklicherweise niemand. Die Ermittler prüfen nun, ob die beiden Taten zusammenhängen. Und auch für diese erste Tat sucht die Nürnberger Mordkommission nach Zeugen, ungewöhnlichen Beobachtungen, Fotos oder Handyvideos.

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