Ein Drache in Dietfurt.
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Kaum "Yellow Facing" beim Chinesenfasching in Dietfurt

Der Dietfurter Chinesenfasching ist einer der größten Faschingsumzüge in der Oberpfalz. In den vergangenen Jahren gab es jedoch häufiger Rassismusvorwürfe wegen "Yellow Facings" – also gelb geschminkter Gesichter. Die Stadt hat darauf reagiert.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Niederbayern und Oberpfalz am .

Drachen statt gelber Gesichter sollten in diesem Jahr für den Chinesenfasching in Dietfurt an der Altmühl werben. Damit reagierte die Kleinstadt im Landkreis Neumarkt in der Oberpfalz nach eigenen Angaben auf Vorwürfe aus den vergangenen Jahren. Es hieß, die Veranstaltung sei unter anderem wegen des sogenannten "Yellow Facings" - also gelb geschminkter Gesichter - nicht mehr zeitgemäß.

  • Zum Artikel: Blackfacing bis Winnetou: Problemskizze kulturelle Aneignung

Stadt will "Schärfe aus der Diskussion nehmen"

Bereits zum Auftakt der Faschingssaison im November hatte Bürgermeister Bernd Mayr (Freie Wähler) Änderungen angekündigt. So wolle die Stadt die Schärfe aus der Diskussion nehmen, sagte Mayr auf Anfrage von BR24.

Statt eines chinesischen Konterfeis auf gelbem Grund sei in diesem Jahr ein chinesischer Drache auf Schildern und Plakaten zu sehen. Zudem würden wieder originale Lampions aus der chinesischen Partnerstadt Nanjing verwendet, so die Stadt.

Der Faschingsumzug selbst stand unter dem Motto "Das Drachenbeben mit unserem Kaiserpaar erleben". Bei den teilnehmenden Gruppen sollten keine gelben Gesichter mehr zu sehen sein. Und die Stadt Dietfurt hatte Fotos, auf denen "Yellow Facing" zu sehen war, von der Homepage des Faschingsumzugs entfernt.

Einzelne gelb geschminkte Gesichter

Zudem hatte die Stadt befreundete Faschingsvereine dahingehend sensibilisiert. Jedoch könne man nicht verhindern, dass sich Besucher eventuell gelb oder chinesisch anmutend schminken würden, hieß es vorab. Unter den etwa 18.000 Besuchern am diesjährigen Unsinnigen Donnerstag waren dann auch tatsächlich Menschen mit gelb geschminkten Gesichtern. Die Stadt habe darauf keinen Einfluss, sagte Bürgermeister Mayr am Donnerstag.

Wegen des Regenwetters waren etwas weniger Zuschauer beim Umzug mit rund 45 Gruppen dabei als noch im vergangenen Jahr. Die Stadt zeigte sich dennoch mit der Besucherzahl zufrieden.

Nicht jeder ist vom "Update" begeistert

Begeistert von der Neuerung war und ist nicht jeder, so Bürgermeister Bernd Mayr: "Vereinzelt hat es schon Kritik gegeben, dass wir auf die gelben Schilder mit chinesischem Konterfei verzichten. 'Jetzt knickt er ein' haben die gesagt, aber das waren wenige."

Manche Besucher verwiesen vor Ort auf die Tradition, die in Dietfurt seit Jahrzehnten herrsche. "Das war der Brauch und die Kultur hier. Das ist auch von jedem so aufgenommen worden. Und jetzt wird dagegen geredet, das finde ich auch nicht richtig", so ein Besucher. Eine andere Besucherin spricht von "einer Würdigung der chinesischen Kultur", für sie sei die Diskussion eine "riesen Sauerei".

Auch die BR24-Community sieht den Verzicht auf "Yellow Facing" teilweise kritisch. Ein User schreibt, dass es in der Vergangenheit Europäer gegeben hätte, die sich durch Verkleidungen über andere Kulturen lächerlich gemacht haben. Es gäbe aber "auch Menschen, insbesondere Kinder, die sich so verkleiden, weil sie diese Kulturen toll finden und dabei keinerlei rassistische Hintergedanken haben." Andere User sind der Meinung, dass es gewichtigere Probleme gäbe als Faschingsverkleidungen.

Virales Video befeuert Debatte

Im vergangenen Jahr hatte der Chinesenfasching deutschlandweit für Schlagzeilen gesorgt, nachdem ein Video aus dem Oktober 2022 viral gegangen war. In diesem hatte eine junge Frau das "Yellow Facing" kritisiert. Die Veranstaltung und ihre Teilnehmer würden gefährliche Stereotype verbreiten, hieß es dort.

Bürgermeister Bernd Mayr konterte unermüdlich: "Wir haben eine enge Freundschaft zum chinesischen Generalkonsul. Er war schon oft zu Besuch." Auch beim Faschingsumzug war wieder eine chinesische Delegation des Generalkonsulats eingeladen worden. Im Frühjahr 2024 wird außerdem eine rund 40-köpfige Delegation aus Dietfurt nach Nanjing reisen.

Dietfurts "Bayerisch-China"

Der Chinesenfasching in seiner jetzigen Form wird seit den 1950er-Jahren gefeiert. Er spielt auf eine alte Anekdote an, so ein Sprecher der Stadt. Der Bischof von Eichstätt schickte einst seinen Kämmerer nach Dietfurt, damit er dort die Steuern eintreibe. Die Dietfurter ließen ihn nicht durch die Stadttore und der Kämmerer berichtete dem Bischof verärgert, die Dietfurter verschanzten sich "wie die Chinesen hinter ihrer Mauer".

Im Jahr 1928 verkleideten sich dann die Musiker der Stadtkapelle Dietfurt im Fasching erstmals als Chinesen, 1954 folgte das "Kaisertum" in der heutigen Form. Der traditionelle Ruf der Dietfurter ist "Kille Wau".

Eine kostümierte Faschingsgruppe vor einer Tribüne in Dietfurt.
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Eine kostümierte Faschingsgruppe vor einer Tribüne in Dietfurt.

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