Digitalranger Lukas Nietsch sitzt vor seinem Rechner und überprüft digitale Routenvorschläge im Internet auf ihre Umweltverträglichkeit.
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Lukas Nietsch, Digitalranger im Biosphärenreservat Rhön

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Digitalranger jagt in der Rhön illegale Routenvorschläge

Lukas Nietsch ist Digitalranger im Biosphärenreservat Rhön. Dort prüft er virtuelle Routenvorschläge auf ihre Verträglichkeit mit den Naturschutz-Vorschriften. Denn die im Internet geteilten Freizeittipps werden zunehmend zur Herausforderung.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Mainfranken am .

Lukas Nietsch sitzt vor seinem Rechner in der Verwaltungsstelle des UNESCO Biosphärenreservats Rhön in Oberelsbach und klickt sich durch unzählige Routenvorschläge im Internet. Weil viele Menschen ihre Freizeiterlebnisse digital teilen und andere zum Nachwandern animieren, kommt es immer wieder vor, dass sich Wanderer und Mountainbike-Fahrer ihren Weg auch durch sensible Schutzgebiete bahnen. Seit einem halben Jahr prüft der Digitalranger im Auftrag der Regierung von Unterfranken die virtuellen Routenvorschläge auf ihre Verträglichkeit mit den Naturschutz-Vorschriften.

Besonderes Augenmerk auf Kernzonen und Schutzgebiete

Dabei kümmert er sich hauptsächlich um die Schutzgebiete und kontrolliert, ob die Wege dort richtig kartiert sind, also dass sie wirklich richtig verlaufen. "Da bin ich immer auch mal mit dem GPS draußen und laufe die nochmal ab und kann das dann korrigieren und auch, dass die Wegeigenschaften korrekt sind", erklärt Lukas Nietsch. Denn manche Wege sind offiziell nur für Fußgänger erlaubt. Auf Outdoorplattformen, wie etwa komoot oder Open Street Map, sind sie aber auch als mögliche Fahrradtour eingezeichnet, obwohl es verboten ist, dort zu fahren.

Wanderweg als illegaler Mountainbike-Trail

So ist es unter anderem beim Rhön-Rundwanderweg 3 im Schwarzen Moor: Auf der einen Seite grenzt dieser an die Kernzone Querenberg und auf der anderen an das Naturschutzgebiet Lange Rhön. Erst vor kurzem ist ein Abschnitt auf dem Weg fälschlicherweise als Mountainbike-Trail auf die Plattform komoot gestellt worden. Das Problem: Im Naturschutzgebiet und in den Kernzonen herrscht striktes Wegegebot. Und gerade auf besagtem Abschnitt ist der Weg sehr, sehr schmal und führt lediglich über Holzbohlen, die dort ausgelegt sind. Das sei insofern problematisch, weil es dort zwischen Fußgängern und Mountainbikern immer wieder Konflikte geben kann. Es sei für beide Nutzer einfach zu eng, sagt Nietsch.

Biologe Tobias Birkwald und Digitalranger Lukas Nietsch sind unterwegs im Schutzgebiet Schwarzes Moor im Biosphärenreservat Rhön.
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Biologe Tobias Birkwald und Digitalranger Lukas Nietsch sind unterwegs im Schutzgebiet Schwarzes Moor im Biosphärenreservat Rhön.

Verheerende Folgen für Flora und Fauna

Einer müsste also vom Weg ausweichen und das kann massive Folgen für die geschützte Flora und Fauna im Biosphärenresevat haben, ergänzt Biologe Tobias Birkwald vom Biosphärenreservat Rhön: "Gerade hier auf den Wiesen haben wir ganz charakteristischen Borstgrasrasen, was eine Wiesengemeinschaft ist, die über Jahrhunderte der menschlichen schonenden Nutzung entstanden ist. Die sind aber sehr anfällig gegen Vertritt." Dazu kommen noch einige Orchideenarten und andere schützenswerte Pflanzen. Auch bodenbrütende Vögel leben hier. Wenn diese zu sehr gestört werden, kann es sein, dass sie nicht mehr zu ihrer Brut zurückkehren. Für seltene Säugetiere wie die Wildkatze, die gerade zur Brut- und Aufzuchtzeit, aber vor allem jetzt im Winter einfach Ruhe brauchen, kann die ständige Störung durch den Menschen sogar tödlich enden, weil die Tiere nicht genug Nahrung finden.

