Zwei Angeklagte legten zu Prozessbeginn Geständnisse ab
Bildrechte: Stefan Puchner / DPA Bildfunk

Mit den Geständnissen zweier Angeklagter hat am Freitag ein weiterer Prozess im Allgäuer Tierschutzskandal am Landgericht Memmingen begonnen.

Per Mail sharen
Artikel mit Audio-InhaltenAudiobeitrag

Erschütternde Details im Prozess um Allgäuer Tierschutzskandal

In Memmingen hat der dritte Prozess rund um den Allgäuer Tierschutzskandal auf drei Unterallgäuer Milchviehbetrieben begonnen. Angeklagt sind zwei Männer und eine Frau. Zwei haben Geständnisse abgelegt, schockierende Details kommen ans Licht.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Schwaben am .

Am Landgericht Memmingen hat ein weiterer Prozess rund um den Allgäuer Tierschutzskandal begonnen. Es ist bereits das dritte Verfahren rund um die Vorkommnisse auf drei großen Milchviehbetrieben in Bad Grönenbach. Zwei Männer und eine Frau müssen sich wegen zahlreicher, gemeinschaftlich begangener Verstöße gegen das Tierschutzgesetz verantworten. Zwei von ihnen räumten am ersten Tag des Prozesses die Vorwürfe ein, der dritte schwieg. Bei der Verlesung der Anklageschrift kamen schockierende Details zutage.

Schockierende Details in der Anklageschrift

Die Staatsanwaltschaft wirft den Angeklagten vor, bei fast 60 Rindern die Behandlung durch einen Tierarzt unterlassen zu haben. Zu jedem betroffenen Tier listet die Anklage unter Nennung der Ohrmarken-Nummer die Ergebnisse von späteren Untersuchungen bei Kontrollen in dem Betrieb auf. Von „faustgroßen offenen Wunden“, „eiternden Abszessen“, „massiven Schwellungen“, „Schmerzgesichtern“ sowie abgemagerten Tieren ist die Rede. In „sachgemäßer, konsequenter Behandlung“ seien sie nicht gewesen. Etwa die Hälfte der Rinder wurde infolge der Kontrollen notgeschlachtet.

Schmerzen und Leid um Geld zu sparen

Durch die mangelnde Versorgung und auch durch unangemessenen Transport der oft lahmenden Tiere etwa mit einem Radlader sollen die drei Angeklagten den Tieren länger anhaltende, erhebliche Schmerzen und Leiden zugefügt haben. Dies sollen die Angeklagten erkannt, jedoch billigend in Kauf genommen haben, um Zeit und Geld für eine angemessene Behandlung zu sparen. Weiter ist von zahlreichen aktiven Misshandlungen der Rinder wie Stößen mit dem Knie oder mit Gegenständen die Rede; das zeigten Aufnahmen versteckter Kameras im Stall. Auch mit der Schaufel des Radladers seien die Tiere malträtiert worden, maßgeblich vom Milchbauern Martin E.

Weiteres Verfahren abgetrennt

Letzterer stand heute gar nicht vor Gericht: Ursprünglich hatte das Landgericht ein Verfahren gegen sechs Angeklagte angesetzt: die Landwirte und Hofeigentümer Franz und Martin E., sowie vier ihrer Mitarbeiter. Doch die Verhandlungen gegen die beiden Landwirte und einen weiteren Angeklagten wurden abgetrennt - ihre Verteidiger hatten gegen vier am Verfahren beteiligte Richter Befangenheitsanträge gestellt.

Zwei Angeklagte räumen Vorwürfe ein

Beim heutigen Verfahren räumten zwei der Angeklagten die Vorwürfe weitestgehend ein. Einer ließ über seinen Anwalt erklären, er würde das, was geschehen ist, gerne rückgängig machen. Teilweise berief er sich auf Weisungen seiner damaligen Vorgesetzten, die aufgrund der Kosten oft keinen Tierarzt haben rufen wollen, auch wenn er selbst es für notwendig gehalten habe.

Die Angeklagte ließ über ihre Anwältin erklären, dass ihr das Geschehene „unfassbar leid tut“. Sie habe aber auch nur Weisungen ihrer damaligen Vorgesetzten befolgt, die einen „selbstherrlichen und skrupellosen Führungsstil“ gepflegt hätten. Sie habe intern auf die Missstände hingewiesen, sei aber nicht gehört worden.

Dritter Angeklagter schweigt

Der dritte Angeklagte, dem – gemeinsam mit dem Milchbauern Martin E. – die schwersten Vorwürfe in der Anklageschrift zur Last gelegt werden, äußerte sich nicht zu den Vorwürfen. Das Gericht trennte im Anschluss auch das Verfahren gegen diesen Angeklagten ab, das nun ebenfalls gesondert verhandelt werden soll.

Weitere Prozesse stehen noch aus

Im ersten Prozess um den sogenannten Tierschutzskandal war vergangenes Jahr ein 25-jähriger Landwirt aus Bad Grönenbach zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt worden, sein Vater erhielt eine Bewährungsstrafe. In einem weiteren Prozess stellten die Anwälte ebenfalls Befangenheitsanträge gegen die zuständigen Richter. Dieser Prozess musste deshalb verschoben werden. Wann er beginnen wird, ist noch nicht klar.

Skandal wurde durch Tierschützer aufgedeckt

Der Allgäuer Tierschutzskandal war ins Rollen gekommen, nachdem Tierschützer der Organisation "Soko Tierschutz" die schockierenden Bilder von verwahrlosten Rindern und Misshandlungen der Tiere veröffentlicht hatten, die sie nach eigenen Angaben mit versteckten Kameras in einem Stall der im aktuellen Fall angeklagten Landwirte aufgenommen hatten.

Im Video: Prozess in Memmingen um Tierschutzskandal hat begonnen

In Memmingen hat der dritte Prozess um den Tierschutzskandal in Bad Grönenbach im Allgäu begonnen.
Bildrechte: Bayerischer Rundfunk 2023
Artikel mit Video-InhaltenVideobeitrag

In Memmingen hat der dritte Prozess um den Tierschutzskandal in Bad Grönenbach im Allgäu begonnen.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht's zur Anmeldung!