Ludwigs-Maximilians-Universität in München
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Fall Michael Meyen sorgt weiter für Unruhe in der LMU

Die publizistischen Tätigkeiten des Münchner Professors Michael Meyen sind seit Jahren umstritten. Nun hat der Fall eine neue Eskalationsstufe erreicht, nachdem die Uni selbst den Verfassungsschutz gerufen hat. Wie geht es jetzt weiter?

Über dieses Thema berichtet: Campus Magazin am .

Wie umgehen mit den publizistischen Aktivitäten des Münchner Professors Michael Meyen? Das fragen sich derzeit erneut die Hochschulleitung der Ludwig-Maximilians-Universität München, das Kollegium des Professors sowie Studierende des Instituts für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung. Nach den jüngsten Entwicklungen meldete sich zu dem Fall auch das Wissenschaftsministerium zu Wort.

Aktivitäten des Professors schon länger umstritten

Der Professor war bereits in den letzten Jahren mehrfach in die Kritik geraten, unter anderem, weil sein privat betriebener und auf der offiziellen Seite der LMU verlinkter Blog nach Ansicht von Experten fragwürdigen Thesen ein Forum bietet.

Auch Kolleginnen und Kollegen des Instituts sowie Studierende hatten Michael Meyen in der Vergangenheit wiederholt vorgeworfen, wissenschaftlich unsauber zu arbeiten und Behauptungen ohne Belege aufzustellen (vgl. Bericht des BR im Sommer 2021).

Dienstliches Fehlverhalten? Universität München ruft nach Verfassungsschutz

Nachdem am 19. März 2023 das Engagement des Professors bei der sogenannten "Querdenker"-Wochenzeitung "Demokratischer Widerstand" bekanntgegeben wurde, hat sich die Hochschulleitung der Ludwig-Maximilians-Universität an das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz gewandt, um ein mögliches dienstliches Fehlverhalten prüfen zu lassen. Das hat die Universität bereits letzte Woche auf BR-Anfrage bestätigt.

Die im März 2020 gegründete Zeitung "Demokratischer Widerstand" mit Sitz in Berlin thematisierte in den letzten Jahren unter anderem stark die Corona-Maßnahmen und spricht von einer sogenannten "Corona-Lüge". Der Münchner Professor ist nun nicht nur neuer Mitherausgeber der Zeitung, sondern soll darin künftig auch wöchentlich eine Kolumne veröffentlichen. In einem Videopost der Zeitung auf YouTube, wo die Publikation selbst das Mitwirken des Professors bekanntgegeben hat, meldete sich auch Michael Meyen zu Wort. Auf die Frage, warum man heutzutage weiterhin Print machen solle, antwortet er, dass die gedruckte Zeitung "ein Schutz vor Überwachung und Kontrolle" sei.

"Bei der gedruckten Zeitung kann niemand sehen, wer was liest, wie lange ich etwas lese, ob ich die Texte weitergebe oder ob ich gar nichts mit der Zeitung mache, ob ich sie einfach wegwerfe. (...) Im Digitalen wird jeder Schritt, den wir tun, überwacht und schlimmer noch: Jeder dieser Schritte wird zurückgefüttert in die Maschine, die Inhalte produziert. Wir bekommen also auf dem digitalen Wege zum einen das, was uns die Macht ohnehin sagen will, weil sie sehr eng an den Verlagen dran ist. Und zum anderen das, was man über unser Verhalten weiß", so der Münchner Professor in dem YouTube-Video der Zeitung.

Wissenschaftsministerium: '"Kein Platz für extremistisches Gedankengut"

Laut Ludwig-Maximilians-Universität hat es in der Vergangenheit mehrere Gespräche der Hochschulleitung mit Michael Meyen zu dessen Aktivitäten gegeben. Die Universität stellt jedoch auch klar: "Was die sonstige rechtliche, insbesondere auch strafrechtliche Relevanz betrifft, liegt die Zuständigkeit nicht bei der LMU."

Auch Wissenschaftsminister Markus Blume (CSU) äußerte sich zu dem Fall. Auf BR-Anfrage teilte der Minister mit: "Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung. Selbstverständlich müssen verbeamtete Professorinnen und Professoren sich zur freiheitlich demokratischen Grundordnung bekennen und dafür eintreten. An bayerischen Hochschulen ist kein Platz für extremistisches Gedankengut."

Institut für Kommunikationswissenschaft: "Warten Prüfergebnis des Landesamtes für Verfassungsschutz ab"

Wie es an der Uni nun weitergehen wird, ist erst einmal unklar. "Das Institut beobachtet die Lage weiter", so Professor Thomas Hanitzsch, Leiter des Instituts für Kommunikationswissenschaft an der LMU München, am Montag auf BR-Anfrage. "Wir sind in Kontakt mit der Hochschulleitung, Dekanat und Studierendenvertretung und warten zunächst das Prüfergebnis des Bayerischen Landesamts für Verfassungsschutz ab. Darüber hinaus gehende Sanktionsmöglichkeiten haben wir als Institut derzeit nicht", so der Leiter des Instituts.