Digitalranger stehen vor Mammutaufgabe

Bei einem so großen Gebiet wie dem Biosphärenreservat Rhön bedeutet das eine Mammutaufgabe für Lukas Nietsch, all die problematischen und teils illegalen Punkte zu finden und zu bearbeiten. Allein die Lange Rhön ist 3.300 Hektar groß. Manchmal berichten ihm Kollegen auch über verirrte Wanderer, bei denen einfach die Koordinaten auf der digitalen Wanderkarte nicht gestimmt haben. Diese sind oft lediglich veraltet. Hier kann der Digitalranger eingreifen. Datengrundlagen, wie in Open Street Map zum Beispiel, kann er jederzeit frei editieren. "Ich habe Kontakte zum Bayernatlas bzw. zu den Vermessungsverwaltungen, um die Kartengrundlage dort ändern zu lassen. Aber für diese Plattformen und für die illegalen Trails und so was, da bin ich eigentlich immer darauf angewiesen, dass die Plattformen und die Nutzer mitspielen", so Lukas Nietsch. Denn meist entdeckt er bei der Suche im Internet immer wieder Routen und auch Fotos abseits von Wegen, mitten im Schutzgebiet und sogar in Kernzonen, also dort wo sie gar nicht sein dürften.

Ausflugstipp mitten in der Kernzone

Ein Beispiel für problematische sogenannte Highlights, wie sie Nutzer etwa auf komoot posten können, ist die Kernzone Straußenwiese in der Langen Rhön, südlich des Truppenübungsplatzes Wildflecken. Dort geht ein Forstweg entlang, auf der linken Seite des Weges ragen riesige Buntsandsteinblöcke aus dem Boden. Seit längerem ist dem Digitalranger bekannt, dass dort die Leute auf den Steinblöcken herumklettern und spielen, weil diese geradezu einladend sind. Auf komoot entdeckte er dann vor kurzem ein Highlight, dass mitten in dieser Kernzone liegt: der Steinhaufen Wildemanns Häuschen. Löschen kann er diese Highlights aber nicht einfach, da sind ihm die Hände gebunden. Hier kann er nur kommentieren und die Plattform anschreiben mit der Bitte, den Post von der Plattform zu nehmen.

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Der Rhön Rundwanderweg 3 im Schwarzen Moor verläuft zwischen der Kernzone Querenberg und dem Naturschutzgebiet Lange Rhön.

Routenvorschläge hochladen ist nicht verboten

Dass private Nutzer Routenvorschläge und Fotos ins Internet stellen, ist an sich nicht illegal, kann im Gelände aber verheerende Auswirkungen haben. Und genau darüber möchte der Digital Ranger aufklären und die Menschen dafür sensibilisieren. Zwar wisse er nicht, wie viele Leute wirklich noch mit dem Mountainbike unterwegs waren, nachdem er alles praktisch richtiggestellt und kommentiert hat. Aber er bekomme auf den Plattformen immer wieder Rückmeldungen, dass seine Kommentare positiv angenommen werden. Eine Möglichkeit direkt nachzuvollziehen, wie die Leute das Verhalten im Gelände tatsächlich dann auch verändern, gäbe es jedoch nicht.

Instagram ist in der bayerischen Rhön kein Thema

Ein Problem, das die Kollegen in der hessischen Rhön haben, ist im bayerischen Teil zum Glück noch kein Thema: die Instagram-Hotspots. Vor allem an der Milseburg im Landkreis Fulda, die mitten in einem Vogelschutzgebiet liegt, lassen Leute immer wieder Drohnen steigen und stellen die Aufnahmen dann auf Instagram. Obwohl auch die bayerische Rhön sehr fotogen sei, werde sie noch nicht überrannt von Leuten auf der Suche nach instagramfähigen Fotomotiven, so Digitalranger Lukas Nietsch. Er hofft, dass das auch so bleibt.

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