Hotel und Restaurant "Blyb" am Tegernsee war einst im Besitz Heinrich Himmlers
Bildrechte: Oliver Römhild

Ehemalige Himmler-Villa am Tegernsee

Per Mail sharen
Artikel mit Video-InhaltenVideobeitrag

Einst Himmler-Villa, jetzt Hotel

Bauten mit NS-Geschichte sind schwierige Denkmäler. Besonders, wenn sie wieder Lebensorte sein sollen. Drei Tegernseer Freunde haben die ehemalige Himmler-Villa in Gmund gepachtet und ein Hotelprojekt umgesetzt. Wie geht man mit der Historie um?

Über dieses Thema berichtet: Abendschau - Der Süden am .

Seit 130 Jahren steht die ehemalige Himmler-Villa am Tegernsee und hat viel erlebt. 1892 erbaut, hieß sie ursprünglich Villa Lindenfeycht, war von Kaufleuten und Künstlern bis in die 1920er-Jahre bewohnt. Blyb heißt sie jetzt seit ein paar Monaten. Nur das Y ist von ihrem ursprünglichen Namen geblieben. Das Haus und seine neuen Pächter wollen zum Bleiben einladen.

Himmlers Familiensitz

Soweit der unbelastete Teil der Geschichte. Es gibt aber auch ein finsteres Kapitel: Heinrich Himmler, Reichsführer der SS im NS-Regime, hatte die Villa 1934 erworben und bis Kriegsende als Familiensitz gehalten. Die neuen Besitzer sehen sich da in der Verantwortung und wollen diese Zeit in verschiedenen Projekten auch mit Historikern aufarbeiten.

Verantwortung für die Geschichte

Florian Zibert, einer der Mitgründer des Hotelprojekts, erklärt, dass das gesamte Team für den offenen Umgang mit der Geschichte des Hauses stehe. Gleich am Eingang bei der Rezeption hängt eine große Tafel mit der Geschichte der Villa. Erst Künstlerhaus, dann NS-Bonzen-Villa, 1945 nutzte die US-Armee das Haus als Hauptquartier in der Region. Später dann war es zunächst eine Schönheitsklinik und in den 1980er Jahren Sitz eines Beratungsunternehmens. Die Tafel schließt ab mit einem Satz zur Zukunft der Villa und welcher Geist hier ein Zuhause finden soll:

"Das Haus und seine Geschichte bringen eine große Verantwortung mit sich. Wir stellen unseren Ort als Plattform für Vereine und Stiftungen zur Verfügung, die für eine demokratische Kultur mit der Stärkung von Toleranz in unserer Gesellschaft eintreten, sich der Bekämpfung von Rassismus und Antisemitismus verschrieben haben und sich für den Schutz von Minderheiten engagieren."

Projekte mit Schülern und Historikern

Die Betreiber stellen sich Schülerprojekte vor und die Zusammenarbeit mit Historikern, um die Vergangenheit der Villa und des ganzen Tegernseer Tals in der NS-Zeit aufzuarbeiten. Noch sei man da in der Planungsphase. Aber schon im Winter seien erste Veranstaltungen angedacht.

Neue Normalität

Die neuen Pächter haben die Villa in den vergangenen Monaten von Grund auf renoviert und modernisiert. Trotzdem sieht und spürt man ihren ursprünglichen Charme. Fast 30 Zimmer gibt es in unterschiedlichen Preisklassen. Jeder soll sich das Blyb leisten können. Die Lage mit Blick auf den Tegernsee ist außergewöhnlich.

Vom Restaurant und der Bar führen ein paar Schritte hinaus auf eine Sonnenterasse mit Blick über den parkähnlichen Garten. Eine Tischtennisplatte, eine Boule-Bahn, ein Yoga-Haus mit großer Holzterrasse liegen verstreut im Außenbereich. Das ehemalige Gewächshaus bekommt gerade einen Pizzaofen und eine lange Holztafel mit 30 Sitzplätzen. Diese Normalität gibt dem neuen Konzept eine gewisse Unbeschwertheit. Die Himmler-Jahre sollen auch nicht über allem stehen.

Heinrich Himmler hatte die Villa zu seiner Zeit umbauen lassen. Auch ein Luftschutzbunker kam in den Garten. Der bleibt heute ungenutzt und kann auch nicht besichtigt werden. Die Betreiber sagen, dass sie noch keine sinnvolle Nutzung für den Bunker gefunden haben. Sie suchen noch nach einer Idee, so lange aber bleibe der Bunker zu.

Befristeter Pachtvertrag

Zwölfeinhalb Jahre läuft der Pachtvertrag zunächst, auch der Freistaat als Eigentümer des Grundstücks und der Villa will erst sehen, wie es sich entwickelt. Berührungsängste mit den Menschen in der Umgebung gibt es offenbar keine. Die Bar ist regelmäßig Treffpunkt junger Leute aus dem Tegernseer Tal, erzählen die Gesellschafter und schon am zweiten Wochenende seien sie ausgebucht gewesen.

Dass die Geschichte auch die falschen Gäste anziehen könnte? Diese Angst hat das Blyb-Team laut eigener Aussage nicht. Mit ihrer Haltung zur Geschichte des Hauses zeigten sie deutlich, dass hier NS-Kult keinen Platz und keinen Nährboden finde. Auffällige Gäste hätten sie bisher auch nicht beobachten können – und es seien immerhin schon 4.000 Besucher da gewesen.

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.