Konkret bedeutet das also, dass Michael Meyen erst einmal wie geplant im Sommersemester 2023 an der LMU lehren wird. Natürlich hat der BR Meyen selbst die Möglichkeit gegeben, sich zur umstrittenen Mitherausgeberschaft und der Prüfung durch den Verfassungsschutz zu äußern. Bislang blieb die Anfrage unbeantwortet.

Institut distanziert sich von publizistischer Tätigkeit des Professors

Das Institut für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung an der Uni München distanzierte sich bereits Anfang April ausdrücklich von den außeruniversitären Tätigkeiten des Professors. Dass ihr Kollege nun im Herausgeberteam der Wochenzeitung "Demokratischer Widerstand" ist, werde "mit Erstaunen und Sorge" zur Kenntnis genommen, heißt es in dem Statement.

Diese Sorge wurde wie folgt begründet: "Die Wochenzeitung steht der Querdenken-Bewegung und sogenannten Neuen Rechten nahe. Mitherausgeber und verschiedene Autorinnen und Autoren haben dort in der Vergangenheit möglicherweise extremistische und verschwörungsideologische Positionen artikuliert sowie nachweisbar Fehlinformationen verbreitet. Zudem unterstützt der Demokratische Widerstand in seiner aktuellen Ausgabe durch den Abdruck einer Anzeige die rechtsextremistische Zeitschrift Compact. Weder das Institut insgesamt noch die anderen dort tätigen Professorinnen und Professoren vertreten diese Positionen".

Fachschaft: "Berechtigte Zweifel an Meyens Treue zur Verfassung"

Auch die Studierenden am Institut für Kommunikationswissenschaft verfolgen die Äußerungen und außeruniversitären publizistischen Tätigkeiten ihres Professors derzeit "mit großer Aufmerksamkeit und Sorge", so Simon Prommersberger von der Fachschaft im Gespräch mit dem BR. "In der Vergangenheit riefen Prof. Dr. Michael Meyens Zusammenarbeit mit Akteuren aus radikalen politischen Strömungen sowie einzelne von ihm in diesem Kontext getätigte Aussagen in der Studierendenschaft bereits heftige Kritik hervor", erklärte der Student.

"Dr. Michael Meyens jüngstes Engagement bei der Wochenzeitung Demokratischer Widerstand – einer Publikation, die mitunter extremistische und verschwörungsideologische Positionen artikuliert und nachweisbar Fehlinformationen verbreitet – lässt aus unserer Sicht berechtigte Zweifel an Prof. Dr. Michael Meyens Treue zur Verfassung sowie zur Freiheitlich Demokratischen Grundordnung zu", so Prommersberger.

Aus diesem Grund hat es letzte Woche auch eine von der Fachschaft initiierte Umfrage unter Studierenden des Instituts gegeben, über 200 Studentinnen und Studenten haben sich laut der Fachschaft daran beteiligt. "Das publizistische Engagement von Prof. Dr. Michael Meyen hat für einen Großteil der Studierenden einen Einfluss darauf, ob sie von ihm angebotene Vorlesungen oder Seminare besuchen." Damit würden sich die privaten Aktivitäten von Prof. Dr. Michael Meyen merklich auf das Klima am Institut für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung auswirken.

"Eine Mehrheit der Studierenden findet, dass die politischen Äußerungen von Prof. Dr. Michael Meyen dem Lehrbetrieb am Institut schaden", fasst Simon Prommersberger die Umfrageergebnisse zusammen. Demnach halte auch der Großteil der Studierenden das Vorgehen der LMU, in dieser Angelegenheit den Verfassungsschutz einzuschalten, für richtig.

Landesamt für Verfassungsschutz prüft den Fall derzeit noch

Wie das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz auf BR-Anfrage mitteilte, werde der Fall Michael Meyen derzeit noch geprüft. Wie lange das Verfahren dauern wird, darüber könne die Behörde keine Angaben machen.

"Zunächst einmal ist es richtig, dass sich die LMU München mit einer Anfrage bezüglich Professor Michael Meyen an den bayerischen Verfassungsschutz gewandt hat. Wir prüfen das momentan und sollten hier weitergabefähige Erkenntnisse vorliegen, werden wir diese auch an die LMU zurückmelden. Das weitere Vorgehen, einschließlich etwaiger dienstrechtlicher Schritte, obliegt dann aber in jedem Fall der Beschäftigungsbehörde“, so Dr. Florian Volm vom Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz.

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